JudikaturJustiz13Os9/96

13Os9/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. April 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. April 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Mag. Strieder, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eckert-Szinegh als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Herbert E***** wegen des teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuches verwirklichten Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster Fall SGG iVm § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 8. November 1995, GZ 8 Vr 866/95-16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Herbert E***** wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe in den Urteilsfakten I 1 und 2 gewerbsmäßig gehandelt, sowie in der rechtlichen Beurteilung dieser Taten auch als Verbrechen nach § 12 Abs 2 SGG und im Schuldspruch II wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG, demgemäß auch in den Strafaussprüchen, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herbert E***** des teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuches verwirklichten Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster Fall SGG in Verbindung mit § 15 StGB (I 1 und 2) sowie des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (II) schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu I) mit dem abgesondert verfolgten Karl-Heinz W***** als Mittäter gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge, und zwar

1. Ende September 1994 ca 450 Gramm Haschisch von Zürich nach Österreich eingeführt und davon dem Karl-Heinz W***** ca 390 Gramm und dem Josef E***** ca 60 Gramm überlassen, somit in Verkehr gesetzt und

2. am 29. November 1994 ca 815 Gramm Haschisch von Amsterdam nach Österreich eingeführt, wobei die Tat hinsichtlich 2,7 Gramm beim Versuch geblieben ist, und von der eingeführten Menge dem Karl-Heinz W***** ca 222 Gramm und dem Josef E***** ca 380 Gramm überlassen, sohin in Verkehr gesetzt, sowie

(zu II) durch die unter I 1 und 2 angeführte Einfuhr von Haschisch nach Österreich eingangsabgabepflichtige Waren unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen, wobei es ihm darauf ankam, sich durch wiederkehrende Begehung ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten, undifferenziert ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde.

Soweit sich die Beschwerde gegen die vom Erstgericht angenommene "gute Qualität" des Haschisch und damit ersichtlich gegen die Feststellung des Einführens und Inverkehrsetzens einer großen Suchtgiftmenge wendet, vermag sie den reklamierten Begründungsmangel (Z 5) nicht darzutun. Die Tatrichter stützten diese Annahme auf die Aussage W*****s, der, mit dem Umgang mit Suchtgift bestens vertraut, das Haschisch noch im Ausland getestet und für gut befunden hat (US 6 iVm S 31, 113, 114). Gegenteiliges ist auch der Verantwortung des Angeklagten nicht zu entnehmen, weshalb sich das Schöffengericht damit nicht auseinandersetzen mußte. Als Subsumtionsrüge (Z 10) aber verfehlt die Beschwerde, die "im Zweifel" die Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 16 SGG anstrebt, ihre prozeßordnungsgemäße Darstellung, weil sie die von den Tatrichtern konstatierte große Suchtgiftmenge negiert.

Unberechtigt ist ferner der Beschwerdeeinwand (Z 5, der Sache nach auch Z 9 lit a), mit dem der Angeklagte unter Behauptung des Mitgewahrsams (mit Karl-Heinz W*****) am tataktuellen Suchtgift die Auffassung vertritt, daß aus diesem Grunde die ihm (neben der Einfuhr) angelastete Begehungsform des Inverkehrsetzens (offenbar durch Weitergabe an W*****) ausgeschlossen sei.

Dabei wird übersehen, daß nach den insoweit nicht bestrittenen Feststellungen sowohl in Zürich als auch in Amsterdam der Angeklagte es war, der das Haschisch kaufte, und darnach, und damit schon vor der von ihm reklamierten Begründung des gemeinsamen Gewahrsams, W***** (und Josef E*****) den größten Teil des Suchtgiftes überließ (US 4). Der Hinweis auf seine Verantwortung, daß "das Zeug immer daheim gelegen" sei, woraus er einen "quasi gemeinsamen" Gewahrsam mit W***** abzuleiten sucht, betrifft daher keine für die Lösung der Schuldfrage entscheidende Tatsache, weshalb die Beschwerde auch unter dem Aspekt der geltend gemachten Rechtsrüge - insoweit einen Feststellungsmangel reklamierend - nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt ist.

Soweit der Beschwerdeführer hingegen die Annahme der Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung (der Suchtgiftdelikte und des Finanzvergehens) als unvollständig begründet bekämpft (Z 5), ist er im Recht.

