JudikaturJustiz12Os79/04

12Os79/04 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. September 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. September 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matschegg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Lal Ji S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, 3 erster Fall StGB (idF vor BGBl I 2004/15) und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Linz vom 24. März 2004, GZ 34 Hv 118/03m-69, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Plöchl, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Svoboda zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthält, wurde Lal Ji S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs l, Abs 3 erster Fall StGB (idF vor BGBl I 2004/15 - 1.) und des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Linz

1. am 26. Juli 2003 Monika L***** mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt, "nämlich dadurch, dass er sie mit beiden Armen im Hüftbereich umklammerte, hochhob und zum Haus Waldeggstraße 68 trug, wobei beide zu Sturz kamen und er unmittelbar auf der Genannten zu liegen kam, sie weiter festhielt, ihr sodann den Rock vom Leib riss, sie in der Folge an beiden Oberarmen packte und in Richtung Hauseingang schleifte, sie mit dem linken Arm weiterhin am Körper umklammerte und zu Boden drückte, während er mit der anderen Hand die Eingangstür öffnete, sie danach in das Stiegenhaus zog, wobei er sie heftig im Halsbereich würgte, sie auf einen dort stehenden Tisch warf, wo sie am Bauch zu liegen kam, ihr den Slip vom Leib riss, sich auf sie legte und von hinten einen Vaginalverkehr durchführte, zur Duldung des Beischlafes genötigt, wobei die Tat bei Monika L***** eine erhebliche psychische Traumatisierung mit einer daraus resultierenden Belastungsstörung, sohin eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zur Folge hatte;

2. am 27. Juli 2003 ein Beweismittel, das zur Verwendung in einem gerichtlichen Verfahren bestimmt ist und über das er nicht verfügen darf, nämlich den Rock der Monika L***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Malkit S***** dadurch unterdrückt, dass sie diesen wegwarfen, wobei er mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, dass das Beweismittel im Verfahren gebraucht werde."

Soweit von Relevanz bejahten die Geschworenen die Hauptfrage nach dem Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (aF - fortlaufende Zahl 1) im Verhältnis 7:1 sowie jene nach dem Vergehen der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB (fortlaufende Zahl 13) stimmeneinhellig und verneinten die zur Hauptfrage 1 gestellte Zusatzfrage nach dem Schuldausschließungsgrund des § 11 StGB (fortlaufende Zahl 2) stimmeneinheitlich.

Rechtliche Beurteilung

Die inhaltlich allein gegen den Schuldspruch Punkt l. wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (aF) gerichtete, auf die Gründe der Z 10a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Indem der Nichtigkeitswerber in der Tatsachenrüge (Z 10a) mit Hinweis auf die (tatbedingten) Erinnerungsdefizite des Opfers, das Fehlen sichtbarer Verletzungen in dessen Genitalbereich anlässlich der amtsärztlichen Untersuchung, die mangelnde Nachweisbarkeit von DNA-Spuren in den Vaginalabstrichen und (seine) Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Malkit S*****, dessen Angaben zufolge sich der Angeklagte auf das im Unterleibsbereich gewaltsam entkleidete Mädchen legte und an ihm für einen Geschlechtsverkehr typische Körperinsbesondere Beckenbewegungen vornahm (S 141, 221/I), den tatsächlichen Vollzug des Beischlafes in Abrede zu stellen sucht, bekämpft er bloß die den Geschworenen vorbehaltene Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung, ohne auf Aktenbasis erhebliche Bedenken gegen die dem Wahrspruch zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Im Übrigen wird bei dieser Argumentation außer Acht gelassen, dass für Vollendung des Verbrechens nach § 201 Abs 1 StGB vollzogener Beischlaf nicht erforderlich ist (EvBl 1991/13 = JBl 1991, 255; 13 Os 113/93; 14 Os 60/02).

Der in der Subsumtionsrüge (Z 12) relevierte Mangel an Konstatierungen zum Krankheitswert der erheblichen psychischen Traumatisierung liegt nicht vor.

Vorliegend haben die - zum Wesen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB umfassend und korrekt belehrten (S 267 f/II) - Geschworenen im Wahrspruch als Tatfolgen bei Monika L***** eine erhebliche psychische Traumatisierung mit einer daraus resultierenden Belastungsstörung festgestellt, die als im psychischen Bereich liegende qualifizierende Tatfolgen im Sinn des § 201 Abs 3 erster Fall StGB (aF) zu beurteilen sind (SSt 57/56; 11 Os 52/99). Aus welchem Grund für die Qualifikationsnorm des § 201 Abs 3 erster Satz StGB (aF), der im Klammerzitat auf § 84 Abs 1 StGB verweist, die exakte Spezifizierung jener Qualifikationsvarianten subsumtions- oder strafsatzrelevant sein soll, wird im Rechtsmittel nicht bestimmt und deutlich dargetan (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2, 344 StPO). Soweit der uneingeschränkte Aufhebungsantrag auch den Schuldspruch Punkt 2. wegen des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB erfasst, wird die Beschwerde mangels gebotener Konkretisierung nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2, 344 StPO).

Der unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde war daher der Erfolg zu versagen.

Das Geschworenengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 201 Abs 3 (aF) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 ½ (siebeneinhalb) Jahren. Dabei berücksichtigte es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, mildernd wertete es hingegen die "Unbescholtenheit des Angeklagten" (gemeint: dessen bisher ordentlichen Lebenswandel - § 34 Abs 1 Z 2 StGB). Der gegen diesen Strafausspruch gerichteten Berufung des Angeklagten, mit der er die Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.

Der Berufung zuwider kann keine Rede davon sein, dass der soziale Störwert der Tat, bei der eine dem Angeklagten völlig fremde Frau auf ihrem Heimweg in der Nacht angefallen wurde, deutlich hinter jenem zurückbliebe, der typischerweise mit dem in Rede stehen Delikt verbunden ist. Auch der Umstand, dass "die Anwendung schwerer Gewalt bloß anhand von Würgemalen bejaht" wurde, lässt die Tat in keinem milderen Licht erscheinen.

Das sich im Tatgeschehen manifestierende hohe Maß an krimineller Energie des Angeklagten lässt vielmehr eine Reduktion des Strafmaßes (der Mildungsgrund der tataktuellen Enthemmung durch Alkohol nach § 35 StGB liegt im Falle des Schuldspruchfaktums 1. nicht vor) nicht zu.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.