JudikaturJustiz13Os150/00

13Os150/00 – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schmidt als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dzemalj H***** und andere Angeklagte wegen des nach § 15 StGB versuchten Verbrechens nach § 28 Abs 2 (vierter Fall) und Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. Oktober 2000, GZ 6 d Vr 6340/00-144, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Verurteilung des Dzemalj H***** aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Dzemalj H*****, Stanislawa M***** und Halim M***** wurden des nach § 15 StGB versuchten Verbrechens nach (gemeint:) § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach haben sie in Wien als "Mittäter" des gesondert verfolgten Baskim A***** den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer Menge, die zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmachte, in Verkehr zu setzen versucht, indem sie am 25. Mai 2000 (zu ergänzen:) eine 261 Gramm Reinsubstanz enthaltende Gesamtmenge von "925 Gramm Heroin einem verdeckten Fahnder zu verkaufen suchten."

Rechtliche Beurteilung

Die von Dzemalj H***** aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Nominell aus Z 4, der Sache nach aber als Berufungsvorbringen (s Mayerhofer StPO4 § 280 ENr 26; ÖJZ-MRK 1999/14; BGH vom 18. 11. 1999 - 1 StR 221/99, JZ 2000, 363; JZ 2000, 993 m Anm von Kühne), rügt der Angeklagte die Abweisung seines Antrages auf Vernehmung des Mohamed Q***** "zum Beweis dafür, dass die gesamte Geschäftsanbahnung im Zusammenhang mit diesem Suchtgiftgeschäft auf dessen Betreiben und im Auftrag der Polizei zustandegekommen ist und erst aufgrund dieser intensiven Tätigkeit als agent provocateur H***** sich letztlich zu seiner Mitwirkung bereitgefunden hat" (Bd II, S 403 bis 405), räumt indes selbst ein, dass das Schöffengericht die seines Erachtens darin gelegene "Minderung der Schuld", "welche auf die Ausmessung der Strafe innerhalb eines Strafrahmens eine erhebliche Bedeutung darstellt", als Milderungsgrund (US 8) berücksichtigt und solcherart seiner Forderung nach einem Ausgleich der - im Zweifel zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers unterstellten - (Tat )Provokation (US 5), wenngleich in einem nach Auffassung H***** zu geringem Ausmaß, Rechnung getragen hat.

Mängel- und Rechtsrüge (Z 5 und Z 9 lit a) hinwieder lassen nicht erkennen, welche Bedeutung für Schuld- oder Subsumtionsfrage einer allfälligen Suchtmittelabhängigkeit des Beschwerdeführers zukommen soll.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO).

Aus deren Anlass aber hat sich der Oberste Gerichtshof von einer dem Erstgericht zum Nachteil des Beschwerdeführers unterlaufenen unrichtigen Anwendung des Strafgesetzes mangels Feststellungen überzeugt (§ 290 Abs 1 zweiter Satz [§ 281 Abs 1 Z 10] StPO), welche - in Übereinstimmung mit der Ansicht der Generalprokuratur - die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidlich macht (§ 285e StPO).

Nach den tatsächlichen Urteilsannahmen hatte Halim M***** den telefonischen Auftrag erhalten, das in seiner Wohnung deponierte Heroin dem Beschwerdeführer auszuhändigen. Darüber, was in der Folge geschah, wird nur festgestellt: "Nachdem der Kontakt zwischen den Eheleuten M***** und H***** hergestellt war, fuhren sämtliche zur Wohnung des Halim M*****, wo über dessen Auftrag seine Gattin das restliche Suchtgift aus der Wohnung zum Auto brachte. In der Folge wurde seitens der Sicherheitsbehörden zugegriffen.""(US 6)

Wie das Erstgericht dazu kommt, von einer Restmenge zu sprechen und welches Wirkstoffquantum damit gemeint sein sollte, lässt sich dem Urteil ebensowenig entnehmen, wie eine (weitere) Feststellung, die die Lösung der Rechtsfrage ermöglichen würde, ob durch den Empfang des "restlichen Suchtgiftes" bloß ein Vergehen nach § 27 Abs 1 erster oder zweiter Fall SMG oder § 28 Abs 1 SMG oder doch, wie das Erstgericht mangels der diese Subsumtion tragenden Feststellungen rechtsirrig unterstellte, der Versuch des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 Z 3 SMG begründet wurde, weil eine entsprechend große Suchtgiftmenge tatplanmäßig in unmittelbarer Folge in die Verfügungsgewalt eines Dritten hätte gelangen sollen (vgl Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 234 f).

Mit seiner Berufung war H***** auf die demnach notwendig gewordene kassatorische Entscheidung zu verweisen.