JudikaturJustiz13Os24/17d

13Os24/17d – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. April 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Melounek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Terry A***** wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a SMG und § 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 25 Hv 46/16a des Landesgerichts Linz, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. November 2016, AZ 10 Bs 214/16s (ON 24 der Hv Akten), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, und des Verteidigers Mag. Denkmair zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 25 Hv 46/16a des Landesgerichts Linz verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. November 2016 (ON 24) § 34 Abs 1 Z 2 StGB.

Dieses Urteil wird aufgehoben und dem Oberlandesgericht Linz die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 21. Juni 2016 aufgetragen.

Text

Gründe:

Terry A***** wurde mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 21. Juni 2016 (ON 15) nach § 27 Abs 2a SMG unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer – gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen – Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

Mit Urteil vom 9. November 2016 (ON 24) gab das Oberlandesgericht Linz der dagegen erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft (ON 19) durch Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht Folge, wobei die Urteilsbegründung nachstehende Passage enthält: „Angesichts des Umstandes, dass zwei gegen den Angeklagten behängende Verfahren wegen Suchtmitteldelinquenz durch vorläufigen Rücktritt der Staatsanwaltschaft nach § 35 Abs 9 SMG beendet wurden (41 BAZ 614/16x), kann der Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 2 StGB – mangels möglicher Annahme eines ordentlichen Lebenswandels – nicht mehr zugebilligt werden“ (ON 24 S 2).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, verletzt diese Begründung das Gesetz:

Die Rechtsansicht, ein vorläufiger Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft nach § 35 Abs 9 SMG hindere – per se – die Annahme eines ordentlichen Lebenswandels und demzufolge des besonderen Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 2 StGB, ist verfehlt. Damit wird dem Angeklagten nämlich der Sache nach ein gerichtlich strafbares Verhalten ohne gesetzlichen Schuldnachweis (Art 6 Abs 2 MRK) nachteilig zugerechnet und solcherart beim Ausspruch über die Strafe eine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache offenbar unrichtig beurteilt (vgl RIS Justiz RS0130150, Ebner in WK² StGB § 34 Rz 6 sowie Ratz , WK StPO § 281 Rz 713).

Da nicht auszuschließen ist, dass die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.

Hinzugefügt sei, dass – worauf die Generalprokuratur ebenfalls mit Recht hinweist – allein Delinquenz im Sinn des § 27 Abs 2a SMG nicht geeignet ist, bedingte Strafnachsicht aus generalpräventiven Erwägungen auszuschließen. Sollte die diesbezügliche Urteilspassage (ON 24 S 3) in diesem Sinn zu verstehen sein, würde auch dies eine Gesetzesverletzung bedeuten.