JudikaturJustiz13Os87/22a

13Os87/22a – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Oktober 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Oktober 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Turner im Verfahren zur Unterbringung des * A* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Juni 2022, GZ 62 Hv 47/22t 48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des * A* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

[2] Danach hat er am 25. Februar 2022 in W* unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, beruht, * M* durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe von 50 Euro, zu nötigen versucht, indem er gegenüber dem Genannten mehrmals äußerte, ihn sonst mit einem Messer umzubringen, und durch diese Tat das Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB begangen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5a, 9 lit a und 10 (iVm § 433 Abs 1) StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.

[4] Das Schöffengericht hat sich mit Divergenzen zwischen den einzelnen Angaben des Zeugen M* und des Betroffenen zum Inhalt dessen inkriminierter Äußerungen ausdrücklich auseinandergesetzt und in eingehender Beweiswürdigung dargelegt, aufgrund welcher Überlegungen es trotz dieser Divergenzen zu seinen – die rechtliche Annahme der Qualifikation nach § 106 Abs 1 Z 1 StGB tragenden – Feststellungen gelangte (US 6 f).

[5] Dass dabei das gesetzlich eingeräumte Beweiswürdigungsermessen (§ 258 Abs 2 zweiter Satz StPO) im Sinn des insoweit herangezogenen Nichtigkeitsgrundes fehlerhaft gebraucht worden sei (hiezu ausführlich mwN Ratz , WK StPO § 281 Rz 470), wird mit dem Hinweis der Tatsachenrüge (Z 5a) auf bloß jene Aussagepassagen, die gegen die bekämpften Feststellungen sprechen, nicht behauptet.

[6] Den Einwand, der Tatbestand des § 106 Abs 1 Z 1 StGB sei nicht erfüllt, entwickelt das auf Z 9 lit a und 10 gestützte Vorbringen nicht auf der Basis dieser Feststellungen (US 4 f), sondern – teils unter expliziter Verweisung auf jenes der Tatsachenrüge (siehe aber RIS-Justiz RS0115902) – aus davon abweichenden Sachverhaltsprämissen. Damit verfehlt es den – im Urteilssachverhalt gelegenen – Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).

[7] Entgegen der Rechtsmittelauffassung wäre Konsequenz dieses Vorbringens im Übrigen keineswegs, dass das Erstgericht den Beschwerdeführer „lediglich nach § 105 StGB“ hätte „verurteilen dürfen“, sondern die Abweisung des Unterbringungsantrags (der Sache nach somit allein Z 9 lit a [RIS Justiz RS0132762]). Denn bei Wegfall der Qualifikation nach § 106 Abs 1 Z 1 StGB würde seine Tat keine mit Strafe bedrohte Handlung darstellen, die als Anlasstat im Sinn des § 21 Abs 1 StGB in Betracht käme.

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[9] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).