JudikaturJustiz11Os31/98

11Os31/98 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Mai 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Mai 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Maschl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Z 1, Z 2, Z 3, 130 erster und vierter Fall, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 11.November 1997, GZ 16 Vr 1803/97-19, sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gemäß § 494 a Abs 4 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Plöchl, des Bewährungshelfers Grünwald und des Verteidigers Dr.Schöll, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Wolfgang H***** betreffenden Strafausspruch - jedoch unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft - und demzufolge auch der gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßte Widerrufsbeschluß aufgehoben und in diesem Umfang gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

(I) Wolfgang H***** wird für das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, 15 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB unter gleichzeitiger Straffestsetzung zu dem mit Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 4. April 1996, AZ 2 U 5/96, ergangenen Schuldspruch

zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 (vierzehn) Monaten

verurteilt.

Gemäß § 43 a Abs 3 StGB wird ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölfeinhalb Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

(II) Gemäß § 494 a Abs 1 Z 3 StPO kommt im Verfahren AZ 2 U 5/96 des Bezirksgerichtes Villach ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht.

(III) Gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO wird die zum Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 13.Februar 1997, AZ 16 E Vr 1647/96 gewährte bedingte Strafnachsicht eines Teiles der Geldstrafe von 70 Tagessätzen je 50 S widerrufen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch eine in Rechtskraft erwachsene Verurteilung des Mittäters Nikolaus R***** enthält, wurde der am 24. August 1978 geborene Wolfgang H***** (I und II) des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 3 (richtig: Z 2), 129 Z 1, Z 2, Z 3, 130 erster und vierter Fall StGB, teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, schuldig erkannt. Er wurde hiefür unter Bedachtnahme auf §§ 28 StGB und 5 (Z 4) JGG und unter gleichzeitiger Straffestsetzung zu dem mit Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 4.April 1996, AZ 2 U 5/96, ergangenen Schuldspruch zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der die Anklagebehörde rügt, daß das Jugendschöffengericht bei der Bemessung der über den Angeklagten verhängten Strafe in verfehlter Anwendung des § 5 Z 4 JGG von einer bloß bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafdrohung ausging (US 9), kommt Berechtigung zu.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes verübte der Angeklagte lediglich die zu Punkt I A 1 und (mangels Bestimmbarkeit der exakten Tatzeit) zu Punkt I b a des Schuldspruchs angeführten Diebstähle vor Vollendung des neunzehnten Lebensjahres, bei Begehung der weiteren siebzehn, zum Großteil durch Einbruch qualifizierten Diebstahlsfakten hatte er jedoch das neunzehnte Lebensjahr bereits vollendet. Hat aber der Täter Straftaten teils vor, teils nach seinem neunzehnten Geburtstag begangen, so sind bei der Prüfung gemäß § 28 StGB jene Strafdrohungen einander gegenüberzustellen, die sich nach dem jeweiligen Lebensalter des Täters zur Tatzeit nach dem Gesetz (§ 5 JGG) ergeben. Handelt es sich jedoch um Straftaten, für die der Zusammenrechnungsgrundsatz des § 29 StGB gilt, so bilden diese jedenfalls eine Subsumtionseinheit (15 Os 106/89, 12 Os 1/91, 13 Os 174/93, 13 Os 99/94; Mayerhofer/Rieder Nebenstrafrecht3, JGG § 5 E 11 a, 12).

Dementsprechend bestimmt sich im gegebenen Fall die Strafdrohung nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB, wobei für eine Anwendung der bloß für Jugendstraftaten geltenden Sonderbestimmung des § 5 JGG schon deshalb kein Raum bleibt, weil die strafsatzbestimmende Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung der (nach § 129 StGB qualifizierten) Diebstähle nach § 130 zweiter Satz StGB bei denjenigen Fakten gegeben ist, die der Angeklagte nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahres begangen hat.

Die rechtsirrige Anwendung des § 5 JGG hat selbst dann die Nichtigkeit des Urteils im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO zur Folge, wenn die dabei verhängte Strafe innerhalb jenes Strafrahmens liegt, der richtigerweise anzuwenden gewesen wäre (Jesionek/Held, JGG 1988 § 5 Z 2 bis 4 Anm 6 mwN; 15 Os 106/98, 13 Os 99/94). Im gegebenen Fall wurde die Strafe sogar außerhalb des gesetzlichen Strafrahmens des § 130 zweiter Satz StGB bemessen, sodaß sich schon daraus die Nichtigkeit des Strafausspruches erweist.

Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Strafausspruch sowie der damit im Zusammenhang stehende Widerrufsbeschluß gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO aufzuheben und mit Strafneubemessung vorzugehen, worauf die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung zu verweisen war.

Bei der durch die Aufhebung des Strafausspruchs erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall und die zweifache Qualifikation zum Verbrechen, als mildernd das volle und reumütige Geständnis, das Alter unter 21 Jahren, die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung des Diebsgutes und den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist.

Unter Abwägung der Zahl und des Gewichtes der aufgezählten Strafzumessungsgründe sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) erachtete der Oberste Gerichtshof die im Spruch genannte Freiheitsstrafe für tatschuldangemessen.

Berücksichtigt man den raschen Rückfall, die Aggravierung des Deliktspotentials und die Wirkungslosigkeit eines Teilvollzuges einer Geldstrafe, so ist auch der teilweise Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe erforderlich, um den Erfordernissen der Spezialprävention Genüge zu tun und dem Rechtschutzbedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen.

Der Widerruf der dem Angeklagten H***** gewährten bedingten Strafnachsicht des im Spruch genannten Urteils war aus den vom Erstgericht zutreffend angeführten Gründen auszusprechen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.