JudikaturJustiz13Os44/03

13Os44/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. April 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Philipp, Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Reichel als Schriftführerin, in der Medienrechtssache der Antragsteller Dr. Jörg H***** und Karl Heinz P***** wider die Antragsgegnerin Verlagsgruppe N***** GmbH wegen §§ 14, 18 MedienG über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. September 2002, GZ 095 Hv 67/02x-16 und des Oberlandesgerichtes Wien vom 1. Oktober 2002, AZ 17 Bs 245/02 (ON 24 des Hv-Aktes), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, sowie des Vertreters des Antragstellers Dr. Rami und des Vertreters der Antragsgegnerin Dr. Zanger, jedoch in Abwesenheit von Antragsteller und Antragsgegnerin zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

In der oben bezeichneten Medienrechtssache wurde der Antragsgegnerin mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Juli 2002, GZ 095 Hv 67/02x-8, die Veröffentlichung folgender Gegendarstellung in der periodischen Druckschrift "F*****" aufgetragen:

"Gegendarstellung:

Sie geben auf Seite 28 Ihres Druckwerks "F*****" Nr 12 vom 15. 3. 2002 in einem mit "H***** trübe Geldquellen" betitelten Artikel im Bezug auf die Reise von Herrn Landeshauptmann Dr. Jörg H*****, Herrn Karl Heinz P***** und einer weiteren Person in den Irak im Februar 2002 die Behauptung wieder, dass der diesbezügliche Flug vom Damaskus nach Bagdad von einem Mitarbeiter der irakischen Botschaft in Damaskus bezahlt worden sei.

Diese Behauptung ist insoweit irreführend unvollständig, als die Kosten des diesbezüglichen Fluges von Damaskus nach Bagdad für alle drei Personen von Herrn Karl Heinz P***** übernommen und bezahlt wurden. Der von Ihnen erwähnte Mitarbeiter der irakischen Botschaft übernahm lediglich die diesbezügliche tatsächliche Geldübergabe an ein Reisebüro in Damaskus, weil er vor Ort sitzt und der Landessprache mächtig ist."

Die Antragsgegnerin veröffentlichte diese Gegendarstellung in der Ausgabe Nr 32 der periodischen Druckschrift "F*****" unter Weglassung des Wortes "insoweit" in der ersten Zeile der Antithese. Mit Beschluss vom 3. September 2002, GZ 095 Hv 67/02x-16, wies das Landesgericht für Strafsachen Wien den Durchsetzungsantrag des Antragstellers Karl Heinz P***** vom 6. August 2002 sowie dessen Folgeanträge vom 13. August 2002, 19. August 2002, 23. August 2002 und 30. August 2002 ab. Landeshauptmann Dr. Jörg H***** hatte keinen Durchsetzungsantrag gestellt.

Mit Beschluss vom 1. Oktober 2002, AZ 17 Bs 245/02 (ON 24 des Hv-Aktes), gab das Oberlandesgericht Wien der dagegen erhobenen Beschwerde des genannten Antragstellers P***** nicht Folge. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass das Versäumnis der Antragsgegnerin in einem marginalen Bereich liege, der die Erheblichkeitsschwelle noch nicht überschritten habe, sodass der Publizitätswert der Veröffentlichung gewahrt sei.

Diese Beschlüsse stehen nach Auffassung des Generalprokurators mit dem Gesetz nicht in Einklang. In der deshalb gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wird dazu ausgeführt:

Wurde auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung oder einer nachträglichen Mitteilung erkannt und dem gerichtlichen Veröffentlichungsauftrag nicht rechtzeitig oder nicht gehörig entsprochen, so hat das Gericht auf Verlangen des Antragstellers nach Anhörung des Antragsgegners durch Beschluss dem Antragsgegner die Zahlung einer Geldbuße an den Antragsteller aufzuerlegen (§ 20 Abs 1 erster Satz MedienG).

