JudikaturJustiz12Os118/95

12Os118/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. September 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.September 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Eckert als Schriftführer, in der Strafsache gegen Helmut H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 Satz 2 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 21.Juni 1995, GZ 29 Vr 3463/94-69 nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil hinsichtlich des Angeklagten Helmut H***** in den Schuldsprüchen A 1, 7, 9 und 10 sowie im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte H***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Helmut H***** hinsichtlich der teilweisen Zurückweisung seiner Nichtigkeitsbeschwerde die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Helmut H***** wurde (A) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 Satz 2 zweiter Fall StGB und (B) des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG schuldig erkannt. Nach dem - im Rechtsmittelverfahren hier allein bedeutsamen - Schuldspruchkomplex wegen Diebstahls hat er (A) fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Gesamtwert anderen gewerbsmäßig durch Einbruch in Gebäude mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen bzw wegzunehmen versucht, nämlich (1.) in der Nacht zum 3.August 1994 in Söll Verfügungsberechtigten des Reisebüros "P*****" 6.642,46 S Bargeld und eine Handkasse im Wert von 300 S; (2.) in der Nacht zum 30. Oktober 1994 in Zirl der Veronika A***** Bargeld in nicht feststellbarer Höhe, wobei die Tat beim Versuch blieb; (3.) in der Nacht zum 17.November 1994 in Wattens der Anna Maria U***** zumindest 7.000 S Bargeld; (4.) in der Nacht zum 19.August 1994 in Feldkirch den Rechtsanwälten Mag.Klaus T***** und Dr.Günther F***** 16.190 S Bargeld; (5.) in der Nacht zum 31.August 1994 in Bludenz der Ingrid G***** Bargeld in nicht feststellbarer Höhe, wobei die Tat beim Versuch blieb; (6.) in der Nacht zum 31.August 1994 in Vandans der Renate P***** 32.880 S Bargeld; (7.) in der Nacht zum 8.September 1994 in Telfs dem Maximilian B***** Bargeld in nicht feststellbarer Höhe, wobei die Tat beim Versuch blieb; (8.) im September 1994 im Tiroler Oberinntal einem namentlich nicht bekannten Geschädigten ca 8.000 S Bargeld; (9.) in der Nacht zum 27.Oktober 1994 (in Wattens) der Monika F***** ca 19.000 S Bargeld; (10.) in der Nacht zum 27. Oktober 1994 in Wattens dem Oliver T***** Bargeld in nicht feststellbarer Höhe, wobei die Tat beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

Der allein gegen diesen Schuldspruchkomplex aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H***** kommt nur teilweise, nämlich insoweit Berechtigung zu, als die Tatsachengrundlagen zu den Fakten 1 (Tatort Söll), 7 (Tatort Telfs) sowie 9 und 10 (Tatort jeweils Wattens) problematisiert werden.

Während sich nämlich die Angaben der (wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, 2 und 4 StGB rechtskräftig mitverurteilten) Maria R***** und des von ihr geschiedenen Zeugen Harald R***** in Verbindung mit den sicherheitsbehördlichen Erhebungsergebnissen (insbesondere zu den jeweiligen Begleitumständen der Tatbegehung, den Spuren an den Tatorten und beim Angeklagten H***** sichergestellten Gegenständen) hinsichtlich der Diebstahlsfakten 2 bis 6 sowie 8 als umfassend tragfähige Konstatierungsgrundlage des bekämpften Schuldspruchkomplexes erweisen, trifft dies in Ansehung der weiteren Einzelfakten nicht zu. Was zunächst den am 3.August 1994 in Söll zum Nachteil eines Reisebüros verübten Einbruchsdiebstahl (Urteilsfaktum 1) anlangt, so gründet sich die erstgerichtliche Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten allein auf die Aussage des Zeugen Harald R*****, wonach er (selbst) im August 1994 in der Privatwohnung eines Bekannten ein Gespräch zwischen dem Wohnungsinhaber und dem Angeklagten zufällig mitgehört habe, in dem letzterer sinngemäß einen Anfang August 1994 in Söll durch "Abdrehen eines Schloßzylinders" verübten Einbruchsdiebstahl zugegeben hätte (41, 43, 199 f, 388/I; 79/II). Gegen diese Feststellungsgrundlage wird in der Tatsachenrüge (Z 5 a) zutreffend eingewendet, daß Harald R***** laut Urteilsgründen in der Zeit vom 29.Juli bis 9.September 1994 im Polizeigefangenenhaus Innsbruck eine Haftstrafe verbüßte (115/II), weshalb die von ihm behaupteten Wahrnehmungen schon nach ihren Begleitumständen mit den im vorliegenden Strafverfahren erzielten Beweisergebnissen nicht in Einklang zu bringen sind. Insbesondere weil Maria R***** nach den Beweisergbnissen vorübergehend auch zu Helmut H***** ein persönliches Naheverhältnis unterhielt, bestehen im Sinn der Beschwerdeargumentation erhebliche Bedenken gegen die nach den dargelegten Umständen in diesem Punkt - mangels jedweder Vorhalte - kritiklose tatrichterliche Akzeptanz der relevierten Zeugenangaben als für die Bejahung der Täterschuld allein entscheidende Grundlage.

