JudikaturJustiz12Os130/02

12Os130/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Jänner 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Trauner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Markus M***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetz gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 16. September 2002, AZ 19 Bs 222/02, nach öffentlicher Verhandlung in Abwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Oshidari und des Verteidigers des Angeklagten Mag. Schweighofer zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren AZ 123 Hv 31/02h des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verletzt das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. September 2002, AZ 19 Bs 222/02, durch Unterlassung der Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 5. Juli 2002, GZ 071 Hv 97/02g-7, das Gesetz im § 31 Abs 1 StGB.

Dieses Urteil und demgemäß auch der Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom selben Tag, womit der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Beschlussfassung des Erstgerichtes gemäß §§ 53 Abs 1 StGB, 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nicht Folge gegeben wurde, werden aufgehoben und dem Oberlandesgericht die neue Verhandlung und Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. April 2002, GZ 123 Hv 31/02h-12, wurde Marcus M***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich wurde vom Widerruf der dem Verurteilten mit rechtskräftigem Urteil desselben Gerichtes vom 18. Jänner 2002, GZ 2 c E Vr 8945/01-31, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert (§§ 53 Abs 1 StGB, 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO).

Die Staatsanwaltschaft bekämpfte sowohl dieses Urteil mit Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe als auch die erwähnte Beschlussfassung mit Beschwerde (ON 17).

Vor der Entscheidung über diese Rechtsmittel wurde Marcus M***** mit sogleich in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 5. Juli 2002, GZ 071 Hv 97/02g-7, des am 11. März 2002 verübten Vergehens des versuchten schweren Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt und gleichfalls zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Oberlandesgericht Wien gab im Verfahren AZ 123 Hv 31/02h mit Entscheidung vom 16. September 2002, AZ 19 Bs 222/02, der Berufung und der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht Folge. Dabei unterließ es das Berufungsgericht, auf das während des Rechtsmittelverfahrens ergangene und in Rechtskraft erwachsene Urteil vom 5. Juli 2002, das ihm auf Grund einer am 31. Juli 2002 eingeholten Strafregisterauskunft bekannt war, gemäß § 31 StGB Bedacht zu nehmen.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend macht die Generalprokuratur in ihrer deshalb gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Beschwerde geltend, dass die Vorgangsweise dem Gesetz widerspricht.

Das mit der Straffrage befasste Rechtsmittelgericht hat auf ein nach der angefochtenen Entscheidung gefälltes Urteil dann gemäß § 31 StGB Bedacht zu nehmen, wenn - wie hier - die Tatzeit der mit diesem abgesprochenen Straftat zur Gänze vor dem angefochtenen Erkenntnis liegt, weil in einem solchen Fall die gemeinsame Aburteilung schon in dem früheren Verfahren an sich möglich gewesen wäre (12 Os 114/98 mwN; ebenso Ratz, WK2, § 31 StGB, Rz 3)

Da nach Lage des Falles nicht auszuschließen ist, dass sich die Nichtanwendung des § 31 StGB zum Nachteil des Verurteilten auswirkte, war spruchgemäß zu erkennen.