JudikaturJustiz11Os79/05k

11Os79/05k – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. September 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. September 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Borivoje T***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Wels vom 24. Mai 2005, GZ 12 Hv 55/05t-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Borivoje T***** aufgrund des (einhelligen) Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB (1) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (2) schuldig erkannt.

Danach hat er

1. am 2. März 2005 versucht, Slobodan T***** durch einen Schuss aus der Selbstladepistole Mauser, Kaliber 7,65 Browning, Nr 517721, vorsätzlich zu töten, wobei die Tatvollendung nur deshalb unterblieb, weil sich die (geladene) Pistole nicht entsichern ließ, und

2. in der Zeit vom Jahr 1993 bis zum 2. März 2005 unbefugt die unter Punkt 1 angeführte, genehmigungspflichtige Faustfeuerwaffe besessen und geführt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 3, 5, 6, 8, 10a, 12 und 13 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Das Vorbringen, das Erstgericht habe die Protokolle über die ohne Beiziehung eines Dolmetschers erfolgten Vernehmungen des Beschwerdeführers im Vorverfahren zu Unrecht verlesen, ist schon aus formalen Gründen nicht geeignet, die Verfahrensrüge (Z 3) zu tragen, weil das Formalerfordernis der Verwahrung des Beschwerdeführers gegen die Verlesung nicht erfüllt ist (S 184). Entgegen der Beschwerde ist aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung in einigen (wesentlichen) Punkten von seinen früher abgelegten Aussagen abwich, keineswegs auf eine Verwahrung gegen die Verlesung - die im Übrigen ausdrücklich erfolgen muss (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 191) - zu schließen; vielmehr löst dies gemäß § 252 Abs 1 Z 2 StPO die Pflicht des erkennenden Gerichtes aus, die diesbezüglichen Protokolle zu verlesen.

Hinzu kommt, dass das Unterlassen der Zuziehung eines Dolmetschers zu einer Vernehmung nicht mit Nichtigkeitssanktion bedroht ist (Achhammer, WK-StPO § 38a Rz 14, Fabrizy StPO9 § 163 Rz 1), somit als Anfechtungsgrundlage der Rüge aus Z 3 schon grundsätzlich ausscheidet. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass nach der Aktenlage der Beschwerdeführer gegenüber den vernehmenden Gendarmeriebeamten nicht die Beiziehung eines Dolmetschers begehrte (ON 2), er vor der Untersuchungsrichterin erklärte, der deutschen Sprache hinreichend mächtig zu sein (S 59), und aus den Protokollinhalten (S 35 - 43, ON 3) keine Verständigungsschwierigkeiten abzuleiten sind.

Die Erklärung, das Beschwerdevorbringen aus Z 3 auch zum Inhalt der weiteren Verfahrensrüge (Z 5) zu erheben, entzieht sich mangels diesbezüglicher Antragstellung in der Hauptverhandlung einer inhaltlichen Erledigung.

Der Einwand der Fragenrüge (Z 6), es seien „in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden", die eine Fragestellung in Richtung des Vergehens der gefährlichen Drohung (§ 107 StGB) indiziert hätten, enthält keine Bezugnahme auf konkrete Verfahrensergebnisse und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Das Vorbringen, die Hauptfrage nach dem Verbrechen des versuchten Mordes sei den Geschworenen - ausgehend von den Ergebnissen des Erkenntnisverfahrens - zu Unrecht gestellt worden, lässt jede Begründung dafür vermissen, aus welchem Grund in concreto - entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des ersten Satzes des § 312 Abs 1 StPO - keine der Anklage entsprechende Frage an die Geschworenen zu richten gewesen sein soll, und verfehlt solcherart die logische Ableitung aus dem Gesetz.

Mit dem - im Übrigen nicht der Aktenlage entsprechenden (ON 37) - Argument der Instruktionsrüge (Z 8), dem Protokoll über die Hauptverhandlung sei keine Ausfertigung der den Geschworenen erteilten Rechtsbelehrung angeschlossen, wird ein aus Z 8 beachtlicher Mangel inhaltlich nicht einmal behauptet. Die Tatsachenrüge (Z 10a) beschränkt sich darauf, aus der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers in Verbindung mit eigenständiger Interpretation seiner (dieser widersprechenden) Depositionen im Vorverfahren und der aktendifformen Behauptung, das Beweisverfahren liefere keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beschwerdeführer habe versucht, die Tatwaffe zu entsichern (s insbesonders S 176, 178 bis 182), urteilsfremde Schlüsse abzuleiten, und ist solcherart nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Subsumtionsrüge (Z 12, nominell verfehlt auch Z 13) baut auf der dem Wahrspruch widersprechenden Prämisse auf, es wäre dem Beschwerdeführer möglich gewesen, die Tatwaffe zu entsichern, und bringt somit die Beschwerde nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.