JudikaturJustiz13Os131/96

13Os131/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Heißenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Willibald G***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13.Dezember 1995, GZ 6 Vr 2723/91-70, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig mit dem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Widerrufsbeschluß nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Willibald G***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im Juni, Juli 1986 in Wundschuh mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Franz M***** durch die listige Behauptung, auf seine Kraftfahrlinienkonzession auf der Strecke Tombach-St.Ulrich in Kreith-Wies zu verzichten, Anfang Juni 1986 zur Übergabe von 300.000 S und am 3.Juli 1987 von weiteren 300.000 S verleitet, die diesen am Vermögen in der Gesamthöhe von 600.000 S schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf die Z 3, 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Der Verfahrensrüge (Z 3), die Beeidigung des Zeugen Franz M***** sei infolge Wahrheitswidrigkeit dessen Aussage hinsichtlich der Übergabemodalitäten des Geldes gemäß § 170 Z 7 StPO unzulässig gewesen, ist zu entgegnen, daß das behauptete Eideshindernis schon grundsätzlich bei einer promissorischen Beeidigung nicht Platz greift, weil in diesem Fall ja noch keine Aussage vorliegt, bezüglich welcher nach § 170 Z 7 StPO der Nachweis der Unwahrheit geführt werden könnte (SSt 39/24, 49/46). Dies gilt vorliegendenfalls auch für die fortgesetzte Vernehmung in der Hauptverhandlung vom 13. Dezember 1995, zumal auch der Verdacht, daß ein Zeuge allenfalls falsch aussagen wird, kein Eideshindernis ist (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 247 E 22 f). Im übrigen hat sich das Gericht ohnedies ausführlich mit den Divergenzen in den Aussagen des Zeugen auseinandergesetzt und erachtete sie einerseits der Sachlage nach als hinreichend geklärt und bezog sie andererseits (zutreffend) nicht auf wesentliche Umstände im Sinne des relevierten Eideshindernisses (US 9 ff).

Der behauptete Nichtigkeitsgrund kann aber auch schon deshalb nicht geltend gemacht werden, weil unzweifelhaft erkennbar ist, daß die vorgebliche Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß zu üben vermochte (§ 281 Abs 3 StPO): Aus der Urteilsbegründung (US 11 Mitte) geht nämlich hervor, daß das Erstgericht dem Zeugen unter anderem auch gerade wegen seiner - aus seiner, einfachen Persönlichkeitsstruktur erklärten, in Teilbereichen (nämlich der Zahlungsmodalität und der Herkunft des Geldes) widersprüchlichen und somit jedenfalls zum Teil objektiv wahrheitwidrigen (in ihrem Kern - insbesondere über die Zahlung von insgesamt 600.000 S - jedoch gleichbleibenden)- Aussagen Glauben schenkte.

Zu Unrecht bemängelt die Verfahrensrüge (Z 4), die selbst die mangelnde Berechtigung zumindest eines Teiles ihrer Ausführung einräumen muß (S 224/II), die Abweisung der in der Hauptverhandlung vom 13.Dezember 1995 (S 159 ff/II) gestellten Beweisanträge.

Die Unterlassung (1.) der Beischaffung des Aktes 9 Cg 118/88 (im Protokoll irrig 9 Oe 180/88, S 159/II) hat das Erstgericht zutreffend damit begründet (US 16), daß M***** die Tatsache eines Buskaufes bei einer Busbörse im Jahre 1986 selbst vorgebracht habe und sich auch aus der Einsichtnahme in diesen Akt nicht ergeben könne, ob dem Angeklagten von Franz M***** der in Rede stehende Geldbetrag übergeben wurde oder nicht.

Der Antrag zwei namentlich genannte Rechtsanwälte aus Deutschlandsberg zum Beweis dafür zu vernehmen, daß M***** diesen eine vollkommen andere Version "über den Sachverhalt" gegeben habe (2.), läuft auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus; überdies fehlt dem Beweisantrag die erforderliche Spezifizierung des Beweisthemas, die auch durch die Bezugnahme auf das Schreiben Blg/I nicht erreicht wird.

Die weiteren Beweisanträge (3. und 4.) konnte das Erstgericht schon deshalb abweisen, weil M***** ohnedies in der Hauptverhandlung eingeräumt hatte, seine Rechtsanwälte (Dr.S***** und Dr.G*****) mit der Rückforderung bzw mit der Einbringung des Geldes beauftragt zu haben (S 137 f/II). Ob er bei seiner Einvernahme vor dem Konkursgericht am 4.Februar 1991 (S 7 des Aktes 25 S 11/91 des Landesgerichtes für ZRS Graz) dabei das Wort "Zivilklage" verwendet hat oder nicht, ist in diesem Zusammenhang kein entscheidungswesentlicher Umstand.

