JudikaturJustiz10ObS64/04s

10ObS64/04s – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juli 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Loibl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Guntram T*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen vorzeitiger Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 3. März 2004, GZ 23 Rs 1/04z 32, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht vom 21. Oktober 2003, GZ 48 Cgs 206/00f 27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am 4. 6. 1944 geborene Kläger absolvierte nach dem Besuch der Pflichtschule eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Ab dem Jahr 1988 war der Kläger als Portier und Waagenwärter in einem Zementwerk tätig. Ein - und ausfahrende Lastkraftwagen mussten auf die Wiegerampe vor der Portiersloge fahren. Die Daten wurden vom Kläger sodann in der Portiersloge abgelesen und unter Angabe des Ladegutes festgehalten. Seit Ende der 80er Jahre stand dem Kläger dafür eine EDV Anlage zur Verfügung. Im Winter musste der Kläger fallweise die Wiegeanlage vom Schnee säubern. Sonstige manuelle Tätigkeiten fielen nicht an. Der Kläger musste im Zuge seiner Tätigkeit in der Portiersloge auch häufig Telefongespräche führen. Er arbeitete bis ungefähr 1996 im 3 Schicht Dienst (6.00 14.00, 12.00 22.00, 22.00 bis 6.00 Uhr); das letzte Jahr seiner Tätigkeit arbeitete er im 2 Schicht Dienst (4.00 12.00, 12.00 20.00 Uhr). Der Kläger hat im maßgebenden Zeitraum vor dem Stichtag (1. 6. 2000) ausschließlich diese geschilderte Tätigkeit als Portier verrichtet und er hat in den letzten 15 Jahren vor dem 1. 8. 2000 insgesamt 134 Beitragsmonate in der Pensionsversicherung erworben.

Auf Grund verschiedener krankheitsbedingter Veränderungen sind dem Kläger nur noch körperlich leichte und mittelschwere sowie geistig einfache Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen bzw im Wechsel dieser Körperhaltungen nach zwei Stunden zumutbar. Zu vermeiden sind Arbeiten im Freien, Arbeiten mit Anheben und/oder Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten mit häufigem oder routinemäßigem Bücken, Überkopfarbeiten, Arbeiten an Leitern und Gerüsten sowie an anderen höhenexponierten Stellen, Arbeiten an Maschinen, Fließbandarbeiten, Arbeiten mit überdurchschnittlicher bzw hoher Stressbelastung wie beispielsweise Schicht , Nachtschicht und Akkordarbeiten sowie Tätigkeiten mit hoher Verantwortung. Es bestehen keine Einschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte und der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Dieses Leistungskalkül besteht bereits seit Antragstellung. Auf Grund der bestehenden Gesundheitsstörungen sind regelmäßige Krankenstände im Gesamtausmaß von 7 oder mehr Wochen pro Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten. Eine Besserung der Befundlage bzw des medizinischen Leistungskalküls erscheint nicht möglich.

Bei Portierstätigkeiten ist zwischen Fabriks und Behördenportieren zu unterscheiden. Bei ersteren gibt es in Österreich am Arbeitsmarkt nur wenige Stellen, wo nicht im Schichtdienst zu arbeiten ist. Bei Portieren, die bei Ämtern, Behörden, Versicherungen udgl beschäftigt sind, existiert ein jedenfalls 100 Arbeitsstellen überschreitender Arbeitsmarkt. Die Tätigkeit als Behördenportier erfordert keinen Schichtdienst, da der Portiersdienst nur während der Amtsstunden versehen wird. Der Kläger könnte auf Grund seines Leistungskalküls noch die Tätigkeit eines Behördenportiers verrichten.

Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt vom 20. 7. 2000 wurde der bei ihr am 31. 5. 2000 eingelangte Antrag des Klägers auf Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ohne Überprüfung der allgemeinen und besonderen Anspruchsvoraussetzungen mit der Begründung abgelehnt, dass Anträge auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, die nach dem 23. 5. 2000 und vor dem 2. 6. 2000 gestellt wurden, als Anträge auf Invaliditätspension gemäß § 255 Abs 4 ASVG in der ab 1. 7. 2000 geltenden Fassung zu werten seien. Der Anspruch auf Invaliditätspension gemäß § 255 Abs 4 ASVG sei unter anderem an die Voraussetzung geknüpft, dass der Versicherte das 57. Lebensjahr vollendet habe. Da dies beim Kläger nicht der Fall sei, sei sein Antrag abzulehnen.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene und auf die Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, in eventu der Invaliditätspension, gerichtete Klagebegehren ab. Es vertrat rechtlich die Ansicht, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die inzwischen aufgehobene Bestimmung des § 253d ASVG über die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit im vorliegenden Fall noch anwendbar sei. Der Kläger erfülle aber nicht die Voraussetzungen für die begehrte Pensionsleistung, weil er noch die Tätigkeit eines Behördenportiers verrichten und durch diese Tätigkeit wenigstens die Hälfte des Entgeltes erwerben könne, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflege. Da die dem Kläger noch zumutbare Tätigkeit eines Behördenportiers jedenfalls im selben arbeitskulturellen Umfeld verrichtet werden könne wie die bislang ausgeübte Tätigkeit als Fabriksportier, liege - bei dem mittlerweile 59 Jahre alten Kläger - auch Invalidität im Sinne des § 255 Abs 4 ASVG nicht vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es verwies in seinen Rechtsausführungen auf die ständige Rechtsprechung, wonach bei der Beurteilung der geminderten Arbeitsfähigkeit eines Versicherten nach § 253d Abs 1 ASVG nicht nur von einem Berufsschutz, sondern von einem Tätigkeitsschutz auszugehen sei. Entsprechend dem Wortlaut des § 253d Abs 1 Z 4 ASVG "durch diese Tätigkeit" werde nur auf die während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG ausgeübte gleiche oder gleichartige Tätigkeit abgestellt, allerdings nicht mit dem auf einen bestimmten Arbeitsplatz, sondern mit dem am allgemeinen Arbeitsmarkt typischerweise gefragten Inhalt. Der Versicherte dürfe nur nicht auf andere als die bisher überwiegend geleisteten Tätigkeiten verwiesen werden. Ob der Versicherte die überwiegend ausgeübte Tätigkeit im Sinn des § 253d Abs 1 Z 3 ASVG weiter ausüben könne, richte sich nur nach der Haupttätigkeit. Die Unfähigkeit, eine mit oder neben der Haupttätigkeit verrichtete Nebentätigkeit auszuüben, führe daher nur dann zum Versicherungsfall der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, wenn die Nebentätigkeit mit der Haupttätigkeit typischerweise so verbunden sei, dass beide nur gemeinsam auf dem Arbeitsmarkt gefragt seien. Die berufstypische Verrichtung der Tätigkeit eines Fabriksportiers im Schichtdienst sei jedoch nicht mit einer Nebentätigkeit gleichzusetzen, sodass kein Tätigkeitsschutz als Fabriksportier bestehe. Der Kläger müsse sich daher auf eine nicht im Schichtdienst zu verrichtende Portierstätigkeit bei Ämtern, Behörden, Versicherungen udgl verweisen lassen, welche im Kernbereich ähnliche psychische und physische Anforderungen stelle und mit dem Leistungskalkül vereinbar sei. Der Kläger erfülle daher nicht die Voraussetzungen der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 253d ASVG. Hinsichtlich der weiters bekämpften Abweisung der eventualiter begehrten Invaliditätspension enthalte die Berufung keine inhaltlichen Ausführungen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen (vgl SSV NF 15/73, 15/139, 10 ObS 43/01y, 10 ObS 56/01k ua) näher begründet hat, steht die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000, BGBl I 2000/92, wonach Anträge auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, die nach dem 23. 5. 2000 und vor dem 2. 6. 2000 gestellt wurden, als Anträge auf Invaliditätspension (gemäß § 255 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000) mit Stichtag 1. 6. 2000 zu werten sind, mit dem Gemeinschaftsrecht nicht in Einklang, weshalb auf Grund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes diese Übergangsbestimmung nicht anzuwenden ist. Es ist daher die Bestimmung des § 253d ASVG auf Versicherte, die - wie der Kläger - einen Antrag auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit zum Stichtag 1. 6. 2000 gestellt haben, weiterhin anwendbar, wobei auch für männliche Versicherte die Vollendung des 55. Lebensjahres am Stichtag ausreichend ist (SSV NF 15/74 ua; RIS Justiz RS0115897). Diese Voraussetzung liegt beim Kläger unstrittig vor.

