JudikaturJustiz12Os27/03

12Os27/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juni 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Felix Peter S***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 16. Dezember 2002, GZ 46 Hv 92/02x-61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Felix Peter S***** anklagedifform des Verbrechens des versuchten Totschlags nach den §§ 15, 76 StGB schuldig erkannt. Danach hat er sich am 24. August 2002 in Reifnitz am Wörthersee in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen lassen, zu versuchen, seine vormalige Lebensgefährtin Elisabeth J***** "durch Drücken unter die Wasseroberfläche und anschließendes Versetzen von Stichen mit einem Butterfly-Messer" zu töten. Die Geschworenen verneinten die Hauptfrage nach versuchtem Mord und bejahten die erste Eventualfrage nach versuchtem Totschlag. Demgemäß ließen sie die Eventualfragen in Richtung absichtlicher schwerer Körperverletzung (3) und schwerer Körperverletzung (4) unbeantwortet. Auch die Zusatzfrage (5) nach Zurechnungsunfähigkeit verneinten die Geschworenen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Schuld- und Strafausspruch gerichtete, auf § 345 Abs 1 Z 8, 12 und 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Das Vorbringen der Instruktionsrüge (Z 8), den Geschworenen sei weder schriftlich noch mündlich Rechtsbelehrung erteilt worden, "da sich aus dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls vom 16. 12. 2002 eindeutig ergibt, dass der Vorsitzende den Geschworenen weder die schriftliche Rechtsbelehrung ausgefolgt" (hat), "noch seinen im § 323 StPO normierten Verpflichtungen nachgekommen ist", vernachlässigt zunächst die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, die diese Verfahrensschritte in den Prozessbereich außerhalb der Hauptverhandlung verweisen (§§ 322, 323 Abs 1 StPO) und ist darüber hinaus aktenfremd (S 347/II - unbekämpft gebliebene bezügliche Beurkundungeingangs der schriftlichen Rechtsbelehrung). Das darauf abstellende Beschwerdevorbringen kann daher auf sich beruhen. Die Beschwerde verweist im Übrigen mit Blick auf § 323 Abs 2 StPO substratlos auf einen nicht nichtigkeitsbegründenden Umstand (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 54).

Aus welchem Grund die in der schriftlichen Rechtsbelehrung dargestellten Rechtsbegriffe "unrichtig" und in vermeintlicher Ermangelung mündlicher Instruktion für die Geschworenen "unverständlich" gewesen sein sollten, legt die Beschwerde - prozessordnungswidrig - nicht dar.

Indem sie mit Bezugnahme auf die Verantwortung des Angeklagten zur Eventualfrage 3 eine schriftliche Rechtsbelehrung des Inhaltes fordert, dass ein Butterfly-Messer ein Mittel sei, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden sei (§ 84 Abs 2 Z 1 StGB), und zur Verdeutlichung der Gewalteinwirkung bei der Stichführung eine - gesetzwidrige (§ 323 Abs 2 StPO) - Einlassung des Vorsitzenden in die Beweiswürdigung der Geschworenen reklamiert, übergeht sie die durch die vorangehende Bejahung der ersten Eventualfrage intendierte Tötung (auch) durch Drücken des Tatopfers unter die Wasseroberfläche, also eine Teilkomponente ein und desselben schuldspruchbegründenden Tatbildverhaltens und spricht daher vorweg keine für den Wahrspruch in Bezug auf die bejahte Eventualfrage nach versuchtem Totschlag entscheidende Tatsache an (EvBl 1994, 147).

Die Subsumtionsrüge (Z 12) verfehlt eine prozessordnungsgemäße Darstellung, indem sie sich unter unzulässiger Anstellung eigener Beweiserwägungen hinsichtlich der inneren Tatseite vom Verdikt der Geschworenen entfernt und es zudem verabsäumt darzutun, welchem Gesetz die Tat zu unterstellen wäre.

Die Sanktionsrüge (Z 13) übersieht, dass - schon aus der Diktion "insbesondere" erhellend - die gesetzliche Auflistung der besonderen Erschwerungsgründe in § 33 StGB lediglich demonstrativen Charakter hat. Indem sich der Angeklagte gegen die aggravierende Annahme wendet, die Tötung trotz unmittelbarer Nähe unbeteiligter Zeugen vorerst durch Ertränken und dann durch Stiche in den Rücken der Flüchtenden zu bewirken versucht zu haben, macht er ebenso bloß einen Berufungsgrund geltend, wie mit der Reklamierung zusätzlicher Milderungsumstände nach § 34 Abs 1 Z 11, 16 und 17 StGB (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 11 E 6).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.