JudikaturJustiz12Os97/23s

12Os97/23s – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Oktober 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Oktober 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Besic in der Strafsache gegen * F* wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a zweiter Fall, Abs 5 SMG, AZ 44 Hv 62/23t des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den zugleich mit dem Urteil dieses Gerichts vom 9. Juni 2023, GZ 44 Hv 62/23t 25, gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und einer bedingten Entlassung sowie auf Verlängerung von Probezeiten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur Mag. Schneider LL.M. zu Recht erkannt:

Spruch

Der zugleich mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. Juni 2023, GZ 44 Hv 62/23t 25, gefasste Beschluss verletzt im Ausspruch, vom Widerruf der * F* mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 13. Dezember 2019, GZ 507 Hv 66/19v 74, gewährten bedingten Strafnachsicht sowie mit Beschluss dieses Gerichts vom 16. Jänner 2020, GZ 821 BE 2/20p 4, gewährten bedingten Entlassung abzusehen und die Probezeiten jeweils auf fünf Jahre zu verlängern, § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Dieser Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs der Verlängerung der Probezeiten ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

[1] Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 13. Dezember 2019, GZ 507 Hv 66/19v 74, wurde * F* eines Verbrechens schuldig erkannt und hiefür zu einer gemäß § 43a Abs 3 StGB teilweise bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

[2] Mit ebenfalls rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Vollzugsgericht vom 16. Jänner 2020, GZ 821 BE 2/20p 4, wurde F* per 7. Februar 2020 aus dem Vollzug des unbedingten Strafteils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen (vgl ON 95 und 97 in AZ 507 Hv 66/19v des Landesgerichts Korneuburg).

[3] Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. Juni 2023, GZ 44 Hv 62/23t 25, wurde * F* des im Zeitraum von März 2023 bis zum 15. April 2023 begangenen Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a zweiter Fall, Abs 5 SMG schuldig erkannt.

[4] Zugleich erging der auf § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gestützte Beschluss, vom Widerruf (unter anderem) der zu AZ 507 Hv 66/19v des Landesgerichts Korneuburg gewährten bedingten Strafnachsicht sowie der zu AZ 821 BE 2/20p dieses Gerichts gewährten bedingten Entlassung abzusehen, jedoch die Probezeiten jeweils auf fünf Jahre zu verlängern (ON 25 S 4).

Rechtliche Beurteilung

[5] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang.

[6] Nach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung und Verlängerung der Probezeit – von hier nicht aktuellen Ausnahmen abgesehen – nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS Justiz RS0092019 [T1], RS0112811).

[7] Weil die der Beschlussfassung zugrunde liegende Straftat nicht während der in den Verfahren AZ 507 Hv 66/19v und AZ 821 BE 2/20p des Landesgerichts Korneuburg bestimmten dreijährigen Probezeiten, sondern erst nach deren (gemeinsamen) Ablauf (am 7. Februar 2023; §§ 49, 68 StGB), nämlich im Zeitraum von März 2023 bis zum 15. April 2023 begangen wurde, verletzt der Beschluss in diesem Umfang § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

[8] Die aufgezeigte Gesetzesverletzung gereicht dem Verurteilten im Umfang der Verlängerung der Probezeiten zum Nachteil. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, deren Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit der im Spruch ersichtlichen konkreten Wirkung zu verknüpfen.