JudikaturJustiz14Os53/13w

14Os53/13w – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juni 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert J***** wegen des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 10. Oktober 2012, GZ 6 U 279/12g 6, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur Mag. Bauer zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 10. Oktober 2012, GZ 6 U 279/12g 6, verletzt § 295 StGB und § 270 Abs 2 Z 5 StPO iVm § 447 StPO.

Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Herbert J***** wird von der Anklage, er habe „am 24. Juli 2012 gegen 11:45 Uhr in Bregenz auf der L***** auf Höhe Haus Nr 8 eine Schachtel über die Optik eines mobilen Radar-Messgeräts der Stadtpolizei Bregenz gehängt, wodurch im Zuge von Geschwindigkeitsüberschreitungen bei 20 verschiedenen PKWs zwar positive Messungen erfolgten, diese jedoch durch die fehlenden Lichtbilder nicht verwertbar waren, und sohin ein Beweismittel, das zur Verwendung in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren bestimmt war und über das er nicht verfügen durfte, unterdrückt, wobei er mit dem Vorsatz handelte zu verhindern, dass das Beweismittel im Verfahren gebraucht werde“,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit nicht (im Sinn des § 270 Abs 4 StPO) gekürzt ausgefertigtem Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 10. Oktober 2012, GZ 6 U 279/12g 6, wurde Herbert J***** wegen des nun vom Freispruch umfassten Sachverhalts „des Vergehens der Beweismittelunterdrückung“ (gemeint: Unterdrückung eines Beweismittels) nach § 295 StGB schuldig erkannt.

In den Entscheidungsgründen der Urteilsausfertigung wird zur Sache festgehalten (US 2): „Der Angeklagte war der ihm zur Last gelegten und im Schuldspruch ersichtlichen Straftat sowohl in objektiver wie auch subjektiver Hinsicht geständig, sodass in Übereinstimmung mit den sonstigen Beweisergebnissen anklagekonform ein Schuldspruch ergehen musste. In rechtlicher Hinsicht hat er hiedurch das im Spruch genannte Vergehen objektiv wie auch subjektiv verwirklicht.“

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil steht wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO, der gemäß § 447 StPO auch für das Verfahren vor dem Bezirksgericht gilt, hat das Gericht in den Entscheidungsgründen in gedrängter Darstellung, aber mit voller Bestimmtheit unter anderem anzugeben, welche Tatsachen es als erwiesen angenommen hat. Es hat Feststellungen zum objektiven Tathergang mit den für den Schuldspruch und den anzuwendenden Strafsatz entscheidungswesentlichen Tatsachen sowie die korrespondierenden Konstatierungen zur subjektiven Tatseite zu treffen (vgl Danek , WK-StPO § 270 Rz 30, 35).

Ein Schuldspruch wegen des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels erfordert in objektiver Hinsicht Feststellungen dazu, welches Beweismittel, über das er nicht oder nicht allein verfügen darf und das zur Verwendung in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren oder in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung bestimmt ist, der Täter vernichtet, beschädigt oder unterdrückt (vgl Plöchl/Seidl in WK² StGB § 295 Rz 2; Tipold SbgK § 295 Rz 12 ff; Bertel/Schwaighofer , BT III 10 §§ 295, 296 Rz 1 ff; Hinterhofer/Rosbaud , BT II 5 §§ 295, 296 Rz 2 ff; Kienapfel/Schmoller , StudB BT III 2 §§ 293-296, 457 f).

Nach dem dem angeklagten Sachverhalt entsprechenden (vgl ON 3) Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), das den Ausspruch des erkennenden Gerichts über entscheidende Tatsachen aber ohnedies bloß verdeutlichen, jedoch nicht ersetzen kann (RIS Justiz RS0114639), hat Herbert J***** nicht ein zur Tatzeit bereits vorhandenes Beweismittel (vgl zu den tauglichen Tatobjekten Plöchl/Seidl in WK² StGB § 295 Rz 2, § 293 Rz 9 bis 16) vernichtet, beschädigt oder unterdrückt, sondern bloß die zweckentsprechende Herstellung (vgl Plöchl/Seidl in WK² StGB § 293 Rz 21) von Lichtbildern verhindert, was gerichtliche Strafbarkeit (auch nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB; vgl Bertel in WK 2 StGB § 125 Rz 5 f, 11) nicht begründet.

Da sich dieser Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, die Feststellung der Gesetzesverletzung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen und mangels gerichtlicher (vgl §§ 98b, 99 Abs 2 lit e StVO) Strafbarkeit des angeklagten Sachverhalts sogleich mit Freispruch vorzugehen.

Bleibt im Übrigen anzumerken, dass ein Schuldspruch wegen Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB in subjektiver Hinsicht Feststellungen dazu erfordert, dass sich der zumindest bedingte Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) des Täters nicht nur auf die Gebrauchsverhinderung sondern auch auf die Eigenschaft des Beweismittels erstreckt hat, dass es zur Verwendung in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren oder in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung bestimmt war und er darüber nicht allein verfügen durfte (vgl Plöchl/Seidl in WK² StGB § 295 Rz 18).