JudikaturJustiz12Os137/14k

12Os137/14k – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. November 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Bachner Foregger, Dr. Oshidari und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian B***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 SMG zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Roswitha B***** gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 26. Mai 2014, GZ 10 Hv 143/13w 48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Der Angeklagten Roswitha B***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Schuldspruch des Christian B***** enthält, wurde Roswitha B***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II./) schuldig erkannt.

Danach hat sie zwischen ca 28. März 2007 und 1. September 2011 in W***** und an anderen Orten teils allein, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Christian B***** als Mittäter § 12 StGB) vorschriftswidrig Suchtgift

I./ in einer das 25 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge von den Niederlanden über Deutschland aus und nach Österreich eingeführt, und zwar bei zwei Schmuggelfahrten Kokain mit einer Reinsubstanz von insgesamt 536,40 g und Haschisch mit einer Reinsubstanz von insgesamt 60 g Delta 9 THC;

II./ in einer das 25 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen im Ersturteil namentlich genannten und auch unbekannten Personen durch Verkauf oder im Zuge gemeinsamen Suchtgiftkonsums überlassen, und zwar Kokain mit einer Reinsubstanz von insgesamt zumindest 683 g sowie Marihuana mit einer Reinsubstanz von insgesamt zumindest 90,2 g Delta 9 THC.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Roswitha B*****, die sich auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO stützt. Sie verfehlt ihr Ziel.

Die Verfahrensrüge der Angeklagten (Z 4) bezieht sich auf deren in der Hauptverhandlung am 8. April 2014 gestellten Antrag auf Ladung und Vernehmung des Zeugen Bernhard S*****.

Wurde einem Antrag wie hier durch Vertagung der Hauptverhandlung (ON 37 S 24) und Ladung des Zeugen im Ausland (ON 47 S 2) de facto stattgegeben, die Verfügung aber nicht (vollständig) effektuiert, weil der Zeuge trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen ist, liegt der Mangel, anders als Z 4 es verlangt, nicht in dem über diesen Antrag gefassten Beschluss, außer das Verhalten des Schöffengerichts läuft im Ergebnis auf eine Täuschung des Antragstellers hinaus. So gesehen muss der aus diesem Beschluss Berechtigte erforderlichenfalls auch dessen Umsetzung (neuerliche Ladung) verlangen, um in Hinsicht auf die Entscheidung über dieses Begehren zur Anfechtung berechtigt zu sein (RIS Justiz RS0117404; Fabrizy , StPO 11 § 281 Rz 36a; Ratz , WK StPO § 281 Rz 317).

Anhaltspunkte für irreführendes Verhalten des Erstgerichts liegen mit Blick auf dessen Bemühungen, den Aufenthalt des Zeugen auszuforschen (ON 38 und 39) und die Ladung im Ausland (ON 47 S 2) nicht vor. Ein demgemäß zur Anfechtungsberechtigung erforderlicher Antrag wurde nicht gestellt.

Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) behauptet das Fehlen einer Begründung der erstgerichtlichen Konstatierung, wonach die Angeklagten neben dem selbst eingeführten Suchtgift noch weitere Suchtgiftmengen an andere Personen weiterverkauften und unentgeltlich im Zuge gemeinsamen Konsums zur Verfügung stellten (US 10). Damit vernachlässigt die Rechtsmittelwerberin, dass sich die Tatrichter betreffend die überlassenen Mengen an Suchtgift auf die Angaben des Erstangeklagten stützten (US 16 ff). Außerdem verkennt die Angeklagte, dass die Frage der Herkunft des von den Angeklagten in der Folge überlassenen Suchtgifts nicht entscheidend ist ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 399).

Z 5a will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780).

Indem die Rechtsmittelwerberin lediglich die Glaubwürdigkeit der Angaben des Erstangeklagten in Frage stellt und auf dessen Vorstrafenbelastung und nunmehrige Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher hinweist, erweckt sie keine derartig qualifizierten Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen. Die Nichtigkeitswerberin verkennt, dass der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung aus Z 5a entzogen ist (RIS Justiz RS0099649).

Ob die Angeklagte „lediglich aus Angst bzw über Druck und auf Geheiß des Erstangeklagten“ die Suchtgiftgeschäfte abwickelte, betrifft keinen für die Lösung der Schuldfrage entscheidenden Umstand (RIS Justiz RS0117499).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.