JudikaturJustiz12Os43/03

12Os43/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Oktober 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Proksch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Andrej O***** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens des schweren Betruges als Beitragstäter nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren Straftat über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Andrej O***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 2. Dezember 2002, GZ 25 Hv 17/02s-365, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im den Angeklagten Andrej O***** betreffenden Schuld- und Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Andrej O***** wurde mit dem angefochtenen Urteil, das auch dessen rechtskräftigen Freispruch vom Anklagevorwurf des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB enthält und hinsichtlich der (gänzlichen) Freisprüche des Mitangeklagten Hermann R***** in Rechtskraft erwachsen ist, des Vergehens des (vollendeten) schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er "in Linz und anderen Orten im In- und Ausland von 1997 bis April 1999 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten andere, nämlich ukrainische Autohändler unrechtmäßig zu bereichern, namentlich nicht bekannte ukrainische Staatsangehörige durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Anbot einer größeren Zahl von Kraftfahrzeugen, bei welchen von den ukrainischen Autohändlern teilweise die Kilometerstände am Tachometer zurückgedreht worden waren, sohin durch Benützung eines unrichtigen Messgerätes" (richtig: Beweismittels - Kirchbacher/Presslauer WK2 § 147 Rz 47) "zu Handlungen, nämlich zum Ankauf dieser Kraftfahrzeuge verleitet, wodurch diese Personen in einem nicht genau bestimmbaren Ausmaß, jedenfalls in einem 2.000 EUR übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurden, beigetragen, indem er Fahrzeuge beschaffte, Einladungen für ukrainische Staatsangehörige verfasste bzw verfassen ließ, damit diese Personen ein Visum erhielten, in das Bundesgebiet einreisen und die PKW in die Ukraine transportieren konnten."

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichteten, auf Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt schon aus dem zweitgenannten Grund Berechtigung zu.

Die in der Mängelrüge erhobene Behauptung widersprüchlicher Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen trifft zu.

Nach den erstgerichtlichen Urteilsannahmen boten zwar die unmittelbaren Täter (unbekannte ukrainische Händler) die verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge unter Verschweigung der manipulierten Kilometerstände unbekannten ukrainischen Abnehmern zu überhöhten Preisen an, doch sei "nicht feststellbar, ob sie (die präsumtiven Käufer) sich tatsächlich zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung hinreißen ließen" und "ob eine Täuschung ukrainischer Abnehmer tatsächlich gelang, bzw welcher Preis für manipulierte Kraftfahrzeuge tatsächlich bezahlt wurde" (US 20, 33). Im Hinblick auf die letztgenannte Urteilspassage, die die Annahme von Verkäufen zu marktkonformen Preisen mit ein - und damit eine betrügerische Vorgangsweise ausschließt, wird aber - wie der Rechtsmittelwerber (im Ergebnis) ebenfalls zutreffend aufzeigt - nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, ob die unmittelbaren Täter überhaupt die für die Strafbarkeit des Beitragstäters wegen Deliktsversuches notwendigen ausführungsnahen Betrugshandlungen gesetzt haben.

Dazu kommt, dass die Tatrichter einerseits einen durch die Beitragshandlungen des Angeklagten mitverursachten Schaden in einem 2.000 EUR übersteigenden Ausmaß annahmen (US 30), andererseits aber zum Ergebnis gelangten, dass ukrainische Endabnehmer in einem insgesamt 2.000 EUR übersteigenden Betrag geschädigt werden sollten (US 19) und ein Überschreiten der (Schadens )Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 2 StGB und ein hinsichtlich des Beitrags des Angeklagten "zu zumindest versuchten Betrugshandlungen in der Ukraine" für die im Spruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) bejahte Deliktsvollendung notwendiger Schadenseintritt nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden könne (US 20; 34).

Da wegen dieser Begründungsgebrechen nicht abschließend beurteilt werden kann, ob und in welchem Ausmaß dem Angeklagten Beitragstäterschaft zur vollendeten oder versuchten Straftat anzulasten ist, und bei Erledigung einer Mängelrüge eine Entscheidung darüber, ob eine formal einwandfreie Begründung der erfolgreich (§ 288 Abs 2 Z 1 StPO) gerügten Feststellung in einem weiteren Rechtsgang erwartet werden kann, nicht in Betracht kommt (Ratz WK-StPO § 288 Rz 15), ist schon deshalb eine neue Hauptverhandlung und Entscheidung in erster Instanz unvermeidlich (§ 285e StPO). Angesichts dieser, zur gänzlichen Kassation des den Angeklagten O***** betreffenden Schuldspruchs führenden sinnfälligen Begründungsdefizite erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Rechtsmittelvorbringen.

Im dritten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass die Bestrafung des Beitragstäters wegen vollendeten Betruges die Tatvollendung durch den unmittelbaren Täter voraussetzt; hingegen haftet der Beitragstäter zufolge der faktischen Bezogenheit nur wegen Deliktsversuches, wenn die geförderte Tat beim Versuch geblieben ist (Fabrizy WK2 Rz 98; Leukauf/Steininger Komm3 RN 51 jeweils zu § 12 StGB; Kienapfel/Höpfel AT10 E 5 Rz 4, E 6 Rz 37 f).

Ein Beitrag zum (Betrugs )Versuch würde mängelfreie Konstatierungen dazu erfordern, dass die unmittelbaren Täter konkret ausführungsnahe Handlungen gesetzt haben, indem sie etwa bei Verkaufsverhandlungen unter Verschweigung der manipulierten Kilometerstandsanzeige Käufer zur Bezahlung eines Preises bewegen wollten, welcher (selbst bei Einrechnung einer angemessenen Gewinnspanne) nicht annähernd dem (damals) aktuellen (ausländischen) Marktwert entsprach. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass (anders als bei Annahme eines dem Tatbild nach § 278a StGB entsprechenden Sachverhalts - vgl Anklagefaktum I.2., korrespondierend mit Freispruchfaktum 2.) die österreichischen Strafgesetze für "im Ausland" begangene (hier aktuelle) Betrugshandlungen des Angeklagten keine Geltung haben (§ 64 Abs 1 Z 4 StGB) und dass durch das "Anbot einer größeren Zahl von Kraftfahrzeugen, bei welchen ... teilweise" - als allein angenommenes Täuschungsmittel - "die Kilometerstände am Tachometer zurückgedreht worden waren" (vgl jeweils Urteilsspruch), nur die von der Manipulation betroffenen, nicht aber sonstige Fahrzeuge Gegenstand des Betruges sein können.

Letztlich ist noch anzumerken, dass sogenannte berufstypische (Alltags )Handlungen (hier: Vermittlung bzw Verkauf von Gebrauchtwagen) - entgegen der Beschwerdeauffassung - bei hinreichend konkreter Tatplankenntnis strafbaren Tatbeitrag begründen können (Kienapfel/Höpfel aaO E 5 Rz 9).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese teilkassatorische Entscheidung zu verweisen.