JudikaturJustiz12Os45/79

12Os45/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Mai 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführers in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2, Abs. 3 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.Dezember 1978, GZ. 3 e Vr 4337/77-14, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Mühl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wird das Ersturteil dahin ergänzt, daß gemäß § 38 Abs. 1 StGB. die polizeiliche Verwahrungshaft vom 10. Jänner 1977, 17 Uhr, bis 12.Jänner 1977, 11 Uhr, auf die Strafe angerechnet wird.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard A des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 (letzter Fall) StGB. schuldig erkannt. Darnach liegt ihm zur Last, am 8.Jänner 1977 in Wien einen von den gesondert verfolgten Johann B und Eva C durch Einbruch gestohlenen Radiorecorder im Wert von 900 S gekauft zu haben, wobei ihm bekannt war, daß die Sache aus einem Einbruchsdiebstahl stammte.

Rechtliche Beurteilung

Der auf die Z. 4, 5, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Soweit der Beschwerdeführer Begründungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) der erstgerichtlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptet, ist ihm folgendes zu erwidern:

Die Beurteilung, ob eine Tatsachenfeststellung durch entsprechende Ergebnisse der Hauptverhandlung gedeckt ist, hat sich nach dem vom Vorsitzenden und vom Schriftführer unterschriebenen Protokoll (§ 271 Abs. 1 StPO.) - und nicht nach den in der Beschwerde irrig als 'stenographisches Originalprotokoll' bezeichneten Notizen des Schriftführers, die keinen Bestandteil der Gerichtsakten bilden (vgl. EvBl. 1978/49) - zu richten. Dem Vorsitzenden steht es zu, in dem vom Schriftführer verfaßten Protokollentwurf (Fehler zu berichtigen und) Auslassungen zu ergänzen; entscheidend ist demnach die Fassung, die der Vorsitzende dem Hauptverhandlungsprotokoll gibt (Heidrich in RZ. 1967 S. 192). Der Umstand allein, daß die Aussage des Zeugen Romam D, das Vorhandensein von mehreren neuen Cassettenrecordern in der ärmlich eingerichteten Wohnung des Johann B sei besonders aufgefallen, vom Vorsitzenden eigenhändig dem Verhandlungsprotokoll eingefügt wurde (S. 115 d.A.), bewirkt deshalb keinen Begründungsmangel der darauf (mit-) beruhenden Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite. Die Richtigkeit der bezüglichen Protokollstelle bestreitet der Beschwerdeführer übrigens nicht.

Entgegen den weiteren Beschwerdebehauptungen hat sich das Erstgericht mit der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, er habe erst nach dem Einschreiten der Polizei an eine diebische Herkunft der von B verhandelten Geräte gedacht, auseinandergesetzt und sie unter Hinweis auf dessen durchaus unmißverständlich lautende Angaben im Vorverfahren, wonach ihm dieser Umstand (von Anfang an) klar war, mit schlüssiger Begründung für unglaubwürdig erachtet. Dieser und der folgende Einwand des Beschwerdeführers, die Nichtbezahlung des restlichen zwischen ihm und B vereinbarten Kaufpreises besage angesichts der zwischenzeitigen Herausgabe des gegenständlichen Geräts an die Polizei nichts über die subjektive Tatseite bei ihm, richtet sich nach Inhalt und Zielsetzung lediglich gegen die im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbare Beweiswürdigung des Schöffengerichts.

Ins Leere geht schließlich das Argument des Beschwerdeführers, anders als in seinem Vorstraffall (AZ. 6 a Vr 1056/76 des Landesgerichts für Strafsachen Wien), wo es sich um die Verhehlung einer (bei einem Einbruchsdiebstahl erbeuteten) Stereoanlage handelte, habe er bei dem gegenständlichen Radiorecorder keineswegs zwingend dessen Herkunft als einem Einbruchsdiebstahl annehmen müssen: Dem Angeklagten wurde nämlich ohnehin nicht angelastet, das Vorliegen des in Rede stehenden (strafsatzerhöhenden) Umstands für gewiß gehalten (Wissentlichkeit: § 5 Abs. 3 StGB.), sondern nur, mit der Möglichkeit seines Vorliegens ernstlich gerechnet und sich damit abgefunden, sohin mit bedingtem Vorsatz (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB.) gehandelt zu haben, der aber für das im zweiten Satz des § 164 Abs. 3

StGB. geforderte Bekanntsein der dort umschriebenen strafsatzerhöhenden Umstände genügt (ÖJZ-LSK. 1978/189, 338). Das auf eine Tatbeurteilung als bloß fahrlässiges Ansichbringen einer gestohlenen Sache nach § 165 StGB.

abzielende Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. beruht auf einer Verkennung der im Urteil festgestellten Tatsachen: Diese besagen unmißverständlich, daß der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit einer Herkunft des Radiorecorders aus einem Einbruchsdiebstahl ernstlich gerechnet hat (: 'mußte .... ernstlich für möglich gehalten haben') und sich damit auch abgefunden hat.

