JudikaturJustiz15Os129/18m

15Os129/18m – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. November 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der FOI Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hikmatullah S***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 22. August 2018, GZ 604 Hv 2/18d 154, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hikmatullah S***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 18. September 2017 in Wien seine Schwester Bakhti S***** getötet, indem er mit einem Kampfmesser mit einer Klingenlänge von ca 20 cm zumindest 25 Mal gegen ihren Körper stach und schnitt.

Dagegen richtet sich die auf Z 1 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er eine nicht gehörige Besetzung der Geschworenenbank rügt. Sie verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Der Verteidiger hatte zu Beginn der Hauptverhandlung die „Unzuständigkeit“ des Gerichts gerügt (§ 28 iVm § 46 Abs 1 JGG), weil der Angeklagte am 1. Jänner 1999 geboren sei (somit die Tat vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen habe), und „den Abbruch der Verhandlung und die Zuweisung des Aktes an das zuständige Gericht für Jugendstrafsachen“ beantragt (ON 153 S 3).

Der Oberste Gerichtshof nimmt die Beurteilung, ob der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 1 StPO vorliegt, auf einer von ihm selbst in freier Beweiswürdigung geschaffenen Sachverhaltsgrundlage, bezogen auf die Zeit des erstinstanzlichen Verfahrens, vor ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 34 f, 97; vgl RIS Justiz RS0125767). Eines gesonderten Eingehens auf das nach Art einer Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) erstattete Vorbringen zur (angeblich) unvollständigen Berücksichtigung der eingeholten Sachverständigengutachten bedarf es schon aus diesem Grund nicht (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 100).

Das Erstgericht stützte die Annahme, der – eine MRT-Untersuchung ablehnende (ON 114 S 3) – Angeklagte sei im Tatzeitpunkt zumindest 21 Jahre und 3 Monate alt gewesen, auf das gemeinschaftliche Gutachten des gerichts-medizinischen Sachverständigen Univ. Prof. Dr. R***** und des anthropologischen Sachverständigen Ass. Prof. Mag. Dr. K***** (ON 114). Letztgenannter erläuterte im Rahmen der Hauptverhandlung, dass die Wahrscheinlichkeit des angeführten Mindestalters bei 95 % liege, ein noch höheres Alter aber wahrscheinlicher sei (ON 153 S 4, 7), wobei dem Verteidiger auch Gelegenheit gegeben wurde, Fragen an den Experten zu stellen (ON 153 S 4 ff). Den Schlüssen der Sachverständigen stehen im Übrigen auch die von der Beschwerde zitierten Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen, die dem Angeklagten ein unterdurchschnittliches intellektuelles Begabungsniveau bescheinigte (ON 115 S 31), nicht entgegen.

Zudem bezog das Erstgericht in seine Erwägungen ein (US 4), dass laut einem anderen Gutachten der eingangs genannten Sachverständigen (ON 59) auch das angebliche Alter des Tatopfers, der jüngeren Schwester des Angeklagten, von 14 Jahren und 7 Monaten aus gerichtsmedizinischer und anthropologischer Sicht nicht realistisch sei, sondern die durchgeführten Untersuchungen ein Mindestalter von 16 Jahren ergeben hätten (ON 59 S 19).

Gegen diese auf Basis der nachvollziehbaren und alle relevanten Beweisergebnisse berücksichtigenden Erwägungen des Geschworenengerichts geschaffene Sachverhaltsgrundlage hegt der Oberste Gerichtshof keine Bedenken (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 100).

Der geltend gemachte Besetzungsfehler liegt daher nicht vor, weshalb auch die Abweisung des Antrags (Z 5) auf Abbruch der Verhandlung und Zuweisung des Aktes an „das zuständige Gericht für Jugendstrafsachen“ (ON 153 S 3, 9) zu Recht erfolgte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.