Die Tatsachenrüge ist aber auch im Recht, soweit sie hinsichtlich des Urteilsfaktums 7 (versuchter Einbruchsdiebstahl in eine Gemischtwarenhandelung in Telfs) gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung eine nicht weniger gravierende Unterbewertung wesentlicher tatsächlicher Ungereimtheiten in den bezughabenden Verfahrensergebnissen geltend macht. Auf Basis der Angaben der Maria R*****, mit dem Angeklagten "nach Zirl" gefahren und "bei einem Lebensmittelgeschäft an der Bundesstraße" im Auto sitzen geblieben zu sein, während der Angeklagte die Eingangstüre des Geschäftslokals aufgebrochen habe (11/I), konnte nämlich das Erstgericht - ohne entsprechende Vorhalte bzw andere möglichen Aufklärungsinitiativen - nicht bedenkenlos darauf schließen, daß der Angeklagte den durch die sicherheitsbehördlichen Erhebungen objektivierten Versuch unternommen hat, in Telfs aus der in der Prof.Andreas Einbergerstraße 4 etablierten Gemischtwarenhandlung des Maximilian B***** durch Einbruch Bargeld zu entziehen. Bei derartig eklatanten Divergenzen zwischen objektivierten und verbal beschriebenen örtlichen Tatmodalitäten erweist es sich als unverzichtbar, über die bloße Vermutung eines allfälligen Wahrnehmungs- bzw Erinnerungsfehlers hinausgehende Aufklärungs- und Würdigungsaspekte in die für die Wahrheitsfindung bestimmenden Erwägungen miteinzubeziehen.

Daß Maria R***** ferner einräumte, in den Morgenstunden des 17. November 1994 für den Angeklagten H***** auftragsgemäß zwei Schloßzylinder beseitigt zu haben, vermag im Sinn des weiteren Vorbringens zur Tatsachenrüge die Schuldsprüche zu den Diebstahlsfakten 9 und 10 (in der Nacht zum 27.Oktober 1994 in Wattens verübte bzw versuchte Einbruchsdiebstähle zum Nachteil gastronomischer Unternehmen) für sich allein gleichfalls nicht bedenkenfrei zu tragen. Beschränkt sich doch der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen der vom Angeklagten angestrebten Beseitigung der Schloßzylinder und objektivierten Geschäftseinbrüchen, die für eine denkbare Zuordnung in Betracht kommen, allein auf das Urteilsfaktum 3 (in der Nacht zum 17.November 1994 verübter Gasthauseinbruch zum Nachteil der Anna Maria U*****), während gleichermaßen beweiskräftige Indizien, die den Angeklagten konkret in bezug auf die in Rede stehenden Geschäftseinbrüche in der Nacht zum 27.Oktober 1994 belasten würden, weder den Depositionen der Maria R***** noch sonstigen bisher erzielten Verfahrensergebnissen zu entnehmen sind.

Im bisher erörterten Umfang zeigt sich demnach (ohne daß dazu auf weitere Beschwerdeeinwände einzugehen wäre), daß in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde eine partielle Urteilsaufhebung und (weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat) die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (insoweit § 285 e StPO).

Im übrigen aber geht die Nichtigkeitsbeschwerde fehl.