Gewerbsmäßig begeht eine Straftat, wer in der Absicht handelt, sich durch wiederkehrende Begehung ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (§ 70 StGB). Der Täter muß darauf abzielen (§ 5 Abs 2 StGB), durch die Wiederholung von Straftaten desselben Deliktstyps ein fortlaufendes, das heißt entweder überhaupt ständiges oder aber doch für längere Zeit wirkendes, wenn auch nicht unbedingt regelmäßiges Einkommen zu erlangen (Leukauf-Steininger Komm3, § 70 RN 3 mwN). Ohne die bereits bei Tatbegehung bestehende Absicht, auch weiterhin zu delinquieren, kann es keine Gewerbsmäßigkeit geben. Es genügt daher nicht, daß bloß eine für einen bestimmten Anlaß wirksame Einnahme erschlossen werden soll (SSt 52/13).

Die Feststellungen des Erstgerichtes zur Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung beschränken sich zunächst im wesentlichen auf den substanzlosen Gebrauch der verba legalia, daß nämlich der Angeklagte in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von derartigen Schmuggelfahrten und durch das Inverkehrsetzen von großen Mengen Suchtgift eine zusätzliche fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Diese Annahme stützt sich insbesondere darauf, daß der Beschwerdeführer die Verstrickung Karl-Heinz W*****s in der Rieder Suchtgiftszene kannte und offensichtlich bemüht war, aus diesen Kontakten "kräftig Kapital zu schlagen". Dabei ließ das Schöffengericht in seiner Beweiswürdigung die Verantwortung des Angeklagten, er habe die erste Schmuggelfahrt lediglich in Erwartung der Befriedigung seiner gegenüber W***** bestandenen Geldforderungen durchgeführt und sich zur zweiten Schmuggelfahrt nur deshalb entschlossen, weil er aus der ersten einen Verlust erlitten habe, jedoch unberücksichtigt. Dessen ungeachtet traf es die mit der Konstatierung gewerbsmäßigen Handelns im Sinne des § 70 StGB nicht vereinbare Feststellung, daß der Angeklagte nur deshalb eine abermalige Schmuggelfahrt mit W***** beschlossen hatte, weil dieser den aus dem ersten Suchtgiftgeschäft erwarteten Gewinn nicht abgeliefert hat (US 4), impliziert dies doch, daß es dem Beschwerdeführer nur um die Erzielung eines einmaligen, seine Forderung gegen W***** abdeckenden Gewinns, nicht aber um fortlaufende Einnahmen gegangen ist.

Der Ausspruch über das Qualifikationsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit ist daher nicht nur unvollständig begründet, sondern auch mit einem inneren Widerspruch behaftet, weil zu dieser Frage zwei einander ausschließende Tatsachenfeststellungen getroffen wurden.

Der damit verwirklichte Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO, der sowohl den Schuldspruch nach dem Suchtgiftgesetz wie auch jenen wegen des Finanzvergehens betrifft, erzwingt in ersterem Fall (I) die Aufhebung des Qualifikationsausspruches, im letztgenannten (II) aber dessen vollständige Kassierung. Angesichts eines 500.000 S jedenfalls nicht übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrages (US 8) unterliegt nämlich die Beurteilung des Finanzvergehens des Schmuggels der gerichtlichen Zuständigkeit nur bei Vorliegen erschwerender Umstände (§ 53 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG), etwa der Gewerbsmäßigkeit (§ 38 Abs 1 lit a FinStrG). Die Gerichtskompetenz für das Finanzvergehen des einfachen Schmuggels hingegen käme zwar ungeachtet dessen bei idealkonkurrierendem Zusammentreffen mit einem Verbrechen nach § 12 Abs 2 bis 4 SGG, nicht aber dann in Betracht, wenn, wie hier durch den möglichen Wegfall der für § 12 Abs 2 erster Fall SGG tatbestandsessentiellen Gewerbsmäßigkeit, das Suchtgiftdelikt nur mehr nach § 12 Abs 1 SGG strafbar wäre (§ 24 a SGG).

Der Beschwerde war daher im aufgezeigten Umfang schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285 e StPO) - womit die Berufung gegenstandslos wurde - im übrigen war sie aber teils als unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, zurückzuweisen (§ 285 d StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.