JudikaturJustiz11Os105/13w

11Os105/13w – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. September 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Bogumila W***** wegen Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Geschworenengericht vom 11. April 2013, GZ 16 Hv 2/13t 305, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Bogumila W***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (A), des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (B) und des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat sie

A) nachgenannte Personen durch die wiederholte Verabreichung toxischer Arsen Mengen getötet, und zwar

1.) zwischen Anfang Februar und Ende September 2010 in Wien Herbert A***** durch zumindest drei Arsengaben, wodurch er infolge einer Arsenvergiftung, gefolgt von einer Entmarkungskrankheit des peripheren Nervensystems und einer Geschwürbildung des Magens mit Perforation, infolge einer Bauchfellentzündung mit Herzkreislaufversagen am 15. Oktober 2010 eines gewaltsamen Todes starb;

2.) zwischen Ende November 2010 und Anfang Jänner 2011 in S***** Alois F***** durch zumindest zwei Arsengaben, wodurch er infolge einer Arsenvergiftung, gefolgt von einer Knochenmarkschädigung und einer Lungenentzündung, am 14. Februar 2011 an Herzkreislaufversagen eines gewaltsamen Todes starb;

B) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, Witwe zu sein, eine Lebensgemeinschaft mit ihnen zu führen und durch ihre Pflege für ihre Genesung und ihr Wohlbefinden zu sorgen, obwohl sie ihnen bereits toxische Mengen von Arsen verabreicht hatte, die plangemäß zu ihrem Tod führen sollten, sowie durch die Vorgabe, zahlungsfähige und zahlungswillige Käuferin zu sein oder einen zahlungsfähigen und zahlungswilligen Käufer zu vermitteln, obgleich nach dem Tatplan der Kaufpreis nicht bezahlt werden sollte, zu Handlungen verleitet, die diese an ihrem Vermögen schädigten, wobei sie einen Gesamtschaden in der Höhe von mehr als 50.000 Euro herbeiführte, und zwar

1.) Herbert A***** in Wien

a) am 19. April 2010 zur Unterfertigung eines Schenkungsvertrags zu ihren Gunsten über seine Wohnung im Wert von 65.000 Euro;

b) am 8. Mai 2010 zur Überlassung eines Pkw Marke Mercedes Benz B200 DI im Wert von zumindest 14.850 Euro an den abgesondert verfolgten Tadeusz W*****;

c) am 12. Juli 2010 zur Überlassung seines Mobilheims in S***** um 8.000 Euro an den abgesondert verfolgten Michal W*****;

2.) am 7. Jänner 2011 in S***** Alois F***** zur Überlassung seines Pkws Marke Chevrolet Aveo im Wert von zumindest 5.000 Euro an sie selbst;

C) zwischen März 2011 und Ende März 2012 dem Karl K***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Briefmarkensammlung, in einem nicht mehr feststellbaren, 3.000 Euro übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Die Geschworenen hatten die an sie gerichteten sieben Hauptfragen bejaht; weitere Fragen waren ihnen nicht vorgelegt worden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten aus § 345 Abs 1 Z 8 und 10a StPO.

Die Instruktionsrüge (Z 8) erkennt selbst, dass das Begehren nach Aufnahme einer die Tatfrage betreffenden Information der Geschworenen zum sogenannten Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) in die schriftliche Rechts belehrung der Laienrichter auf § 321 StPO nicht gestützt werden kann, ja mit dieser Norm in unauflöslichem Widerspruch steht, womit die Beschwerde einer methodisch korrekten Ableitung aus dem Gesetz entbehrt.

Der Oberste Gerichtshof sieht sich so sei der Vollständigkeit halber bemerkt auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Judikatur des EGMR ( Judge gegen Vereinigtes Königreich; Taxquet gegen Belgien) aufgrund der in keiner Weise vergleichbaren prozessualen Lagen nicht veranlasst, von seiner bisherigen Judikatur (RIS Justiz RS0098508) abzugehen, zumal die Darlegung von Beweisgrundsätzen ihren Platz in der mündlichen Besprechung gemäß § 323 Abs 2 StPO hat ( Philipp , WK StPO § 321 Rz 15).

Das Vorbringen zur Tatsachenrüge (Z 10a) verkennt gleichermaßen die Rechtslage zum Anfechtungsumfang dieses Nichtigkeitsgrundes: Die erheblichen Bedenken sind durch präzise Hinweise auf in den Akten enthaltenen Umständen zu entwickeln. Die Behauptung des Fehlens von Beweisergebnissen (hier zu den „eigentlichen Tathandlungen des Vergiftens“) verbunden mit (in eine Berufung auf den bereits erwähnten Zweifelsgrundsatz mündenden) Spekulationen zu denkbaren anderen Mördern sind nicht beachtlicher Inhalt der Tatsachenrüge (11 Os 72/13t ua; RIS Justiz RS0102162).

Die von der Rechtsmittelwerberin zitierten Entscheidungen des EGMR ( Telfner gegen Österreich und Krumpholz gegen Österreich) geben für die angeschnittene Problematik nichts her, kann doch von einer Verlagerung der Beweislast auf die Angeklagte im Gegenstand keine Rede sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.