Von dem im Beweisantrag 5. genannten Zeugen war schon nach dem Beweisthema keine Aufklärung über entscheidende Tatsachen zu erwarten, nämlich darüber, ob das von M***** behauptete Geschäft mit dem Angeklagten in der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Form abgeschlossen wurde oder nicht.

Auch der Beweisantrag 6. geht ins Leere. Daß Franz M***** aus der Führung des Linienbetriebes durch fünf Jahre möglicherweise ein Einkommen bezog, ist keine für die gegen den Angeklagten erhobenen Betrugsvorwürfe entscheidender Umstand, weil es beim "Kauf" der Konzession um die eigenberechtigte Ausübung eines Gewerbes und nicht nur um aus dem Betrieb zu erzielende Einkünfte geht.

Die Ansicht der Beschwerde, M***** hätte aufgrund seiner finanziellen Situation nicht den Betrag von 600.000 S zahlen können, geht an der mängelfrei begründeten Feststellung vorbei, wonach er diesen Betrag vorwiegend durch Kredit sowie durch Zuwendungen seiner Eltern und Schwiegereltern und nur zu einem Bruchteil aus eigenen Ersparnissen abdeckte (US 6).

Auch von einer abermaligen zeugenschaftlichen Einvernahme des Gottfried S***** zum Widerspruch des Schreibens S 73/I zur Pfandurkunde Beilage B./ zu ON 26 (7.) konnte das Erstgericht ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten im Hinblick darauf ablehnen, daß nicht dieser Zeuge, sondern der - mittlerweile verstorbene - damalige Geschäftstellenleiter der Filiale L***** der S***** Sparkasse das Kreditanbahnungsgespräch geführt hat. Überdies hat S***** ausdrücklich angegeben (S 366/I, 99/II), er wisse, daß M***** dem Geschäftstellenleiter ("L*****" oder "L*****") erzählt habe, das Geld für den Ankauf eines Busses sowie für die von ihm betriebene Buslinie zu brauchen (was das Erstgericht auch - mängelfrei - im Rahmen seiner Beweiswürdigung, US 12 unten, erörtert hat).

Durch die Abweisung des Beweisantrages (8.) auf Vernehmung des Rechtsanwaltes Dr.P***** kam es gleichfalls zu keiner Verletzung von Verteidigungsinteressen, weil sich aus dem von diesem verfaßten Beweisantrag ON 36 (S 251/I) ohnedies schlüssig die Behauptung des M***** ergibt, die Zeugin G***** habe auf Weisung des Angeklagten die Zurückziehung seines Ansuchens unterschrieben. Die Vernehmung des beantragten Zeugen hätte somit auf die Beweiswürdigung im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des M***** keine Rolle spielen können.

Die Mängelrüge (Z 5) releviert im Grunde Widersprüchlichkeiten in den Angaben des M***** zu den Modalitäten der Geldübergabe. Demgegenüber hat sich das Erstgericht jedoch eingehend sowohl mit den - teilweise voneinander abweichenden - Aussagen des Zeugen M***** als auch mit der Verantwortung des Angeklagten sowie den Angaben des Zeugen K***** auseinandergesetzt und dabei auch teilweise die Persönlichkeitsstruktur dieser Personen erörtert (US 10 bis 14).

Eine allfällige Rückdatierung der Verzichtserklärung ist nicht Urteilsgrundlage. Daß Franz M***** die Kraftfahrlinie ab September 1986 bis Ende des Schuljahres 1991 faktisch in Eigenregie geführt und daraus Gewinn gezogen habe, stellt im Hinblick auf den festgestellten Schädigungs- und Täuschungsvorsatz sowie die festgestellte Vermögensschädigung im Juni/Juli 1986 ebenso wie die Frage der Rentabilität der Kraftfahrlinie keine die Schuldfrage betreffende entscheidende Tatsache dar.

Unwesentlich sind auch die genauen Zeitpunkte, zu denen M***** erstmals anderen Personen von seiner - dem Beschwerdevorbringen nach:

angeblichen - Geldleistung an den Angeklagten Mitteilung gemacht hat.Kann doch der im Urteil (S 13 zweiter Absatz) festgestellte Umstand, daß die Geldübergabe "im Laufe der Jahre" gegenüber mehreren - im folgenden genannten - Zeugen erwähnt wurde, nur als zusätzliches Argument für die Glaubwürdigkeit des M***** angesehen werden.

