JudikaturJustiz12Os123/19h

12Os123/19h – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. November 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sysel als Schriftführer in der Strafsache gegen Srdjan M***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. August 2019, GZ 34 Hv 12/19k 65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Srdjan M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 31. Mai 2017 in W***** Martina O***** auf offener Straße mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung genötigt, indem er sie gewaltsam entkleidete und zumindest mit bis zu vier Fingern vaginal in sie eindrang, wobei die Tat eine an sich schwere Körperverletzung mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit in Form mehrerer Hämatome und Abschürfungen, eines 4–5 cm großen Einrisses der rechten Scheidenwand mit einer arteriellen Blutung im mittleren Scheidendrittel und eines weiteren Risses der linken Scheidenwand vom hinteren Scheidendrittel bis zum Hymenalsaum mit mehreren Blutungen zur Folge hatte.

Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Der Mängelrüge (Z 5) ist voranzustellen, dass ein Urteil nur auf der Begründungs-, aber nicht auf der Feststellungsebene aktenwidrig sein kann (RIS-Justiz RS0099431, RS0099524; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 393;

Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.135; Hager/Meller/Hetlinger , Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung 4 , 61; Ratz , EvBl-LS 2019/56, 333; aA nur Hollaender , Aktenwidrigkeit im Strafurteil, AnwBl 2019, 16 ff, der jedoch Z 5 vierter und fünfter Fall vermengt). Damit geht das gegen die getroffenen Konstatierungen gerichtete Rechtsmittelvorbringen des Angeklagten unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 5 fünfter Fall StPO von vornherein ins Leere.

Ebensowenig spricht die Rüge eine der sonstigen Anfechtungskategorien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes an. Indem der Beschwerdeführer den Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tathergang (US 5 ff) bloß eigene, aus dem Aussageverhalten des Opfers gegenüber einer Rettungssanitäterin und den Gegebenheiten beim Tatort abgeleitete Schlussfolgerungen entgegenstellt, bekämpft er die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Soweit die Beschwerde (der Sache nach aus Z 5 zweiter Fall) die unterbliebene Berücksichtigung der Einschätzungen zweier Tatzeuginnen dazu kritisiert, ob aus deren Sicht die sexuellen Handlungen freiwillig erfolgten, übersieht sie, dass Gegenstand einer Zeugenaussage nur sinnliche Wahrnehmungen über Tatsachen sind. Die Wiedergabe des subjektiven Eindrucks fällt hingegen nicht in den Rahmen des gerichtlichen Zeugnisses. Demgemäß vermag die Nichterörterung einer solchen Wiedergabe eine Unvollständigkeit in der Bedeutung der Z 5 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO nicht zu begründen (vgl zum Ganzen RIS Justiz RS0097545 [T1]).

Ob der Angeklagte nach Abschluss der sexuellen Handlungen wegging oder die Flucht ergriff, stellt keinen für die Lösung der Schuldfrage entscheidenden Umstand dar, sodass die darauf bezogene Kritik auf sich beruhen kann.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt mit dem Hinweis auf die erhebliche Alkoholisierung des Opfers und die leugnende Verantwortung des Angeklagten sowie mit dem erneuten Vorbringen, zwei Tatzeuginnen hätten davon berichtet, dass „einvernehmlicher Sex ohne Gewalt stattgefunden“ habe, keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.