Indem der Beschwerdeführer daran nicht festhält, sondern davon abweichend unterstellt, er hätte zwar mit der genannten Möglichkeit rechnen müssen, habe es jedoch in Wahrheit nicht getan, führt er den zitierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht prozeßordnungsgemäß aus.

Mit Beziehung auf Z. 4 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO., der Sache nach jedoch - da er nicht einmal die formellen Voraussetzungen des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes zu behaupten vermag - nur aus dem letztgenannten Nichtigkeitsgrund bemängelt der Beschwerdeführer das Fehlen einer urteilsmäßigen Feststellung, daß er den gegenständlichen Cassettenrecorder freiwillig ohne diesbezüglich gegen ihn bestandenen Tatverdacht der Polizei herausgegeben habe; seiner Ansicht nach sei die Strafbarkeit der Tat dadurch wegen tätiger Reue (§ 167 Abs. 3 StGB.) aufgehoben. Diese Rüge versagt, weil eine den genannten Strafaufhebungsgrund deckende Feststellung durch die Verfahrensergebnisse nicht indiziert war: Darnach wurde der Beschwerdeführer - mit anderen Beteiligten - am 10.Jänner 1977

unter dem dringenden Verdacht, (zumindest) an der Verwertung von aus einem Geschäftseinbruch stammenden Radiogeräten beteiligt gewesen zu sein, durch die Polizei verhaftet (S. 21 d.A.); am 11.Jänner 1977 wurden die Vortäter, Johann B und Eva C, ebenfalls festgenommen (S. 29, 31 d.A.).

Wenn der Beschwerdeführer unter diesen Umständen am 12.Jänner 1977, durch die Sicherheitsbehörde als Verdächtiger einvernommen (S. 49 d. A.), den Erwerb des - obzwar bei einer Hausdurchsuchung am 10. Jänner 1977 in seiner Wohnung nicht aufgefundenen (S. 23 d.A.) - urteilsgegenständlichen Radiorecorders von Johann B zugab (S. 51 d. A.) und sodann - nach Entlassung aus der Verwahrungshaft - dieses Gerät am 13.Jänner 1977 bei der Polizei erlegte (S. 59, 61 d.A.), kann darin eine - nach § 167 Abs. 3 StGB. tätige Reue bewirkende - Schadensgutmachung durch Erlag bei der Behörde im Zug einer Selbstanzeige nicht erblickt werden.

Liegt nämlich gegen den Täter - wie hier gegen den Beschwerdeführer wegen Verhehlung aus einem Einbruchsdiebstahl stammender Radiogeräte - bei der Sicherheitsbehörde bereits ein seine vorläufige Verwahrung rechtfertigender Verdacht vor (vgl. §§ 175 Abs. 1, 177 Abs. 1 StPO.), so ist im Umfang des solcherart bestehenden Verdachts eine 'Selbstanzeige', die der Behörde das Verschulden des Täters (definitionsgemäß erst) offenbart (§ 167 Abs. 3 StGB.), schon begrifflich nicht mehr denkbar.

Da sohin auch der relevierte Strafaufhebungsgrund tätiger Reue nicht vorliegt, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. war jedoch von Amts wegen der im Unterbleiben einer Anrechnung der polizeilichen Verwahrungshaft des Beschwerdeführers in diesem Verfahren (S. 3 - 7 d.A.) vom 10.Jänner 1977, 17 Uhr, bis 12.Jänner 1977, 11 Uhr, auf die verhängte Strafe gelegene Verstoß gegen § 38 StGB. (Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO.) aufzugreifen und spruchgemäß zu beheben.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 164 Abs. 3 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend die beiden einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen die Zustandebringung und den relativ geringen Wert des verhehlten Gutes an.

Die Berufung des Angeklagten, die Strafminderung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe begehrt, ist nicht begründet. Das sogenannte, in der Folge widerrufene Geständnis im Vorverfahren sowie der Umstand, daß das dieser Straftat vorhergehende Verhehlungsdelikt im Jahre 1975 begangen wurde, vermag die reklamierten Milderungsgründe nach § 34 Z. 17 und 18 StGB. nicht zu verwirklichen. Vielmehr ist der Angeklagte etwa 4 Monate nach seiner Verurteilung in erster Instanz wegen Verbrechens der Hehlerei rückfällig geworden, woraus sich eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber strafrechtlich verhängten Sanktionen ergibt und demgemäß sein Verschulden nicht als gerinfügig anzusehen ist.

So gesehen liegen die Voraussetzungen des § 41 StGB. nicht vor, welche allein eine Strafminderung gerechtfertigt hätten, sodaß schon - abgesehen von den sonst richtig erkannten und gewichteten Strafzumessungsgründe durch das Erstgericht - dem Berufungsbegehren auf Strafminderung nicht entsprochen werden konnte.

Aber auch eine bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe kam nicht in Betracht, da sich deren Anwendung als wirkungslos erwiesen hat, um einen resozialisierenden Einfluß auf den Angeklagten auszuüben. Der Berufung war daher zur Gänze ein Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.