Gleiches trifft auf die vom Gericht festgestellte - und vom Angeklagten bestrittene - "gewisse" wirtschaftliche Abhängigkeit des Zeugen K***** vom Angeklagten zu (US 14 dritter Absatz), zumal das Erstgericht als weiteres Kriterium für die Unglaubwürdigkeit des erwähnten Zeugen dessen langzeitige Stellvertreteraufgaben für den Angeklagten herangezogen hat, sodaß selbst bei Zutreffen des Einwandes des Angeklagten für diesen nichts gewonnen wäre (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 E 31).

Soweit die Rüge weiters kritisiert, den Urkunden sei gegenüber den Zeugenaussagen zu wenig Gewicht beigemessen worden, erörtert sie lediglich die Beweiskraft einzelner Beweismittel und zeigt keinen Begründungsmangel auf.

Dies gilt auch für den Einwand, daß Angaben des Angeklagten im Konkursverfahren 25 S 11/91 des Landesgerichtes für ZRS Graz ("mehr oder minder ungerechtfertigterweise") in einer dem Angeklagten nachteiligen Weise verwertet wurden.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch die Erwartung des Franz M***** über den zu erwartenden jährlichen Gewinn aus der Schulbuslinie nicht entscheidungswesentlich.

Die Beschwerdebehauptung, Franz M***** habe mit seiner Forderung gegenüber dem Angeklagten lediglich den von ihm angestrebten Zwangsausgleich finanzieren wollen, entzieht sich als Spekulation einer sachlichen Erörterung.

Soweit der Beschwerdeführer die unterschiedlichen Angaben des Franz M***** zu den Modalitäten der Geldübergabe an ihn kritisiert und den Wahrheitsgehalt der am 13.Dezember 1995 abgelegten Aussagen der Eltern und der Schwiegereltern des Angeklagten (S 149 ff/II) bezweifelt, ist er abermals auf die ausführliche Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu diesem Punkt zu verweisen.

Auch hier läuft die Beschwerde der Sache nach ebenso auf eine Anfechtung der Beweiswürdigung nach Art einer - nicht zulässigen - Schuldberufung hinaus wie mit ihrem weiteren Einwand, das Gericht hätte aus den differierenden Aussagen des Franz M***** zu den Modalitäten bei der Übergabe des Geldes nicht auf die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen schließen und nicht der Ansicht sein dürfen, diese Umstände seien den Ehegatten M***** weder wichtig noch erinnerlich gewesen.

Gleiches gilt für die Hinweise einerseits auf den - nicht die geplante Einrichtung eines Buslinienverkehrs erwähnenden - Kreditantrag der S***** Sparkasse und andererseits über die Glaubwürdigkeit verschiedener, zeitlich auseinanderliegender Angaben der Zeugin G***** bzw - wie schon zuvor erwähnt - die verschiedenen für den Angeklagten sprechenden Aussagen des Zeugen K*****.

In allen diesen Punkten hat das Erstgericht die Beweismittel gegeneinander abgewogen und ist ohne Denkfehler, sohin formal mängelfrei, zu seinen Feststellungen gelangt.

Angesichts der im Urteil (S 13 f) aufgeführten Beweise, die für die Unkenntnis des Franz M***** von der Zurückziehung des Konzessionsersuchens sprechen, bedurfte es keiner Erörterung auch der Angaben des Zeugen N*****, zumal dessen Aussagen nicht Tatsachen betrafen, sondern lediglich von ihm angestellte Überlegungen und Spekulationen.

Die mangelnde Relevanz allfälliger erzielter Erträge aus dem Betrieb wurde bereits erörtert.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) sucht ebenso wie die Mängelrüge die Glaubwürdigkeit des Zeugen M***** in Zweifel zu ziehen, indem sie diese anderen Beweisergebnissen gegenüberstellt. Damit kann sie aber vorliegend keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen erwecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die das Vorliegen eines Vermögensschadens mit dem Hinweis auf die Einkünfte des Franz M***** aus dem mehrjährigen Betrieb der Buslinie bezweifelt, ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie die Urteilsfeststellungen übergeht, wonach der Verlust an Vermögenssubstanz bereits Anfang Juni 1986 bzw am 3.Juli 1986 (im Urteilstenor als Schreibfehler: 1987) eingetreten ist (US 2, 5 ff), ohne daß ein entsprechendes Äquivalent in Form eines (unwiderrufenen) Verzichts bzw die damit verbundene Übertragung der Konzession an Franz M***** geleistet worden wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d StPO), sodaß über die außerdem erhobene Berufung des Angeklagten und seine Beschwerde gegen einen Widerrufsbeschluß das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).