JudikaturJustiz12Os141/94

12Os141/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Schindler, Dr. Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerald J* wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27. Juni 1994, GZ 33 Vr 902/94 21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen Vergehens des Betruges nach § 146 StGB (Punkt II. des Schuldspruchs), sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerald J* unter anderem des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt (II. des Urteilsspruchs), weil er seit November 1993 in einer nicht bekannten Anzahl von Fällen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Bedienstete der ÖBB durch Vortäuschung, er sei rechtmäßiger Inhaber eines ÖBB Ermäßigungausweises und Vorweisen dieses Ausweises zur Abgabe von ermäßigten Bahnfahrkarten an ihn verleitete, wobei die ÖBB um die Differenz zum jeweiligen Vollpreis der Fahrkarten am Vermögen in einem S 25.000 nicht übersteigenden Wert geschädigt worden ist.

Die vom Angeklagten allein gegen diesen Schuldspruch aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist begründet, weil es zum einen an zureichenden Feststellungen über die von beiden in Betracht kommenden Tatbeständen (§ 146 bzw § 149 StGB) verlangten Täuschungshandlungen gebricht und das Urteil andererseits die zur Abgrenzung der beiden genannten Tatbestände erforderlichen Konstatierungen vermissen läßt.

Wird doch in Ansehung des erstgenannten Punktes - Täuschungshandlungen - in keiner Weise konkretisiert, unter welchen Modalitäten "die Fahrkartenverkäufer" in Irrtum geführt worden sein sollen, was umso mehr einer exakten Präzisierung bedurft hätte, als der Angeklagte sich dahin verantwortet hatte, nie kontrolliert worden zu sein (S 191) und es als notorisch gelten kann, daß beim Ankauf preisermäßigter Fahrkarten der jeweilige Ermäßigungsausweis bzw Halbpreispaß an der Kasse nicht vorzuweisen ist und mithin die Täuschung erst während der Fahrt durch Vorweisung des gefälschten Ermäßigungsausweises gegenüber dem Schaffner bewirkt werden kann (siehe Leukauf Steininger Komm3 § 149 RN 5 f), wogegen das Urteil mit Bezug auf die für die Abgrenzung der beiden Tatbestände entscheidende Frage, ob der durch die jeweiligen Fahrten bewirkte Verkürzungsbetrag - eine Zusammenrechnung der Werte aus mehreren Fahrten findet im Rahmen des § 149 StGB ja nicht statt; siehe Leukauf Steininger aaO RN 8 - die derzeitige Geringfügigkeitsgrenze von eintausend Schilling überstieg, sich in dem kryptischen und als versuchte Begründung für die Qualifikation nach § 146 StGB unschlüssigen Satz erschöpft, das Vergehen des Betruges sei dann verwirklicht, "wenn nicht nur geringe Entgelte (ersichtlich aus den entsprechend langen Fahrstrecken) bezahlt worden sind; diesbezügliche Feststellungen können allerdings nicht getroffen werden" (US 6), erschöpft.

Da die aufgezeigten Feststellungsgebrechen vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden können, war gemäß § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung mit einer Kassierung des entsprechenden Schuldspruchs und mithin auch des Strafausspruches vorzugehen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.