JudikaturJustiz13Os6/02

13Os6/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Jänner 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lehr als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Patrick D***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Satz (zweiter Fall) und Abs 4 Z 3 SMG als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, AZ 28 a Vr 7594/01 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. Dezember 2001, AZ 22 Bs 391/01, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2001, AZ 22 Bs 391/01, gab das Oberlandesgericht Wien einer Beschwerde des Patrick D***** gegen die vom Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien beschlossene Fortsetzung der am 15. Oktober 2001 verhängten Untersuchungshaft nicht Folge und setzte diese aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a und b StPO fort.

Danach richtet sich gegen den Beschuldigten der dringende Verdacht, "im Rahmen einer internationalen Bande seit zumindest Juli 2001 an der Einfuhr von Heroin und Kokain im Kilobereich nach Österreich beteiligt gewesen zu sein" und hiedurch das Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Satz (zweiter Fall) und wohl auch (s § 179 Abs 4 Z 2 iVm § 182 Abs 4 zweiter Satz StPO) Abs 4 Z 3 SMG begangen zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Die Grundrechtsbeschwerde beschränkt sich darauf, die Annahme dringenden Tatverdachtes durch das Oberlandesgericht mit dem Argument in Abrede zu stellen, dieser könne aus den Aktenteilen, welche der Einsicht durch den Verteidiger nicht entzogen seien, (allein) nicht abgeleitet werden. Statt sich an den von der Rechtsprechung aus § 10 GRBG abgeleiteten Anfechtungskriterien der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO auszurichten (EvBl 1999/192 = JBl 2000, 259 uva; zuletzt nachdrücklich Felzmann, JRP 2000, 2001, 1 [4 f]), belässt sie es solcherart dabei, den Verdachtsannahmen des angefochtenen Beschlusses eigene Erwägungen gegenüberzustellen und ausdrücklich zu betonen, dass angesichts der von der Akteneinsicht ausgenommenen (nicht zur Begründung des angefochtenen Beschlusses herangezogenen) Aktenteile "zu den Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss nicht Stellung" genommen werde. Sie ist damit einer inhaltlichen Erledigung nicht zugänglich. Somit kann auf sich beruhen, dass das Oberlandesgericht zwar eine Verbindung des Beschwerdeführers mit Emenike A***** nicht jedoch dessen Verstrickung in den Drogenschmuggel begründet hat (Z 5 vierter Fall; vgl EvBl 2000/112), und weiters, dass sich aus dem globalen Verweis auf die Vielzahl der in ON 33 und 89 gebündelten Abhörprotokolle nicht erkennen lässt, welche konkreten Gespräche zur Begründung des auf Seite 2 der angefochtenen Entscheidung angeführten Gesprächsinhaltes herangezogen wurden (Z 5 erster Fall; § 182 Abs 4 zweiter Satz [179 Abs 4 Z 4] StPO: "aus welchen bestimmten Tatsachen").

Übrigens genügt es für die - nach § 113 StPO anfechtbare - Verfügung einzelne Aktenstücke von der Einsicht- und Abschriftnahme durch Verteidiger oder Beschuldigten auszunehmen, nicht pauschale Behauptungen aufzustellen (grundlegend: Harbich, Der Beschluss im Strafprozess und seine Begründung, RZ 1977, 142). Das verlangt bereits das dem Beschuldigten (§ 38 Abs 3 StPO) zustehende Grundrecht, über ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung zu verfügen (Art 6 Abs 3 lit b EMRK).