JudikaturJustiz13Os60/79

13Os60/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. April 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. April 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. S'anta als Schriftführers in der Strafsache gegen Perica A wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 1, 224 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengerichtes vom 23. Jänner 1979, GZ 5 Vr 1268/78-16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Perica A wegen §§ 223 Abs 1, 224; 231 Abs 2; 15, 127 Abs 1 StGB verletzt das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 23. Jänner 1979, GZ 5 Vr 1268/78-16, insoweit als Perica A damit auch des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach dem § 231 Abs 2 StGB schuldig erkannt wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 231 Abs 2 StGB

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch wegen des Vergehens nach dem § 231 Abs 2 StGB (Punkt I./b des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird im Umfange der Aufhebung gemäß dem § 292 StPO in der Sache selbst erkannt:

Perica A wird von der gegen ihn erhobenen (weiteren) Anklage, er habe im Jahr 1978 in Wien einen amtlichen Ausweis, nämlich einen Schülerausweis der Allgemeinen §ffentlichen Sonderschule Wien 18, einem anderen mit dem Vorsatz überlassen, daß er von diesem im Rechtsverkehr gebraucht werde, als sei er für ihn ausgestellt, und er habe hiedurch das Vergehen des Gebrauchs fremder Ausweise nach dem § 231 Abs 2 StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Urteils weiterhin zur Last fallenden Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 1, 224 StGB und des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs 1 StGB wird Perica A gemäß dem § 224 StGB unter Anwendung der §§ 11 JGG und 28 und 37 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 60

(sechzig) Tagessätzen, der Tagessatz zu je 40,-

(vierzig) S, im Falle der Uneinbringlichkeit zu 30

(dreißig) Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Text

Gründe:

Der am 9. Dezember 1962 geborene kaufmännische Lehrling Perica A wurde mit dem Urteil eines Schöffensenates des Jugendgerichtshofes Wien vom 23. Jänner 1979, GZ 5 Vr 1268/78-16, der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 1, 224 StGB, des Gebrauchs fremder Ausweise nach dem § 231 Abs 2 StGB und des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127

Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt.

Inhaltlich des Urteilsspruchs hatte der Angeklagte in Wien I./a) im Jahre 1978 eine inländische öffentliche Urkunde, nämlich den Schülerausweis der Allgemeinen §ffentlichen Sonderschule Wien 18, durch Veränderung des Geburtsdatums und der Adresse mit dem Vorsatz verfälscht, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich des geringeren Alters gebraucht werde.

b) diesen amtlichen Ausweis einem anderen mit dem Vorsatz überlassen, daß er von diesem im Rechtsverkehr gebraucht werde, als sei er für ihn ausgestellt.

II./ am 16. Juni 1978 versucht, fremde, bewegliche Sachen, nämlich wertvollen Inhalt von Hausbriefkästen des Hauses Wien 9, Galileigasse 6, durch das §ffnen mit einem zufällig passenden Schlüssel mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Nach den die Punkte I./a) und b) des Schuldspruchs betreffenden wesentlichen Urteilsfeststellungen veränderte der Angeklagte im Laufe des Jahres 1978

auf Betreiben eines Freundes, den er aus einem Park, wenn auch nicht namentlich, kannte, in seinem Schülerausweis eigenhändig das Geburtsdatum von 1962 auf 1963.

Weiters machte er bei der Wohnadresse aus Fuchsthallergasse 'Füchsthattergasse'. Die so verfälschte öffentliche Urkunde übergab er dann dem erwähnten Freund, der den Ausweis einmal an der Kasse eines Bades vorwies, um eine Ermäßigung zu erhalten. In rechtlicher Beziehung vertrat das erkennende Gericht die Auffassung, daß der Angeklagte bei dieser Sachlage neben dem Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 1, 224 StGB auch jenes des Gebrauchs fremder Ausweise nach dem § 231 Abs 2 StGB zu verantworten habe.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 23. 1. 1979, GZ 5 Vr 1268/78-16, steht - soweit Perica A damit auch des Vergehens nach dem § 231 Abs 2 StGB schuldig erkannt wurde - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Das Vergehen nach dem § 223 Abs 1 (224) StGB setzt den Vorsatz des Täters voraus, daß die verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde.

Daß der Gebrauch - wie im vorliegenden Fall - durch eine vom Täter verschiedene Person geschehen soll, spielt hiebei keine Rolle. Handelt es sich daher bei der verfälschten öffentlichen Urkunde um einen amtlichen Ausweis, dann ist dessen mit dem Vorsatz, daß er von einem Nichtberechtigten im Rechtsverkehr gebraucht werde verbundenes Überlassen an einen anderen neben der Urkundenfälschung nicht gesondert strafbar. Denn der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhaltes ist bereits durch die Bestimmung des § 223 Abs 1 (224) StGB allein erfaßt, mag durch das konkrete Tatgeschehen formal auch noch ein weiterer Deliktstypus (§ 231 Abs 2 StGB) verwirklicht sein (vgl Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, 459).

Mithin hat sich die Verurteilung des Perica A (auch) wegen des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach dem § 231 Abs 2 StGB zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt.

Da der in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes bloß aus formalen Gründen erfolgende Teilfreispruch weder den Unrechtsgehalt des strafbaren Gesamtverhaltens an sich noch das Verschulden des Angeklagten berührt, konnte in Übernahme der im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe die Strafe nach dem § 224 StGB unter Anwendung der §§ 11 JGG und 28 und 37 StGB in Übereinstimmung mit der schon in erster Instanz verhängten Strafe festgesetzt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.