Der (auch) das Diebstahlsfaktum A 3 betreffende Einwand (Z 5), das angefochtene Urteil widerlege die Behauptung des Angeklagten, die von Maria R***** erwähnten Schloßzylinder hätten sich schon lange vor dem 17. November 1994 bei den Häftlingsdepositen des Angeklagten befunden, mit einer gegenteiligen Auskunft der Depositenstelle der Justizanstalt Stein, obwohl diese in der Hauptverhandlung nicht erörtert worden sei, setzt sich über den aus Seite 81/II in Verbindung mit ON 64/II ersichtlichen Verlesungsvorgang hinweg, der gerade das relevierte Beweisstück betraf.

Zum versuchten Diebstahl von Bargeld durch Einbruch in den Frisiersalon der Veronika A***** in Zirl (richtig: Faktum A 2) geht das angefochtene Urteil der Mängelrüge (Z 5) zuwider ohnedies davon aus, daß die im PKW des Angeklagten sichergestellten Schloßzylinder nicht von der Eingangstür des in Rede stehenden Geschäftslokales stammten, vielmehr lediglich insofern ein beweiskräftiges Belastungsindiz gegen den Angeklagten darstellten, als sie vom Einbruchswerkzeug herrührende Kerbspuren aufwiesen, die jenem Spurenbild entsprachen, das auf dem im Geschäftsportal in Zirl zurückgebliebenen Zylinderteil festgestellt werden konnte (113, 117, 119/II).

Was im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) zu den Diebstahlsfakten 2 bis 6 und 8 vorgebracht wird, vermag insgesamt keine Bedenken gegen die Richtigkeit der diesen Schuldsprüchen zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachenfeststellungen zu erwecken. Dies gilt zunächst für den Beschwerdeversuch, den Beweiswert der Angaben des Zeugen Harald R***** aus der Sicht der vorübergehenden Zuwendung seiner geschiedenen Gattin Maria R***** zum Angeklagten als Ausdruck entsprechender Rachetendenzen generell zu problematisieren. Das Erstgericht hat auch diesen Aspekt in seine Würdigung der Verfahrensergebnisse miteinbezogen (ua 117/II) und seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten in den hier in Rede stehenden Fällen mängelfrei auf Beweisgrundlagen gestützt, die dazu jeweils eine dolose (oder auch nur gutgläubige) Falschbezichtigung des Angeklagten ausschließen. Im einzelnen genügt der Hinweis auf die - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - in den wesentlichen Punkten weitgehende Korrespondenz der Tatbeschreibungen durch Maria R***** mit den sicherheitsbehördlich objektivierten Modalitäten der inkriminierten Tathandlungen (Fakten A 4 und 5), das zeitliche Zusammentreffen des zum Nachteil der Anna Maria U***** verübten Einbruchsdiebstahls mit der von Maria R***** begründeten Initiative des in unmittelbarer Nähe des Tatortes aufhältig gewesenen Angeklagten zur Vernichtung ihn belastender Schloßzylinder (Faktum A 3), die Übereinstimmung der Einbruchsspuren auf dem im PKW des Angeklagten sichergestellten Schloßzylinder mit den Kerbspuren am Türschloß des Frisiersalons A***** in Zirl in Verbindung mit den von Maria R***** wiedergegebenen Gesprächseinlassungen des Angeklagten über seine zeitlich mit jenem Geschäftseinbruch korrespondierende Flucht (Faktum A 2), sowie ferner die objektive Erhärtung der von Harald R***** wiedergegebenen Tatbeschreibung der Maria R***** zu dem Einbruch in ein Friseurgeschäft im "oberen Montafon" durch die sicherheitsbehördlichen Erhebungsergebnisse (Faktum A 6). Auf der Basis des solcherart mehrfach bestätigten Realitätsbezuges der von Maria und Harald R***** eröffneten Tathinweise bestand für das Erstgericht auch kein faßbarer Anlaß, die den Angeklagten im Sinn des Schuldspruchs A 8 belastende Aussage der Maria R***** in Zweifel zu ziehen, mögen auch dazu die sicherheitsbehördlichen Erhebungen nach dem tatbetroffenen Geschädigten (mangels ausreichender örtlicher Zuordnung) ergebnislos verlaufen sein.

Im letzterörterten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285 d StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die (auch den Strafausspruch erfassende) Teilkassierung des angefochtenen Urteils zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.