Zur Beurteilung, ob die Gegendarstellung gehörig veröffentlicht wurde, sind die Regelungen des § 13 MedienG als Maßstab heranzuziehen (vgl MR 1997, 22). Nach Abs 7 erster Satz dieser Gesetzesstelle hat die Veröffentlichung ohne Einschränkungen und Weglassungen zu geschehen.

Die Gegendarstellung ist daher 1:1 (Hanusch, Kommentar zum Mediengesetz, § 13 Rz 12), zur Gänze und völlig unverändert (Brandstetter/Schmid, MedienG2 § 13 Rz 28) zu veröffentlichen. Denn Sinn der Gegendarstellung ist es, den Standpunkt des von der Tatsachenmitteilung Betroffenen wiederzugeben (Weis, Handbuch der Gegendarstellung, 87 f). Die Lehre hält bloß eine Korrektur der Interpunktion und offenbarer Schreibfehler für zulässig (Brandstetter/Schmid aaO, Höhne in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz, § 13 Rz 25).

Auch die Regelung des § 20 Abs 4 letzter Satz, der zufolge im Falle, dass die Veröffentlichung einer gehörigen (bloß) nahekommt, keine weiteren Geldbußen für die Dauer des Beschwerdeverfahrens zu verhängen sind, legt die stringente Auslegung des Begriffes der Gehörigkeit einer Veröffentlichung nahe.

Durch die Weglassung eines Wortes bei der Veröffentlichung einer Gegendarstellung wird dem gerichtlichen Veröffentlichungsauftrag somit auch dann nicht gehörig entsprochen, wenn der Sinngehalt der Antithese keine Änderung erfahren hat. Die hier gegenständliche Auslassung hat zudem zwar nicht zur Unverständlichkeit der Gegendarstellung, wohl aber zur Beeinträchtigung ihrer vom Antragsteller beabsichtigten synaktischen Genauigkeit geführt (AS 115, 145).

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

Der vom Gesetzgeber intendierte Zweck einer Gegendarstellung liegt darin, einer vom Antragsteller beanstandeten Tatsachenmitteilung in einem Medium (These) zwecks Aufklärung und Klarstellung der Position der von dieser Mitteilung betroffenen Person im selben Medium eine Publikation von gleichem Veröffentlichungswert (Gegenthese) gegenüber zu stellen (§ 9 Abs 1 MedienG; vgl Hager/Zöchbauer, Persönlichkeitsschutz4 68; Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung2 Rz 125). Zur Durchsetzung dieses Rechts bestimmt § 13 Abs 7 MedienG die Verpflichtung des Antragsgegners, einen den Kriterien des § 9 MedienG entsprechenden Text der Gegendarstellung ohne Einschränkungen und Weglassungen zu veröffentlichen. Damit soll verhindert werden, dass die Gegenthese des Antragstellers zensuriert, also der Aufklärungswert der Gegenposition beeinträchtigt wird.

Der Standpunkt der Generalprokuratur, wonach aus § 13 Abs 7 MedienG in jedem Fall eine wortwörtliche Wiedergabe der Gegendarstellung gebotenen sei, lässt sich aus dieser Gesetzesbestimmung hingegen nicht ableiten. So wird in der Lehre eine Veränderung des Wortlauts der Antithese für zulässig erachtet, wenn bei einer mehrere, etwa sowohl wahre als auch unwahre Thesenteile umfassenden Gegendarstellung eine geringfügige sprachliche Umgestaltung der (zu veröffentlichenden wahren) Gegenthese geboten erscheint, sofern sich die insgesamt begehrte Veröffentlichung in zwei oder mehrere Teile zerlegen lässt (Höhne in Berka/Höhne/Noll/Polley Praxiskommentar zum Mediengesetz § 13 Rz 25; Brandstetter/Schmid MedienG2 § 13 Rz 28). Dies zu Recht, weil mit einer solchen Umstellung keine inhaltliche Veränderung des Aussagewerts des jedenfalls zu publizierenden Gegendarstellungsteils einhergeht.

