JudikaturJustiz12Os99/94

12Os99/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. September 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.September 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Reinhart als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Berthold K***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.April 1994, GZ 5 d Vr 4699/92-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Berthold K***** wurde des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (erster Fall) und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich wurde seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 2 StGB angeordnet.

Demnach hat er am 16.April 1992 in Wien die am 20.September 1987 geborene, sohin unmündige Tanja A***** durch Einführen eines Fingers in ihre Scheide und anschließende Penetration auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich einen Vaginalriß zur Folge hatte.

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 3, 4, 5, 5 a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Daß der Beschwerdeführer nicht während der (gesamten Dauer der) Voruntersuchung durch einen Verteidiger vertreten war (§§ 429 Abs 2 Z 1, 436 Abs 2 StPO) und in der (schließlich wegen späterer Neudurchführung prozessual nicht wirksam gebliebenen) Hauptverhandlung vom 7.Oktober 1993 die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie unterblieb (§§ 429 Abs 2 Z 2, 436 Abs 2 StPO), bedeutete keine (geschweige denn unter Nichtigkeitssanktion stehende) Verfahrensfehler, weil die Einweisung des Angeklagten in den Maßnahmenvollzug gemäß § 21 Abs 2 StGB erst in der Hauptverhandlung beantragt und dem gesetzlichen Gebot der Beiziehung eines entsprechenden Sachverständigen hier in der letzten - gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten - Hauptverhandlung ohnedies entsprochen wurde (ON 70; idS auch 14 Os 45/91).

Der weiteren Verfahrensrüge (Z 4), welche sich gegen die Abweisung von Beweisanträgen wendet, die weder in der gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 17.Feber 1994 noch in der innerhalb der zweimonatigen Frist fortgesetzten, der Urteilsfällung vorangegangenen Hauptverhandlung vom 8.April 1994 wiederholt wurden (Einvernahme der Zeugen Leopoldine L*****, Maria H*****, Manfred S***** und Wolfgang Sch*****; Einholung eines weiteren Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie), genügt es zu erwidern, daß in der neuerlichen Hauptverhandlung alle Beweisanträge wiederholt werden müssen, um rechtswirksam zu bleiben (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 4 ENr 31) und die in einer früheren Hauptverhandlung zu dort gestellten Beweisanträgen gefaßten Beschlüsse ihre Wirksamkeit verlieren (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 30). Die bereits in der Hauptverhandlung vom 7.Oktober 1993 erfolgte Abweisung der Beweisanträge stellt daher keine prozessual taugliche Grundlage für die in Rede stehende Verfahrensrüge dar.

Soweit mit der Mängelrüge (Z 5) einleitend als vermeintliche Undeutlichkeit der Sache nach Feststellungsmängel zu den subjektiven und objektiven Tatbestandsvoraussetzungen nach § 207 Abs 1 und 2 StGB, zudem auch mangelnde Deckung der getroffenen tatrichterlichen Feststellungen in den Verfahrensergebnissen geltend gemacht werden, laufen die vorgebrachten Argumente auf eine rechtslogisch nicht nachvollziehbare Problematisierung der dazu umfassend detaillierten Urteilspassagen (zum Tathergang: 333, 337; zum Tätervorsatz: 337, 353; zur Zurechnungsfähigkeit: 351; zu den Feststellungsgrundlagen:

341 ff) hinaus.

Auch die reklamierten weiteren formellen Begründungsmängel haften dem Urteil nicht an, weil die Aussagen der Alibizeugen - einschließlich der widersprüchlichen Angaben des Mag.B***** eingehend erörtert wurden (S 345-349) und das Erstgericht hinsichtlich einer (bei der Lösung der Schuldfrage zu berücksichtigenden) Ähnlichkeit des verstorbenen Heinrich R***** ersichtlich meinte, daß der Genannte diesen Zeugen nicht bekannt war, während Sonja K***** und Zorica A***** eine solche verneinten (S 237, 244).

Der (neuerlich) Angaben der Alibizeugen relevierenden Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider ergeben sich aus den Akten keine, geschweige denn erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Berthold K***** hatte im übrigen im Vorverfahren - mit den belastenden Angaben der Zeugin K***** konfrontiert - seine Anwesenheit zur Tatzeit in dem Haus, in welchem die Tat stattfand, selbst eingestanden (S 45).

Gleichfalls die Täterschaft des Angeklagten bestreitend stellt sich die Rechtsrüge (Z 9 lit a) als im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar und gelangt damit mangels Orientierung am Urteilssachverhalt nicht gesetzmäßig zur Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit bereits in nichtöffentlicher Beratung teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet (§§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2, 285 a Z 2 StPO) sofort zurückzuweisen.

Über die außerdem ergriffene Berufung wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.