JudikaturJustiz13Os120/22d

13Os120/22d – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Januar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Jänner 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Kastner in der Strafsache gegen * V* wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG, AZ 32 U 9/22x des Bezirksgerichts Döbling, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 15. Juni 2022 (ON 14) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 32 U 9/22x des Bezirksgerichts Döbling verletzt der zugleich mit dem Urteil dieses Gerichts vom 15. Juni 2022 ergangene Beschluss auf Absehen vom Widerruf der mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Vollzugsgericht vom 3. März 2022, GZ 15 BE 45/22y-11, gewährten bedingten Entlassung und Verlängerung der diesbezüglichen Probezeit auf fünf Jahre, § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 erster Satz StGB.

Dieser Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs der Verlängerung der Probezeit zu AZ 15 BE 45/22y des Landesgerichts St. Pölten ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

[1] Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Vollzugsgericht vom 3. März 2022, GZ 15 BE 45/22y 11, wurde * V* mit Wirkung vom 10. April 2022 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren aus einer Freiheitsstrafe bedingt entlassen.

[2] Mit Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 15. Juni 2022 (ON 14) wurde V* wegen vom Sommer 2021 bis zum September 2021 begangener strafbarer Handlungen erneut zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

[3] Mit zugleich ergangenem Beschluss (§ 494a Abs 1 (richtig) Z 2 iVm § 494a Abs 6 StPO) wurde vom Widerruf der zu AZ 15 BE 45/22y des Landesgerichts St. Pölten gewährten bedingten Entlassung abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert (ON 14 S 2).

[4] Dieser Beschluss und das Urteil wurden weder vom Angeklagten noch von der Staatsanwaltschaft zu seinen Gunsten angefochten.

Rechtliche Beurteilung

[5] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt der Beschluss im dargestellten Umfang das Gesetz:

[6] Nach § 53 Abs 1 erster Satz StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung oder auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeit (§ 53 Abs 3 erster Satz StGB) – abgesehen von der hier nicht aktuellen Ausnahme des § 53 Abs 1 letzter Satz StGB – nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS Justiz RS0092019).

[7] Da die der angefochtenen Beschlussfassung zugrunde liegenden strafbaren Handlungen begangen wurden, bevor die zu AZ 15 BE 45/22y des Landesgerichts St. Pölten als Vollzugsgericht bestimmte Probezeit zu laufen begann (§ 49 erster Satz StGB), verletzt der in Rede stehende Beschluss § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 erster Satz StGB.

[8] Da dieser Beschluss dem Verurteilten im Umfang der Verlängerung der Probezeit zum Nachteil gereicht, sah sich der Oberste Gerichtshof im Sinn des § 292 letzter Satz StPO veranlasst, ihn insoweit ersatzlos zu beseitigen.