Dass § 13 Abs 7 MedienG lediglich ein den Inhalt der Gegenthese schützendes Zensurverbot statuiert, verdeutlicht auch § 11 Abs 1 Z 8 MedienG, wonach die Pflicht zur Gegendarstellung entfällt, wenn vor Einlangen der Aufforderung zur Gegendarstellung bereits eine (sowohl inhaltlich als auch von der Erscheinungsform her betrachtet) gleichwertige redaktionelle Richtigstellung oder Ergänzung der kritisierten Veröffentlichung erfolgte, weil dadurch das zu dem angestrebten Rechtsschutz Erforderliche (§ 10 Abs 2 MedienG) bewirkt wurde (vgl Brandstetter/Schmid MedienG2 § 11 Rz 16). Ein Anspruch auf sogar sanktionsbewehrte wortwörtliche Wiedergabe der Gegenthese kann nach dem der Gegendarstellung zugrunde liegenden Rechtsschutzgedanken einer Gelegenheit zur inhaltlichen Korrektur der publizierten Tatsachenmitteilung mit gleicher Öffentlichkeitswirkung auch nicht dadurch entstehen, dass der Medieninhaber erst über Aufforderung des Betroffenen oder kraft gerichtlicher Anordnung eine Antithese veröffentlicht. Allerdings schränkt der (gemäß § 17 Abs 3 MedienG auch bei einer vom Gericht angeordneten Veröffentlichung sinngemäß zu beachtende) § 13 Abs 7 MedienG die sprachliche Gestaltung der Gegenthese ab dem Einlangen einer Aufforderung zur Gegendarstellung maßgeblich darauf ein, dass deren Textierung im Sinne des Antragstellers ohne inhaltliche Veränderungen (und solcherart ohne Einschränkungen und Weglassungen) vorgenommen werden muss. Aus § 20 Abs 4 MedienG kann eine Pflicht zur wortwörtlichen Wiedergabe der vom Antragsteller begehrten und gerichtlich aufgetragenen Gegendarstellung gleichfalls nicht erschlossen werden, weil diese Bestimmung über die Nachsicht von weiteren Geldbußen während des Beschwerdeverfahrens über die Durchsetzung der gerichtlich angeordneten Veröffentlichung voraussetzt, dass bloß eine der gehörigen Veröffentlichung nahekommende (im Sinn einer dem berechtigten Begehren inhaltlich weitgehend entsprechenden) Gegenthese publiziert wurde. Eine Sanktionierungspflicht bei der Nichtverwendung einzelner, den Inhalt der Antithese nicht berührender Wörter kann hingegen aus dem lediglich die Pflicht zur Richtigstellung einer publizierten Tatsachenmitteilung umfassenden Rechtsschutzinteresse des § 9 MedienG nicht abgeleitet werden. Bei teleologischer Betrachtung des § 13 Abs 7 MedienG ergibt sich daher lediglich das Verbot einer Zensur der vom Veröffentlichungswerber begehrten Gegendarstellung, also das Verbot einer den Aussageinhalt beeinträchtigenden Abänderung derselben. Die Antithese ist daher grundsätzlich im begehrten Umfang und - sieht man von der Korrektur offenbarer Schreibfehler ab (vgl Brandstetter/Schmid MedienG2 § 13 Rz 28) - inhaltlich unverändert zu publizieren.

Ob eine nach § 17 Abs 1 MedienG nicht gehörige, weil die Gegenthese inhaltlich verändernde Veröffentlichung vorliegt, ist gemäß § 13 Abs 7 MedienG nach einem strengen Maßstab zu beurteilen. Eine solche Bewertung ist im Sinne der zu § 281 Abs 3 erster Satz StPO entwickelten Grundsätze einer Nachteilsbetrachtung vorzunehmen. Gehörig veröffentlicht ist demnach eine im Wortlaut des Begehrens abgeänderte Gegendarstellung nur dann, wenn unzweifelhaft erkennbar ist, dass die vorgenommene Veränderung keinen auf den Erklärungswert der Antithese nachteiligen Einfluss üben konnte.

