JudikaturJustiz11Os54/05h

11Os54/05h – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juli 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juli 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wagner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Durim K***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Linz vom 28. Jänner 2005, GZ 28 Hv 190/04g-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Durim K***** der Verbrechen (zu 1) des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB und (zu 2) der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er

(1) am 23. Dezember 2002 in Haid gemeinsam mit Husen S***** und Eset Ko***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, nämlich einer Gaspistole, und zwar dadurch, dass K***** einen Schuss abfeuerte und er und Ko***** äußerten: „Das ist ein Überfall, Hände hoch, Geld heraus!", versucht, Erich Ka***** Bargeld mit dem Vorsatz abzunötigen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

(2) am 3. Oktober 2003 in Linz versucht, Christian P***** absichtlich eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zuzufügen, indem er ihm mit einer ca. 1 m langen Eisenstange von hinten einen wuchtigen Schlag auf den Kopf versetzte, wodurch der Genannte eine ca. 6 cm lange Rissquetschwunde erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 4, 5, 6, 8, 9 und 12 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl. Mit der Behauptung, durch die Art der Verhandlungsführung des Schwurgerichtshofes, insbesondere die wiederholte Unterbrechung der Hauptverhandlung zum Zweck einer amtswegig veranlassten Besprechung des Angeklagten mit seinem Verteidiger über seine weitere Verantwortung, sei eine Beeinflussung der Geschworenen zum Nachteil des Angeklagten erfolgt, weshalb diesem kein iSd Art 6 EMRK faires Verfahren zugute gekommen sei, zeigt die Beschwerde zum einen keinen Verstoß gegen eine der in § 345 Abs 1 Z 4 StPO taxativ aufgezählten Gesetzesbestimmungen auf, wobei eine allfällige - durch die Unterbrechung der Verhandlung zur Ermöglichung einer Besprechung des Angeklagten mit seinem Verteidiger aber gerade nicht gegebene (vgl Danek, WK-StPO § 273 Rz 10) - Verletzung des § 273 StPO nicht mit Nichtigkeit bedroht ist. Zum anderen vermag sie sich aber auch auf keinen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag oder Widerspruch zu stützen, durch dessen Abweisung oder Nichterledigung Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden wären (§ 345 Abs 1 Z 5 StPO).

Ein allfälliger Verstoß gegen § 245 Abs 1 zweiter Satz StPO ist nicht mit Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 4 StPO bedroht. Im Übrigen ist nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls die entsprechende Belehrung des Angeklagten ohnehin erfolgt und hat dieser auch eine zusammenfassende Darstellung seiner Verantwortung abgegeben (S 58 f/II).

Auch eine Verletzung des § 248 Abs 4 StPO steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (Fabrizy StPO9 § 248 Rz 2). Die Beschwerdebehauptung, wonach der Angeklagte keine Gelegenheit gehabt hätte, zu einzelnen Zeugenaussagen Stellung zu nehmen, ist im Übrigen aktenwidrig (vgl S 72, 91, 92, 100/je II).

Ein Verstoß gegen § 250 Abs 1 erster Satz StPO bewirkt ebenfalls keine Nichtigkeit nach Z 4. Im Übrigen sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vernehmung eines Zeugen in Abwesenheit des Angeklagten - der Beschwerde zuwider - nicht nur dann gegeben, wenn der Zeuge ausdrücklich angibt, sich vor dem Angeklagten zu fürchten, sondern in allen Fällen, in denen ein Abtreten des Angeklagten im Interesse der Wahrheitsfindung zur Erzielung unbefangener Aussagen erforderlich erscheint (vgl Fabrizy StPO9 § 250 Rz 1). Grundlage für diese Annahme kann durchaus - wie hier - eine unberechtigte Aussageverweigerung des Zeugen sein.

Die in Abwesenheit des Angeklagten abgelegte Aussage des Zeugen Eset Ko***** wurde dem Angeklagten - der Beschwerde zuwider - nach dem nicht bemängelten Hauptverhandlungsprotokoll gem § 250 Abs 1 zweiter Satz StPO zur Kenntnis gebracht (S 100/II).

Ein Verstoß gegen § 249 StPO ist nicht nichtigkeitsbedroht. Dem in seiner Ausübung des Fragerechts gehinderten Verteidiger stünde es frei, sich mit entsprechenden Anträgen an den Schwurgerichtshof dagegen zur Wehr zu setzen. Im Übrigen hat der Verteidiger nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls von seinem Fragerecht durchgehend Gebrauch machen können (S 62, 64, 68, 70, 73, 75, 76, 78, 82 f, 86 f, 91 f, 99 f/je II).

Der Fragenrüge (Z 6) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, der zufolge er einen Verletzungsvorsatz zum Schuldspruch 2 in Abrede gestellt hat (S 65/II), aktenwidrig darstellt.

Die Forderung nach einer Eventualfrage in Richtung § 142 Abs 2 StGB zum Schuldspruch 1 vernachlässigt die - nach dem klaren Gesetzeswortlaut die Privilegierung ausschließende - unstrittige Verwendung von Waffen bei der Tat.

Die im Zusammenhang damit vorgebrachte Instruktionsrüge (Z 8) bezieht sich nicht auf eine tatsächlich den Geschworenen gestellte Frage (§ 321 Abs 2 StPO).

Die Rüge nach Z 9 entbehrt mit der nicht näher konkretisierten Behauptung, die Antworten der Geschworenen „auf die gestellten Fragen" seien „kurz, unpräzise und undeutlich" gewesen, einer prozessordnungsgemäßen Darstellung.

Die Subsumtionsrüge (Z 12) geht mit der Behauptung, es wäre zum Schuldspruch 1 lediglich „minderschwerer Raub" vorgelegen, nicht vom - unter anderem die Verwendung einer Waffe beinhaltenden - Wahrspruch der Geschworenen aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.