JudikaturJustiz15Os107/16y

15Os107/16y – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. November 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Beran als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter E***** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 7. Mai 2013, GZ 5 U 44/12h 39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, sowie des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 7. Mai 2013, GZ 5 U 44/12h 39, verletzt

I. in seinem Punkt 1./ § 393 Abs 2 erster Satz iVm Abs 4 StPO und

II. in seinem Punkt 2./ § 390 Abs 1 zweiter Satz iVm § 381 Abs 1 StPO.

Text

Gründe:

In der Strafsache gegen Peter E***** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung , AZ 5 U 44/12h des Bezirksgerichts Steyr, stellte der Einzelrichter des Bezirksgerichts das aufgrund einer von Martin B***** erhobenen Privatanklage geführte Verfahren mit – am 30. April 2013 in Rechtskraft erwachsenem (ON 38) – Beschluss vom 27. März 2013 (ON 32) gemäß § 71 Abs 6 StPO ein und verpflichtete den Privatankläger gemäß § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens.

Der dem Angeklagten gemäß § 61 Abs 2 StPO beigegebene Verfahrenshilfeverteidiger (ON 23) beantragte in der Folge die Bestimmung seiner Kosten mit 670,80 Euro (ON 33).

Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem Beschluss vom 7. Mai 2013 (ON 39) bestimmte das Bezirksgericht Steyr die vom Privatankläger zu ersetzenden „Kosten der Vertretung des Privatangeklagten“ – nämlich für eine Intervention beim Bezirksgericht Steyr, für die Teilnahme an der Hauptverhandlung und für den Kostenbestimmungsantrag unter gleichzeitiger Abweisung des Mehrbegehrens – (aufgrund eines Rechenfehlers statt mit 544,44 Euro) mit 342,08 Euro (1./) sowie vom Angeklagten für sein Erscheinen vor Gericht geltend gemachte (Fahrt )Kosten (ON 32a S 2) mit 15,40 Euro (2./).

Über Antrag des Verfahrenshilfeverteidigers berichtigte das Bezirksgericht Steyr mit Beschluss vom 4. November 2015 (ON 44) den „Rechnungsendbetrag“ zu 1./ (als offenkundigen Rechenfehler) auf 544,44 Euro. Gegen diesen Beschluss richtet sich eine Beschwerde des Privatanklägers (ON 46), über welche noch nicht entschieden wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 7. Mai 2013 (ON 39) steht – wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt – mit dem Gesetz nicht in Einklang:

Gemäß § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO ist – soweit hier von Relevanz – der Privatankläger im Fall eines Einstellungsbeschlusses nach § 71 Abs 6 StPO zum Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten – worunter (nur) alle in § 381 Abs 1 StPO aufgelisteten Kosten des Strafverfahrens zu verstehen sind – zu verpflichten. Dem Angeklagten sind dabei die allenfalls angefallenen Gerichtsgebühren sowie die Kosten der Verteidigung zu ersetzen (§ 381 Abs 1 Z 7 und 8 iVm § 393 Abs 4 StPO; Lendl , WK StPO § 390 Rz 6 und 11).

1./ Die in § 393 Abs 4 StPO normierte Ersatzpflicht hinsichtlich der dem Angeklagten erwachsenen Kosten seiner Verteidigung umfasst nicht den Honoraranspruch eines diesem gemäß § 61 Abs 2 StPO beigegebenen Verfahrenshilfeverteidigers (vgl § 393 Abs 2 StPO; Lendl , WK-StPO § 393 Rz 8; Fabrizy , StPO 12 § 393 Rz 4), weshalb Punkt 1./ des genannten Beschlusses § 393 Abs 2 erster Satz iVm Abs 4 StPO verletzt.

2./ Da die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers gemäß § 390 Abs 1 zweiter Satz iVm § 381 Abs 1 StPO keinen Ersatz von dem Angeklagten erwachsenen Fahrtkosten vorsieht (vgl 9 Os 99/86 [EvBl 1987/73, 285]; Lendl , WK StPO § 393 Rz 28 und § 393a Rz 7; Fabrizy , StPO 12 § 390 Rz 3), verletzt Punkt 2./ des Beschlusses das Gesetz in den genannten Bestimmungen.

Diese dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichenden (§ 292 letzter Satz StPO) Gesetzesverletzungen waren festzustellen (vgl Ratz , WK StPO § 292 Rz 43/1 aE).