JudikaturJustiz14Os84/23v

14Os84/23v – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. September 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Maringer in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 25. Mai 2023, GZ 34 Hv 34/23g 41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * G* – soweit hier von Bedeutung – des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (1/) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2022 in M* (zu 1/) S* S* mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, indem er sie auf einem Wiesengrundstück in der Nähe ihres Wohnhauses gewaltsam zu Boden brachte und ihren Unterkörper durch Herunterreißen ihrer Leggings und Unterhose entkleidete, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil sich das Opfer durch das Versetzen von Fußtritten losreißen und in weiterer Folge zu dessen Wohnhaus flüchten konnte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 (lit a) und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung des Antrags auf zeugenschaftliche Vernehmung von * Sä* zum Beweis dafür, dass das Opfer „im Zeitraum 15. bis 22. 07. 2022 sehr wohl arbeitsfähig gewesen sei und in diesem Zeitraum zumindest am 16. 07. sowie vom 18. bis zum 22. 07. 2022 einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei“ (ON 40.3, 16), Verteidigungsrechte nicht geschmälert. Mit der Beweisführung sollte (erkennbar) die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen S* S* und R* S* in Frage gestellt werden. Die Beweisaufnahme wäre jedoch nur dann durchzuführen gewesen, wenn das Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte enthalten hätte, diese Zeugen hätten in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt (RIS Justiz RS0120109 [T3]), was hier nicht der Fall war.

[5] Die Angaben der Zeugin S* S* hat das Erstgericht ohnehin einer Würdigung unterzogen (US 9 f) und als glaubhaft seinen Feststellungen zugrunde gelegt. Zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen von der Mängelrüge unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ins Treffen geführten Details waren die Tatrichter mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS Justiz RS0106642).

[6] Im Übrigen war die Aussagepassage dieser Zeugin, nicht zu wissen, ob der Beschwerdeführer sie festgehalten habe, „nachdem er ihr die Hosen heruntergezogen hatte“, weder erheblich, noch stand sie den Feststellungen erörterungsbedürftig entgegen (vgl RIS Justiz RS0098646 [T3, T4 und T8]). Diesen zufolge packte sie der Beschwerdeführer „unter Einsatz nicht ganz unerheblicher physischer Kraft an den Schultern“, brachte sie solcherart gewaltsam zu Boden und riss ihr in weiterer Folge Leggings und Unterhose wiederum „unter Einsatz nicht ganz unerheblicher physischer Kraft“ herunter. Danach begann sich die Zeugin durch Fußtritte gegen den Beschwerdeführer zu wehren, konnte sich losreißen und zu ihrem Wohnhaus flüchten (US 6).

[7] Indem die weitere Mängelrüge bloß versucht, anhand eigener Beweiswerterwägungen zu den Aussagen dieser Zeugin und des Zeugen R* S* dem Beschwerdestandpunkt zum Durchbruch zu verhelfen, erschöpft sie sich in Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.

[8] Gleiches gilt für die Tatsachenrüge (Z 5a), die aus den vom Erstgericht angeführten Prämissen (den Depositionen dieser beiden Zeugen) andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen zieht (RIS Justiz RS0099674).

[9] Dass die Tatrichter die Feststellungen zur subjektiven Tatseite „aus dem objektiven Tatgeschehen“ ableiteten (US 11), begegnet angesichts der (oben wiedergegebenen) Schilderung des Tathergangs – entgegen der weiteren Rüge (nominell „Z 9“, der Sache nach Z 5 vierter Fall) – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS Justiz RS0116882).

[10] Weshalb „selbst ausgehend von den getroffenen Feststellungen“ nur der Tatbestand der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (§ 205a Abs 1 StGB) verwirklicht worden sei, legt die – solcherart nicht gesetzmäßige – Subsumtionsrüge (Z 10) nicht im Einzelnen dar (vgl RIS Justiz RS0099620).

[11] Indem diese zudem die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen (US 6) ein weiteres Mal in Frage stellt, verfehlt sie den in der Gesamtheit des Urteilssachverhalts gelegenen gesetzlichen Bezugspunkt (RIS Justiz RS0099810).

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[13] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[14] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.