JudikaturJustiz11Os124/94

11Os124/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Oktober 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Oktober 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Hobel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wilhelm Franz L***** wegen des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Hauptzollamtes Linz als Privatbeteiligter gemäß § 200 Abs 2 lit a FinStrG gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 22.April 1994, GZ 29 Vr 2747/93-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Raunig, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Wolfgang Broesigke zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im freisprechenden Teil unberührt bleibt, im übrigen - Schuldspruch des Wilhelm Franz L***** laut Punkt B des Urteilssatzes - aufgehoben; gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Wilhelm Franz L***** wird von der Anklage, er habe am 11.Dezember 1989 in L*****, ohne den Tatbestand des Schmuggels zu erfüllen, vorsätzlich unter Verletzung der in § 52 ZollG und § 119 BAO normierten abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben in der Höhe von 60.302 S (Einfuhrumsatzsteuer 59.742 S und Außenhandelförderungsbeitrag: 560 S) dadurch bewirkt, daß er Adolf K***** dazu bestimmte, daß dieser anläßlich der Verzollung eines Flugzeuges der Marke ""Piper PA 28-201T-4" im Wert von 92.000 DM am 20.Dezember 1989 beim Zollamt L*****, Zweigstelle Flughafen, eine unterfakturierte Rechnung über

65.500 DM einreichte, gemäß § 214 Abs 1 FinStrG freigesprochen.

Das Hauptzollamt L***** wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen auf § 259 Z 3 StPO gestützten (rechtskräftigen) Freispruch des Mitangeklagten Alfred Josef Z***** vom Anklagevorwurf in Richtung §§ 11, 35 Abs 2 FinStrG enthält, wurde Wilhelm Franz L***** des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG schuldig erkannt und hiefür zu einer (bedingt nachgesehenen) Geldstrafe sowie zu einer Wertersatzstrafe verurteilt. Ferner stellte das Erstgericht gemäß § 53 Abs 4 zweiter Satz FinStrG fest, daß mit dieser Verurteilung nur die Folgen einer Ahndung durch die Finanzstrafbehörde verbunden sind.

Dieses Urteil wird vom Hauptzollamt Linz (§ 200 FinStrG) im Ausspruch über die Wertersatzstrafe mit einer nominell auf die Z 5 und 11 (sachlich nur Z 11) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung bekämpft.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 290 Abs 1 StPO davon überzeugt, daß der vorliegende Schuldspruch zum Nachteil des Angeklagten L*****, der gegen das Urteil kein Rechtsmittel ergriffen hat, mit dem von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet ist.

Nach den für den Schuldspruch maßgeblichen Urteilsfeststellungen ließ sich Wilhelm Franz L***** Ende 1989 bei der Verzollung eines von ihm in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen und anschließend nach Österreich eingeführten Flugzeuges von dem - auch wegen des Verdachtes weiterer Hinterziehungshandlungen im Sinn des § 35 Abs 2 FinStrG - abgesondert verfolgten Adolf K***** vertreten. Letzterer gab dabei im Einverständnis mit L***** (am 20.Dezember 1989) gegenüber dem Hauptzollamt Linz insofern eine unvollständige Abgabenerklärung ab, als er lediglich den Nettokaufpreis des Flugzeuges deklarierte, die für die eingebaute Avionik bezahlte zusätzliche Kaufsumme aber unerwähnt ließ. Da das Schöffengericht als erwiesen annahm, daß Wilhelm Franz L***** im Zeitpunkt der Abgabenerklärung durch K***** auf Grund eines ihm nicht vorwerfbaren Rechtsirrtumes noch gutgläubig war und die Unvollständigkeit dieser Abgabenerklärung erst nachträglich, nämlich im Verlauf des Jahres 1990, erkannte, erachtete es den Tatbestand nach § 35 Abs 2 FinStrG - anders als die von einer Beteiligung des Wilhelm Franz L***** (im Wege einer Bestimmungstäterschaft) an der Tat des Adolf K***** ausgehende Anklage - erst durch den (schließlich die Verkürzung von Eingangsabgaben in der Gesamthöhe von S 60.154,-- bewirkenden) Verstoß des Genannten gegen seine Pflicht zur Berichtigung der erwähnten mangelhaften Abgabenerklärung für erfüllt (vgl hiezu Dorazil-Harbich Komm zum FinStrG, § 35, Pkt 9).

Damit fehlt es aber an der hier allein auf die Bestimmung des § 53 Abs 4 FinStrG gestützten gerichtlichen Kompetenz zur Durchführung des Strafverfahrens gegen Wilhelm Franz L*****. Darnach begründet die Zuständigkeit des Gerichtes zur Durchführung des Strafverfahrens gegen den (unmittelbaren) Täter auch dessen Zuständigkeit für die Durchführung des Strafverfahrens gegen die anderen vorsätzlich an der Tat beteiligten Personen. Eine solche - für Bestimmungstäter und sonstige Tatbeteiligte im Sinn des § 11 zweiter und dritter Fall FinStrG geltende - objektive Konnexität ist aber einer zwischen der Tat des abgesondert verfolgten Adolf K***** (als unmittelbaren Täters) und dem erst wesentlich später einsetzenden strafbaren Verhalten des Wilhelm Franz L***** auf Grund der Urteilsfeststellungen nicht gegeben. Demgemäß liegen die Voraussetzungen des § 53 Abs 4 (erster Satz) FinStrG nicht vor, sodaß es an der Zuständigkeit des Gerichts zur Durchführung des Strafverfahrens gegen Wilhelm Franz L***** mangelt.

Die durch die verfehlte Inanspruchnahme gerichtlicher Zuständigkeit begründete materielle Nichtigkeit (Z 9 lit a) erforderte sohin die Kassierung des Schuldspruches des Wilhelm Franz L*****.

Damit wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Hauptzollamtes Linz gegenstandslos, weshalb sich ein Eingehen auf deren Vorbringen erübrigt.