JudikaturJustiz12Os48/18b

12Os48/18b – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Juli 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinksi und Dr. Brenner in Gegenwart von Okontr. Trsek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rustam S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Rustam S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 15. Februar 2018, GZ 151 Hv 7/18h 46, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem verkündeten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Z 4, Abs 2 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Rustam S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rustam S***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 5. Jänner 2018 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Aydin K***** und Ramadan Si***** als Mittäter (§ 12 StGB) Harun G***** dadurch, dass sie ihm ein Baggy mit rund 55 Gramm Marihuana entrissen und ihm anschließend mehrere Faustschläge und Fußtritte ins Gesicht versetzten, ihm also mit Gewalt gegen eine Person, fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei Haram G***** durch die ausgeübte Gewalt in Form eines Unterkiefer und eines Nasenbeinbruchs sowie einer Rissquetschwunde am Jochbein und mehrerer Hämatome schwer verletzt wurde (§ 84 Abs 1 StGB).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, Z 9 lit a und Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rustam S*****, der keine Berechtigung zukommt.

Dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter den Umstand, dass der Beschwerdeführer gegen das Tatopfer einen heftigen Faustschlag führte, logisch und empirisch einwandfrei daraus abgeleitet, dass er in der Hauptverhandlung zugestand, ausgeholt und in dessen Gesicht geschlagen zu haben (US 12 iVm ON 45 S 9). Die in der Rüge in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, ein Ausholen sei bei einem Faustschlag immer erforderlich, ist hingegen nicht nachvollziehbar.

Das Erstgericht hat das Vorliegen zumindest bewusster Fahrlässigkeit in Bezug auf die schwere Verletzungsfolge daraus erschlossen, dass Rustam S***** laut seiner Verantwortung klar gewesen ist, dass bereits ein einzelner Faustschlag Knochenbrüche verursachen kann (US 12 f iVm ON 45 S 13). Überdies nahmen die Tatrichter an, dass die Täter im bewussten und gewollten Zusammenwirken handelten (US 3, 8) und dass vor der Tat nicht feststand, wer die Sachwegnahme und für den Fall der Gegenwehr die Gewalt in Form eines in Aussicht genommenen Faustschlags ausführen sollte (US 8).

Es ist daher nicht von Relevanz, inwieweit der Nichtigkeitswerber sich mit weiteren Schlägen und Tritten durch den Mitangeklagten Ramadan Si***** abgefunden hat, um ihm den Eintritt schwerer Verletzungsfolgen angesichts des konstatierten Fahrlässigkeitsvorwurfs zuzurechnen (vgl Eder-Rieder in WK 2 StGB § 143 Rz 26).

Mit spekulativen Überlegungen, ob die Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt den Beschwerdeführer darin beeinträchtigt haben könnte, den Eintritt einer schweren Körperverletzung vorherzusehen, verfehlt die Beschwerde den Anfechtungsrahmen einer Mängelrüge. Vielmehr kritisiert sie nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Entgegen dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) war das Schöffengericht nicht verhalten, sich mit der Aussage des Aydin K***** „Es war nicht einmal so ein fester Schlag. Es war nur ein Schlag, um ihn zurückzuhalten, weil er das Marihuana wegnehmen wollte.“ (US 29) auseinander zu setzen, weil diese nur dessen persönliche Einschätzung der Intensität der Schlagführung durch Rustam S***** zum Ausdruck bringt (vgl RIS-Justiz RS0097545) und keinen verlässlichen Rückschluss auf dessen tatsächliche Heftigkeit zulässt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zum THC-Gehalt des geraubten Marihuana und damit zu dessen Wertträgereigenschaft, vernachlässigt jedoch die Konstatierung, dass die Wegnahme des Suchtgifts zu einer Vermögensvermehrung bei den Tätern führte (US 8; vgl RIS Justiz RS0099810).

Dass die Tatrichter trotz der angenommenen Mittäterschaft und der Vorhersehbarkeit des Eintritts einer schweren Verletzungsfolge durch einen Faustschlag Feststellungen zur Verletzungsfolge des vom Beschwerdeführer geführten Schlags hätten treffen müssen, wird von der eine Beurteilung lediglich nach § 142 Abs 1 StGB anstrebenden Subsumtionsrüge (Z 10) bloß begründungslos behauptet, nicht jedoch methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (vgl RIS-Justiz RS0116569).

Soweit das Rechtsmittel unter Hinweis auf das Vorbringen der Mängelrüge andere Feststellungen begehrt, als sie vom Erstgericht getroffen wurden, verfehlt es den im festgestellten

Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (zum Teil implizite) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.