JudikaturJustiz12Os131/23s

12Os131/23s – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Januar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Jänner 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Drach in der Strafsache gegen * R* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * N* sowie die Berufungen des Angeklagten * R* und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 19. Juni 2023, GZ 29 Hv 48/23v 50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Innsbruck zu.

Dem Angeklagten * N* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * N* des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 21. April 2023 in T* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * R* sowie zwei im Urteil namentlich genannten, gemäß § 4 Abs 1 JGG außer Verfolgung gesetzten Unmündigen als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) * M* absichtlich schwer am Körper zu verletzen versucht, indem sie diesen zu Boden brachten und sodann im Bereich des Kopfs und des Oberkörpers auf ihn einschlugen und eintraten, wodurch er Prellungen des Gesichts, des Kopfs, des Bauchs und der Hände sowie einen Tinnitus erlitt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten N*.

[4] Die Mängelrüge behauptet einen Widerspruch (der Sache nach Z 5 fünfter Fall) zwischen den tatrichterlichen Erwägungen, wonach sämtliche unbeteiligten Zeugen erklärt hätten, dass auch der Angeklagte N* „geschlagen und getreten habe“ (US 17), und den (nach dem Beschwerdevorbringen gleichlautenden) Aussagen der Zeugen * L* und * E*.

[5] Dabei übergeht sie die ausdrückliche Berücksichtigung des Umstands, dass * L* im Ermittlungsverfahren angab, er habe wahrnehmen können, wie mehrere Personen mit Faustschlägen und Fußtritten auf eine andere Person losgingen (ON 28.7 S 3 f), in der Hauptverhandlung aber nicht mehr sagen konnte, ob auch der Angeklagte N* geschlagen und getreten habe (ON 49 S 18; US 12). Die Beschwerde nimmt daher nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß und gelangt insoweit nicht gesetzmäßig zur Ausführung (RIS Justiz RS0119370).

[6] Die Aussage der Zeugin E* war – entgegen der Beschwerdekritik – mit jener des L* nicht gleichlautend. Diese gab vielmehr – im Urteil aktenkonform dargestellt (US 12) – an, „dass die Personen sehr aggressiv auf eine Person einschlugen. Der Junge lag am Boden und alle schlugen auf ihn ein.“ (ON 31.3 S 4, ON 49 S 19).

[7] Dass der Beschwerdeführer auf einer von E* hergestellten – bloß den letzten Teil des Vorfalls zeigenden – Videoaufnahme in gebückter Haltung zu sehen, darauf aber nicht erkennbar ist, ob er Tätlichkeiten setzt, wurde entgegen der weiteren Mängelrüge (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) vom Erstgericht nicht übergangen (US 16).

[8] Der Sache nach bekämpft die Rüge mit diesem Einwand bloß unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[10] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[11] Dabei wird dieses zu berücksichtigen haben (RIS Justiz RS0119220 und RS0122140), dass dem Strafausspruch betreffend den Angeklagten R* nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 11 erster Fall) anhaftet, weil das Urteil keine Feststellungen zu dessen Vorverurteilungen und damit auch nicht zum Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für eine – vom Erstgericht für anwendbar erachtete (US 3) – Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1a StGB enthält (vgl US 5; RIS Justiz RS0134000).

[12] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.