JudikaturJustiz11Os63/84

11Os63/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Juni 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Juni 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter (Berichterstatter), Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Diexer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jakob A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 25. Jänner 1984, GZ 11 a Vr 580/83-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Morent zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der (nach Anlaßtaten des schweren Diebstahls durch Einbruch und schweren Betruges) seit 15. Oktober 1981 gemäß dem § 23 StGB in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter untergebrachte Jakob A des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1

StGB schuldig erkannt, weil er am 1. Juli 1983 in der Sonderanstalt Sonnberg den ebenfalls dort angehaltenen Alois B durch die Äußerung:

'Jetzt fahr ich dir hinein', wobei er ihm mit einem ca. 22 cm langen Stemmeisen in der Hand nachgelaufen war, gefährlich bedrohte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer von ihm auf die Z 5 und 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit darin nominell unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund gerügt wird, das Erstgericht lasse unbegründet, worin einerseits der 'überaus gute' Eindruck (in bezug auf die Glaubwürdigkeit) zweier Zeugen, auf welche es seine Feststellungen stützt, und andererseits der (negative) persönliche Eindruck bestanden habe, den es vom Angeklagten gewann und der es dessen leugnender Verantwortung nicht folgen ließ, wird lediglich in unzulässiger Weise die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft. Der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider entsprach das Erstgericht mit der Bezugnahme auf seinen von den Zeugen C und D einerseits und vom Angeklagten A andererseits gewonnenen persönlichen Eindruck, der sich ja als solcher gemeiniglich nicht restlos analysieren und in Worten wiedergeben läßt, seiner gesetzlichen Begründungspflicht (§ 258 Abs. 2, 270 Abs. 2 Z 5

StPO; vgl. bei Mayerhofer-Rieder, E Nr 134 ff zur letzteren

Gesetzesstelle;

SSt 52/31 u.a.).

Die weiteren Beschwerdeeinwendungen aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO entbehren teils einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung dieses materiellen Nichtigkeitsgrundes, zum andern sind sie inhaltlich nicht berechtigt:

Zunächst werden mit dem Einwand, es sei nicht durch die Feststellungen gedeckt, wenn das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung davon ausgehe, daß der Angeklagte ein 22 cm langes Holzstemmeisen gegen den Bedrohten 'geführt' habe, und das Erstgericht habe auch die Äußerung: 'Jetzt fahr ich dir hinein' als bloße milieubedingte Unmutsäußerung gewertet (S 115 d.A), Teile des vom Erstgericht tatsächlich als erwiesen angenommenen gesamten Sachverhaltes willkürlich aus dem Zusammenhang gelöst. Nach den Urteilsannahmen hatte nämlich der durch ein vorangehendes Verhalten des B 'überaus erboste' Angeklagte A das Stemmeisen derart in seine linke Hand genommen, daß die Spitze nach oben zeigte, und war damit unter der erwähnten wörtlichen Drohung drei bis vier Meter weit B nachgelaufen, bis jener infolge der Örtlichkeit nicht weiter zurückweichen konnte (S 113, 115 d.A). Unter Zugrundelegung dieses gesamten Tatverhaltens erachtete das Erstgericht aber die (als Rechtsfrage objektiv zu beurteilende) Eignung der Drohung, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und die Wichtigkeit des angedrohten übels begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z 5 StGB), zu Recht für gegeben (SSt 52/54 u.a.). Denn unter solchen Umständen konnte der Bedrohte auch bei unbefangener Betrachtung der Situation durchaus den Eindruck gewinnen, der Angeklagte sei in der Lage und willens, die jedenfalls als solche mit einer gravierenden Verletzung am Körper zu verstehende Drohung zu verwirklichen. Daß aber eine Stichführung an sich auch möglich ist, wenn - wie hier - der Drohende das Werkzeug (Stemmeisen) mit der Spitze nach oben hält, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Mit den übrigen Ausführungen, in welchen die Absicht des Angeklagten A, Alois B in Furcht und Unruhe zu versetzen, bestritten und die wörtliche Drohung als bloße milieubedingte Unmutsäußerung zu deuten versucht wird, entfernt sich der Beschwerdeführer von den Feststellungen des Ersturteils, denen zufolge auch die Tat frage der Absicht im Sinn des § 107 Abs. 1 StGB (SSt 52/54 u.a.) bejaht wurde (S 114, 116 d.A). Mit seinem gegenteiligen Vorbringen vergleicht daher der Beschwerdeführer nicht den Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz und bringt somit den von ihm angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Sohin war die Nichtigkeitsbeschwerde teils als nicht begründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt zu verwerfen. über den Angeklagten wurde nach dem § 107 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verhängt. Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung die einschlägige Vorstrafe als erschwerend; den rauschähnlichen Zustand des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat und den Umstand, 'daß im Rahmen des Maßnahmenvollzuges für die Angehaltenen doch eine höhere Nervenanspannung besteht', hingegen als mildernd.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung des Strafausmaßes.

Die Staatsanwaltschaft Korneuburg strebt mit ihrer Berufung eine Straferhöhung an.

Beide Berufungen sind nicht berechtigt.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz - entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft - im wesentlichen zutreffend erfaßt.

Dem Angeklagten hinwieder kann nicht gefolgt werden, wenn er vorbringt, der Bedrohte (Alois B) habe 'das Maß der notwendigen Reaktion eindeutig überschritten', und darin einen weiteren Milderungsgrund erblickt; ging doch die Provokation letztlich vom Angeklagten aus (S 112 d.A).

Allerdings hat das Erstgericht übersehen, die eigene schwere Verletzung des Angeklagten, die dieser durch die Abwehrhandlung BS erlitt, als mildernd in Rechnung zu stellen.

Unter all diesen Aspekten erweist sich aber das vom Schöffensenat gefundene Strafausmaß als schuldadäquat. Zu seiner Korrektur besteht - nach keiner Richtung - ein Anlaß.

Mithin konnte auch den Berufungen kein Erfolg be schieden sein. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die zitierte Gesetzesstelle.

Rechtssätze
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