JudikaturJustiz13Os140/99

13Os140/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. November 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jäger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef H***** wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. April 1999, GZ 11dE Vr 11.271/98-144, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher und des Verteidigers Mag. Schuster, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. April 1999, GZ 11dE Vr 11.271/98-144, verletzt im Schuldspruch wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB in Ansehung des Zeitraumes 15. Mai 1998 bis Jänner 1999 das Gesetz in der Bestimmung des § 198 Abs 1 StGB.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im bezeichneten Teil des Schuldspruches und im Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird dem Landesgericht für Strafsachen Wien die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen.

Text

Gründe:

Josef H***** wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. April 1999, GZ 11dE Vr 11.271/98-144, des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 2 StGB sowie der Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB, der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB, der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und Z 2 StGB und der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Ein Strafteil von zwölf Monaten wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, obwohl bei bedingter Nachsicht eines Teils der Strafe der unbedingte Teil nicht mehr als ein Drittel der Strafe betragen darf (§ 43a Abs 3 letzter Satz StGB). Seinen diesbezüglichen (Rechen )Fehler hat der Erstrichter bei Abfassung der schriftlichen Urteilsausfertigung bereits erkannt (US 12).

Rechtliche Beurteilung

Als Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB wurde H***** angelastet, dass er in der Zeit von Oktober 1994 bis Jänner 1999 in Wien und anderen Orten seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seiner am 31. Mai 1983 geborenen Tochter Petra S***** dadurch gröblich verletzt hat, dass er es unterließ, einer zumutbaren Erwerbstätigkeit nachzugehen oder aus den von ihm erzielten Einkünften Unterhaltszahlungen zu leisten, und dadurch bewirkt hat, daß der Unterhalt und die Erziehung des Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet war (Gesamtunterhaltsrückstand 344.220 S).

Eine Vorhaft vom 15. Mai 1998 (ON 68) bis zum 20. April 1999 wurde gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die Strafe angerechnet (US 6).

Dieses Urteil steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - (auch) insoweit mit dem Gesetz nicht im Einklang, als der Schuldspruch wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB den genannten Zeitraum umfaßt, den der Verurteilte in Haft zugebracht hat. Dieses Delikt setzt eine tatsächliche Leistungsfähigkeit des grundsätzlich Unterhaltspflichtigen voraus (Leukauf/Steininger Komm3 § 198 RN 19 f). Längere Anhaltung indiziert jedoch Einkommens- losigkeit und damit mangelndes Leistungsvermögen (aaO RN 29). Es hätte daher fundierter Feststellungen über die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners für die Zeit der Haft bedurft, um eine nur bei besonderen Gegebenheiten denkbare Sachverhaltsbasis für einen Schuldspruch nach § 198 Abs 1 StGB bezüglich des Haftzeitraumes zu schaffen.

Der aufgezeigte Feststellungsmangel (§§ 489 Abs 1, 468 Abs 1 Z 4, 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) wirkt sich zum Nachteil des Verurteilten aus und erfordert die Teilkassation des Schuldspruches, was auch die Aufhebung des fehlerhaften Strafausspruches nach sich zieht.

Bei der neuen Entscheidung werden das Verschlimmerungsverbot und der Grundsatz der Hintanhaltung eines mit dem Lauf der Probezeit verbundenen Nachteils für den Beschuldigten zu beachten sein (Mayerhofer StPO4 § 293 E 50).