Im vorliegenden Fall bringt die von der Generalprokuratur als Verletzung des § 13 Abs 7 MedienG beanstandete Weglassung des in der gerichtlich aufgetragenen Gegendarstellung enthaltenen Wortes "insoweit" sogar eine Einschränkung des kontradiktorischen Vorbringens der Gegenthese zum Ausdruck. Infolge Fehlens dieser Einschränkung wird somit - sieht man davon ab, das mit dem in der gedruckten Gegendarstellung beibehaltenen Wort "als" inhaltlich diese Beschränkung noch anklingt - ein über das Veröffentlichungsbegehren hinausgehender, den Antragsteller ausschließlich begünstigender Erklärungsinhalt wiedergegeben. Diese Weglassung konnte daher keinen nachteiligen Einfluss auf den Erklärungswert der Gegendarstellung ausüben; diese Abänderung widerspricht nicht dem im § 13 Abs 7 MedienG.

Dass durch den Entfall des Wortes "insoweit" nur die sprachliche Gestaltung der Gegendarstellung und diese nur minimal beeinträchtigt wurde, begründet keinen Verstoß gegen § 13 Abs 7 MedienG, zumal - wie das Oberlandesgericht Wien zutreffend hervorhob (AS 145) - die damit bewirkte (bloß marginale) grammatikalische Ungenauigkeit den eindeutigen und unmissverständlichen Erklärungsinhalt der Veröffentlichung nicht tangierte und entgegen dem Standpunkt des Antragstellers dem anzusprechenden Leserkreis keinesfalls suggerieren konnte, der Veröffentlichungswerber sei der deutschen Sprache nicht mächtig.

Die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher zu verwerfen.

Rechtssätze
3
  • RS0117631OGH Rechtssatz

    30. April 2003·1 Entscheidung

    § 13 Abs 7 MedG statuiert lediglich ein den Inhalt der Gegenthese schützendes Zensurverbot. Ein Anspruch auf sogar sanktionsbewehrte wortwörtliche Wiedergabe der Gegenthese kann nach dem der Gegendarstellung zugrunde liegenden Rechtsschutzgedanken einer Gelegenheit zur inhaltlichen Korrektur der publizierten Tatsachenmitteilung mit gleicher Öffentlichkeitswirkung auch nicht dadurch entstehen, dass der Medieninhaber erst über Aufforderung des Betroffenen oder kraft gerichtlicher Anordnung eine Antithese veröffentlicht. Allerdings schränkt der (gemäß § 17 Abs 3 MedG auch bei einer vom Gericht angeordneten Veröffentlichung sinngemäß zu beachtende) § 13 Abs 7 MedG die sprachliche Gestaltung der Gegenthese ab dem Einlangen einer Aufforderung zur Gegendarstellung maßgeblich darauf ein, dass deren Textierung im Sinne des Antragstellers ohne inhaltliche Veränderungen (und solcherart ohne Einschränkungen und Weglassungen) vorgenommen werden muss. Aus §20 Abs4 MedG kann eine Pflicht zur wortwörtlichen Wiedergabe der vom Antragsteller begehrten und gerichtlich aufgetragenen Gegendarstellung gleichfalls nicht erschlossen werden, weil diese Bestimmung über die Nachsicht von weiteren Geldbußen während des Beschwerdeverfahrens über die Durchsetzung der gerichtlich angeordneten Veröffentlichung voraussetzt, dass bloß eine der gehörigen Veröffentlichung nahekommende (im Sinn einer dem berechtigten Begehren inhaltlich weitgehend entsprechenden) Gegenthese publiziert wurde.