JudikaturJustiz11Os34/79

11Os34/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Juni 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Ludwig A und andere wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ludwig A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Dezember 1978, GZ 6b Vr 2799/78-101, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem unter Punkt I/A bezeichneten Schuldspruch des Angeklagten A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB und demzufolge auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Ludwig A auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26. Juni 1940 geborene, nach seiner Darstellung zuletzt als Hilfsarbeiter (Spengler) beschäftigt gewesene Ludwig A des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147

Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil er am 12. August 1977 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der B C S***C*** unter der Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit und durch Vorlage einer unrichtigen Gehaltsbestätigung der Firma Oskar D sowie durch unrichtige Angaben in der Selbstauskunft, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Zuzählung eines Darlehens in der Höhe von 195.000 S, demnach zu einer Handlung verleitet hatte, die dieses Geldinstitut am Vermögen schädigte, wobei der durch die Tat herbeigeführte Schaden 100.000 S überstieg (Punkt I/A des Urteilssatzes).

Mit demselben Urteil wurden überdies die Mitangeklagten Ferdinand E und Oskar D auf Grund des von ihnen zur vorerwähnten Tat des Angeklagten A geleisteten sonstigen Tatbeitrages, der bei Ferdinand E in der Vermittlung und bei Oskar D in der Ausstellung der vom Angeklagten A bei der Tatbegehung benützten, inhaltlich unrichtigen Gehaltsbestätigung bestand, und zwar der Mitangeklagte Ferdinand E ausschließlich deshalb, der Mitangeklagte Oskar D auch noch infolge seiner Beteiligung an einem weiteren, vom Mitangeklagten Harald F am 18. August 1976 zum Nachteil des G H KONSUMENTEN- I J, reg.Gen.m.b.H., verübten Kreditbetrug mit einer Schadenshöhe von 50.000 S (Punkt I/B/2 des Urteilssatzes) durch Ausstellung einer inhaltlich unrichtigen Gehaltsbestätigung (auch) für Harald F gleichfalls des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB als Beteiligte nach dem § 12 (dritte Alternative) StGB (Punkt II/A und II/B/1 des Urteilssatzes), Oskar D überdies auch noch in insgesamt elf Fällen des Vergehens nach dem § 48 KWG, zum Teil als Beteiligter nach dem § 12 StGB (Punkt II/B/2, III/ und IV/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Während die Mitangeklagten die sie treffenden Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen ließen, bekämpft der Angeklagte Ludwig A seinen Schuldspruch mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerdeausführungen zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund erweisen sich zwar, soweit sich diese gegen die nach den Urteilsannahmen durch Vorlage einer unwahren Gehaltsbestätigung bewirkte Täuschung richten, ebenso wie seine gesamte Rechtsrüge als nicht begründet, weil die Feststellung einer Täuschungshandlung, die u. a. darin bestand, daß er in Kenntnis der (vom Mitangeklagten E veranlaßten) Vorlage dieser unwahren Gehaltsbestätigung den Kreditvertrag mit der B C S***C*** unterfertigte (vgl. Band II, S. 315 und 325 d. A), in den (auch aktenmäßig gedeckten) ausdrücklichen Hinweisen im Ersturteil auf die für glaubwürdig erachtete Darstellung des Mitangeklagten Ferdinand E und der Zeugin Elfriede K entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde eine ausreichende und somit mängelfreie Begründung findet (vgl. Band II, S. 324 bis 329 d. A), und der Beschwerdeführer sich in Ausführung der Rechtsrüge über die Urteilsfeststellungen hinwegsetzt und somit die behaupteten Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs 1 StPO nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt.

Hingegen ist seiner gegen die Annahme eines Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes gerichteten Mängelrüge Berechtigung zuzuerkennen, mit der er dem Ersturteil insoweit eine Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO bewirkende Unvollständigkeit zum Vorwurf macht. Der Beschwerdeführer verantwortete sich nämlich sowohl vor der Polizei als auch vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung in Bestreitung eines Schädigungsvorsatzes bei der Darlehensaufnahme u. a. stets damit, bedingt durch einen Verkehrsunfall im November 1977, bei dem ein ihm gehörendes Fahrzeug samt Anhänger und ein darauf befindlicher Neuwagen schwer beschädigt worden seien, einen finanziellen Verlust von 160.000 S erlitten zu haben, der ihn veranlaßte, sein Unternehmen (gemeint: die schon vorher von ihm gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin Elfriede K gegründete Ges.m.b.H.) wieder stillzulegen und (im Jänner 1978) um Stundung der Ratenzahlungen bei der B C S***C*** für die Dauer von drei Monaten anzusuchen, die ihm auch gewährt worden sei (vgl. Band I S. 70, 144/145 in ON 3 und Band II, S. 247 d. A). Diese Behauptung (hinsichtlich des angeblich folgenschweren Unfalles) blieb, wie vom Beschwerdeführer zutreffend aufgezeigt wird, im Ersturteil völlig unerörtert.

Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß einem solchen Geschehen, wäre es als erwiesen anzusehen, eine gewisse Bedeutung für die Bejahung oder Verneinung des - hier nur aus den (äußeren) Umständen des Falles erschlossenen - Schädigungsvorsatzes des Angeklagten nicht von vornherein abgesprochen werden kann. Demgemäß wäre das Erstgericht verpflichtet gewesen, sich auch mit diesem Vorbringen des Angeklagten in den Gründen seiner Entscheidung zu befassen.

Die unterbliebene Erörterung läßt das Urteil im Schuldspruch zu I A des Urteilssatzes mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO behaftet erscheinen.

Da sich zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht einzutreten hat, war das bekämpfte Urteil im Umfange der Anfechtung - mit Zustimmung der Generalprokuratur - gemäß dem § 285 e StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben und spruchgemäß zu erkennen.

Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.