JudikaturJustiz15Os133/09m

15Os133/09m – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Hofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen T***** S***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 21. Juli 2009, GZ 25 Hv 105/09x-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im Umfang der Bekämpfung des Schuldspruchs A./ zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch C./ wie auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihrer den Schuldspruch C./ betreffenden weiteren Nichtigkeitsbeschwerde und ihrer Berufung wird die Angeklagte ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Der Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde T***** S***** zu A./ des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG, zu B./ des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG sowie zu C./ des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie - soweit hier von Bedeutung - in Wels und anderen

Orten

A./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen, indem sie von Mitte 2007 bis Anfang Juni 2009 zumindest 900 Gramm Heroin, 125 Stück Codidol-Tabletten und 10 Stück Subutex-Tabletten an J***** H*****, M***** B*****, D***** B*****, Z***** M***** sowie unbekannte weitere Abnehmer verkaufte;

...

C./ am 21. Juli 2009 vor dem Landesgericht Wels in der Hauptverhandlung gegen sich selbst dadurch einen anderen der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass sie den Haftrichter Mag. J***** P***** einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigte, wobei sie wusste, dass diese Verdächtigung falsch war, indem sie behauptete, dass die Protokollierung bei ihrer Beschuldigtenvernehmung am 20. Juni 2006 falsch bzw nicht vollständig war.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit b gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

Die Mängel- (Z 5), der Sache nach Rechtsrüge (Z 9 lit a), wie auch die Tatsachenrüge (Z 5a) sprechen mit dem - wenngleich richtigen - Aufzeigen des Fehlens jeglicher Feststellungen zum In-Verkehr-Setzen (auch) von Subutex-Tabletten keinen für die rechtliche Beurteilung entscheidenden Umstand an, wurde die Angeklagte doch im Umfang des Schuldspruchs zu A./ nur eines - tateinheitlich begangenen - Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt, welches aber bereits durch das konstatierte In-Verkehr-Setzen von 900 Gramm Heroin mit 15 % Reinheitsgehalt verwirklicht ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch, entgegen der Äußerung der Verteidigung dazu - im Umfang der Bekämpfung des Schuldspruchs A./ zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil zum Schuldspruch C./ wegen des Verbrechens der Verleumdung der von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet (§ 290 Abs 1 StPO). Zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 297 Abs 1 StGB ist es unter anderem erforderlich, dass der Täter die Gefährdung des Verleumdeten zumindest ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, also zumindest bedingt vorsätzlich wollen muss, dass aufgrund seiner wissentlichen Falschbezichtigung gegen den Bezichtigten Schritte, die als behördliche Verfolgung anzusehen sind, unternommen werden (Pilnacek in WK2 § 297 Rz 36). Feststellungen dazu sind dem angefochtenen Urteil jedoch nicht zu entnehmen, denn mit der Urteilsformulierung, die Angeklagte „nahm in Kauf", den Bezichtigten einer behördlichen Verfolgung auszusetzen, wird bloß die Willens-, nicht aber die Wissenskomponente des bedingten Vorsatzes dargetan (vgl RIS-Justiz RS0089032, RS0088934, RS0057499).

Der Schuldspruch zu C./ war daher aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Erstgericht zu verweisen.

Dieses wird im folgenden Rechtsgang nicht nur geeignete Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu treffen und diese unter Berücksichtigung der Verantwortung der Angeklagten zu begründen, sondern überdies zu prüfen haben, ob die inkriminierte Aussage der Angeklagten (S 5 in ON 23) im konkreten Fall tatsächlich objektiv geeignet war, eine behördliche Verfolgung des Bezichtigten in den Bereich naher Wahrscheinlichkeit zu rücken (Pilnacek in WK2 § 297 Rz 17), weil die Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall - ungeachtet ihres unter einem gestellten Antrags auf Übermittlung eines Protokolls zur strafrechtlichen Prüfung in Richtung § 302 StGB (S 11 in ON 23) - es durch ihre gleichzeitig erfolgte Anklageausdehnung in Richtung § 297 StGB erklärter Weise bereits ohne weitere Prüfung für naheliegend angesehen hat (§ 210 Abs 1 StPO), dass der gegen den Bezichtigten erhobene Vorwurf jedenfalls unzutreffend sei. Mit ihrer den Schuldspruch C./ betreffenden weiteren Tatsachenrüge (Z 5a) und ihrer Rechtsrüge (Z 9 lit b) wie auch mit ihrer Berufung wird die Angeklagte ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.