JudikaturJustiz12Os100/88

12Os100/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. August 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.August 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Forsthuber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manfred D*** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1, Abs. 2 erster Fall StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes Innsbruck vom 17.Juli 1986, GZ 36 Vr 4130/83-30, sowie vom 11.September 1987, GZ 36 Vr 4130/83-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Tschulik, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschlüsse des Landesgerichtes Innsbruck verletzen das Gesetz, und zwar der vom 17.Juli 1986, in der Bestimmung des § 53 StGB, jener vom 11.September 1987, ON 52, in der Vorschrift des § 56 StGB.

Beide Beschlüsse werden aufgehoben, der Antrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 24.Juni 1987 (ON 46) auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht abgewiesen und die Strafe endgültig nachgesehen.

Text

Gründe:

I./ Aus den Akten 36 Vr 4130/83 des Landesgerichtes Innsbruck ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem in einem Vermerk gemäß § 458 Abs. 2, 488 Z 7 StPO beurkundeten Urteil eines Einzelrichters vom 10.Juli 1984, ON 13, wurde der am 2.Oktober 1956 geborene Manfred D*** des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1, Abs. 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu einer unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Gemäß § 50 StGB wurde ihm (formell ohne gesonderte Beschlußfassung) die Weisung erteilt, innerhalb der Probezeit zusätzlich zu den laufenden Unterhaltszahlungen den gesamten aushaftenden Unterhaltsrückstand vierteljährlich (also insgesamt 12 x) im Betrage von jeweils 5.653,75 S abzuzahlen und dies dem Gericht nachzuweisen. Mit rechtskräftigem Beschluß vom 17.Juli 1986, ON 30, sah das Landesgericht entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht ab, verlängerte die Probezeit aber (um zwei) auf fünf Jahre und änderte die Weisung inhaltlich ab. Mit rechtskräftigem Beschluß vom 11.September 1987, ON 52, sohin nach Ablauf der ursprünglichen (dreijährigen) Probezeit widerrief das Landesgericht Innsbruck die bedingte Strafnachsicht, weil der Verurteilte trotz förmlicher Mahnung am 27.Februar 1986 (vor dem Beschluß auf Verlängerung der Probezeit) aus bösem Willen der Weisung nicht nachgekommen sei.

Die Freiheitsstrafe wurde bisher allerdings nicht vollstreckt; die Entscheidung über einen Antrag auf Strafmilderung gemäß § 410 StPO (siehe ON 65, 66 und 67) ist offen.

II./ Die Beschlüsse vom 17.Juli 1986 und 11.September 1987 stehen mit dem Gesetz nicht im Einklang. Denn eine Verlängerung der Probezeit ist nur "im Falle des Absatzes 1", also bei neuerlicher Straffälligkeit innerhalb der Probezeit (§ 53 Abs. 2 StGB), nicht in jenem des § 53 Abs. 3 StGB (Nichtbefolgung einer Weisung) zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluß ON 30 verletzte das Gesetz daher in der Bestimmung des § 53 StGB.

Daraus folgt auch die Gesetzwidrigkeit des nach dem Ablauf der gesetzlich zulässig bestimmten Probezeit von drei Jahren ergangenen Beschlusses ON 52; nach Ablauf der Probezeit ist ein Widerruf aus dem Grunde des § 53 Abs. 3 StGB nämlich unter keinen Umständen zulässig (vgl. § 56 StGB).

Beide Gesetzesverletzungen wirkten sich zum Nachteil des Verurteilten aus, sodaß der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wie im Spruch Folge zu geben war.