JudikaturJustiz13Os75/96

13Os75/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. September 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. September 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Klotzberg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dithmar E***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 7. Februar 1996, GZ 14 Vr 467/95-11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dithmar E***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt und zu einer zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

Darnach hat er am 4. April 1995 in Eisenerz Sandra P***** dadurch, daß er ihre Hände festhielt, ihr den Slip herunterriß, mit einem "Fuß" ihre Beine auseinanderdrückte, sich auf sie legte und mit ihr den Geschlechtsverkehr vollzog, mithin mit Gewalt zur Vornahme und Duldung des Beischlafs genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der auch den Strafsausspruch mit Berufung bekämpft.

Die im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) behaupteten Widersprüche und Aktenwidrigkeiten haften dem Urteil nicht an.

Mit sich in Widerspruch ist das Urteil, wenn das Gericht für den Schuldspruch relevante Tatsachen als nebeneinander bestehend feststellt, die nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können. Aktenwidrig sind Entscheidungen, wenn sie den eine bestimmte Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben.

Keiner dieser formellen Mängel liegt hier vor. Daß das Schöffengericht das Verneinen von (anläßlich der Einvernahme durch die Gendamerie und im Strafverfahren angegebenen) Druckstellen durch die Zeugin gegenüber dem untersuchenden Distriktsarzt Dr.F***** auf einen durch das Tatgeschehen erlittenen Schock zurückführte (US 27), an anderer Stelle aber einen Schock ausschloß (US 14), stellt, der Beschwerde zuwider, den relevierten Widerspruch nicht dar. Während nämlich in US 14 lediglich die Aussage des Arztes Dr.F***** zitiert wurde, daß eine "vitale Gefahr wie ein Schock", der eine weitere Behandlung erfordert hätte, nicht vorlag (S 173), dieser also unmißverständlich von einem Schock im medizinischen Sinn als lebensbedrohendes akutes Kreislaufversagen sprach, ist in US 27 ebenso eindeutig die im allgemeinen Sprachgebrauch als Schock bezeichnete psychische Beeinträchtigung durch das zuvor Erlebte zu verstehen. Letzteren Schluß konnten die Tatrichter aus den gesamten Begleitumständen ziehen, ohne sich in Widerspruch zu den Angaben Dris.F***** zu setzen, der zu dieser Frage nicht Stellung genommen hat.

Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich damit in einer im Rahmen dieses Nichtigkeitsgrundes unzulässigen Bekämpfung der Glaubwürdigkeit des Tatopfers.

Soweit der Beschwerdeführer im weiteren Feststellungen über den Beginn der Tathandlung und insbesondere über die Gegenwehr des Opfers vermißt und die Auffassung vertritt, "daß das Halten der Hände und das von ihr behauptete Ausziehen" noch keinesfalls als Gewalt iSd § 201 Abs 2 StGB zu qualifizieren" sei - womit der Sache nach der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend gemacht wird - setzt er sich über wesentliche Konstatierungen zum Tatablauf hinweg. Danach nämlich wurde der Widerstand des Mädchens gegen den Vollzug des Geschlechtsverkehrs und dessen Überwindung durch den Angeklagten durch Einsatz seiner überlegenen Körperkraft in allen Einzelheiten, die weit über das erwähnte "Halten" und "Ausziehen" hinausgehen, festgestellt. Insoweit wird die Beschwerde daher nicht zur gesetzesgemäßen Darstellung gebracht.

Aber auch die Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a) gehen ins Leere. Zwar wird das Wesen dieses Nichtigkeitsgrundes durch Judikatur- und Literaturzitate im allgemeinen zutreffend definiert, sich aus den Akten ergebende Umstände, aus denen die behauptete "intersubjektive Unvertretbarkeit" der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes abgeleitet wird, werden indes nicht aufgezeigt. Der Versuch, das minderjährige Tatopfer in sachlich nicht gerechtfertigter Weise zu diffamieren, reicht dafür nicht hin.

Der Einwand der Scheinbegründung, die der Beschwerdeführer darin erblickt, daß ihm das Erstgericht aufgrund eines negativen Eindrucks in der Hauptverhandlung die Glaubwürdigkeit versagt habe, geht mehrfach fehl. Abgesehen davon, daß nach den Urteilsgründen der negative persönliche Eindruck, den der Angeklagte auf das Gericht hinterließ, nur zur Begründung des Strafausspruches herangezogen wurde (US 30), kann gerade wegen der Bezugnahme auf ein konkretes Beweisergebnis, nämlich die Vernehmung des Angeklagten, von einer unzureichenden (Schein )Begründung, die im übrigen nicht den Nichtigkeitsgrund nach Z 5a, sondern jenen nach Z 5 des § 281 Abs 1 StPO herstellen würde, keine Rede sein (s. auch Mayerhofer/Rieder StPO3 ENr 134 zu § 270 Z 5). Darüberhinaus läßt die Beschwerde die ausführliche Würdigung sämtlicher Verfahrensergebnisse durch das Schöffengericht zur Gänze unberücksichtigt.

Die teils unbegründete, teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.