JudikaturJustiz12Ns62/23y

12Ns62/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Januar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Jänner 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Drach in der Strafvollzugssache des * H* in dem zu AZ 48 BE 155/23g des Landesgerichts Salzburg und zu AZ 75 BE 123/23w des Landesgerichts Klagenfurt zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Strafvollzugssache ist vom Landesgericht Klagenfurt zu führen.

2. Dieses Verfahren wird dem Landesgericht Klagenfurt abgenommen und dem Landesgericht Salzburg delegiert.

Text

Gründe:

[1] Mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Vollzugsgericht vom 1. Juni 2023, GZ 75 BE 123/23w 4, wurde * H* mit Wirksamkeit zum 7. Juni 2023 aus einer in der Justizanstalt Klagenfurt verbüßten Freiheitsstrafe unter Anordnung der Bewährungshilfe bedingt entlassen (ON 8).

[2] Mit „Beschluss“ (vgl aber Oshidari , WK StPO § 38 Rz 1) vom 5. Oktober 2023 (ON 7) trat das Landesgericht Klagenfurt die Strafvollzugssache aufgrund der Wohnsitznahme des Verurteilten in Großarl an das Landesgericht Salzburg ab.

[3] Dieses erachtete sich wegen des erst in späterer Folge stattgefundenen Wohnsitzwechsels des Verurteilten zur Führung des gegenständlichen Verfahrens unzuständig und legte die Akten gemäß § 38 StPO iVm §§ 17 Abs 1 Z 3, 180 Abs 1 StVG dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den (negativen) Kompetenzkonflikt vor.

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

[4] Werden einem Verurteilten im Zusammenhang mit einer bedingten Entlassung Weisungen erteilt oder Bewährungshilfe angeordnet und nimmt der Verurteilte unmittelbar nach seiner (tatsächlichen) Entlassung seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel eines Landesgerichts, das nicht im selben Bundesland liegt wie das Vollzugsgericht, so ist jenes Landesgericht zur weiteren Führung der Vollzugssache zuständig, auch wenn – wie hier – die Rechtskraft der Entscheidung über die bedingte Entlassung und die damit im Zusammenhang stehende Anordnung bereits vor der tatsächlichen Entlassung eingetreten ist. Ein späterer Wohnsitzwechsel berührt die Zuständigkeit dagegen nicht (RIS Justiz RS0088481).

[5] Durch die Verlegung des Wohnsitzes des Verurteilten im September 2023 (ON 9), also mehrere Monate nach der tatsächlichen Entlassung, trat somit keine Änderung der Zuständigkeit zur (weiteren) Verfahrensführung ein.

[6] Da aber das Landesgericht Salzburg aufgrund des neuen Wohnsitzes des Verurteilten in der Lage ist, das Vollzugsverfahren mit geringerem Aufwand weiter zu führen, liegen wichtige Gründe im Sinn des § 39 Abs 1 StPO (iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG) für eine amtswegige Delegierung der Strafvollzugssache an dieses vor (vgl RIS Justiz RS0088481 [T3 und T4]).