Nach § 253d Abs 1 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des Art 7 des ASRÄG 1997, BGBl 139, hat der Versicherte Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ua dann, wenn er

1. die Wartezeit erfüllt hat (§ 236),

2. innerhalb der letzten 180 Kalendermonate vor dem Stichtag 72 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nachweist,

3. in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate nach diesem Bundesgesetz während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (§ 223 Abs 2) eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit ausgeübt hat,

4. infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, durch diese Tätigkeit (Z 3) wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt und

5. bereits seit mindestens 20 Wochen gemäß Z 4 gemindert arbeitsfähig ist, wobei Zeiten des Anspruches auf Entgeltfortzahlung oder auf Krankengeld zu berücksichtigen sind.

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist bei Beurteilung der geminderten Arbeitsfähigkeit eines Versicherten nach § 253d ASVG nicht bloß von einem Berufsschutz, sondern von einem Tätigkeitsschutz auszugehen (SSV NF 12/121 mwN ua). Entsprechend dem Wortlaut des § 253d Abs 1 Z 4 ASVG "durch diese Tätigkeit" wird nur auf die während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG ausgeübte gleiche oder gleichartige Tätigkeit abgestellt, allerdings nicht mit dem auf einem bestimmten Arbeitsplatz, sondern mit dem am allgemeinen Arbeitsmarkt typischerweise gefragten Inhalt (SSV NF 12/121 mwN ua; RIS Justiz RS0087658). Die überwiegend ausgeübte gleiche oder gleichartige Tätigkeit bildet somit auch den Rahmen, in dem verwiesen werden darf. Ein Suchen nach weiteren, den überwiegend ausgeübten gleichen oder gleichartigen Tätigkeiten ähnlichen Berufen hat zu unterbleiben (vgl SSV NF 2/53 ua).

Nach ständiger Rechtsprechung ist es dabei zulässig, den Versicherten auf Arbeiten zu verweisen, die zwar im Kernbereich völlig mit der bisher geleisteten Tätigkeit übereinstimmen, bei denen jedoch Nebentätigkeiten wegfallen, die am Arbeitsmarkt mit der Haupttätigkeit nicht typischerweise verbunden sind (SSV NF 12/121 mwN ua). Der Kernbereich einer Tätigkeit ergibt sich aus den Umständen, die ihr Wesen ausmachen und diese von anderen Tätigkeiten unterscheiden (SSV NF 11/53 ua; RIS Justiz RS0085589, RS0087655). So betraf die Entscheidung SSV NF 11/53 einen Versicherten, der in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag ausschließlich als Mechanikermeister im Baumaschinenbereich tätig war, mit welcher Tätigkeit das Arbeiten in exponierten Lagen geradezu berufstypisch verbunden ist. Das Arbeiten in exponierten Lagen, insbesondere auf Baukränen, wurde damit dem Kernbereich einer solchen Tätigkeit zugerechnet, weil dies Umstände sind, die das Wesen dieser Tätigkeit ausmachen und sie von anderen Tätigkeiten eines KFZ Mechanikers unterscheiden.

Die Entscheidung SSV NF 11/62 betraf einen Versicherten, der als Berufskraftfahrer für einen Automobilklub Abschleppfahrten mittels schwerer Lastkraftwagen in ganz Europa durchführte. Auch in diesem Fall wurden dieses Lenken von Abschleppfahrzeugen und die damit verbundene Tätigkeiten wie das Anlegen von Schneeketten, das Benützen von Auffahrtshilfen und das Arbeiten an exponierten Stellen zum Kernbereich einer solchen Tätigkeit gezählt, weil dies Umstände sind, die das Wesen dieser Tätigkeit ausmachen und sie von anderen Tätigkeiten eines Kraftfahrers unterscheiden.

In der Entscheidung SSV NF 11/110 wurde hinsichtlich einer Versicherten, die als Raumpflegerin vorwiegend in einem Schulgebäude beschäftigt war, in welchem Tätigkeitsbereich jedenfalls das Fensterputzen, aber auch das Reinigen der Decken und der Leuchten zu den Kerntätigkeiten einer Raumpflegerin gehörten, ausgesprochen, dass insbesondere auch das Fensterputzen das Wesen ihrer Tätigkeit ausgemacht habe, die dadurch von anderen Tätigkeiten einer Raumpflegerin etwa bei größeren Bürokomplexen, bei denen die Fensterreinigung nicht berufstypisch sei, unterschieden wurde.

Die Entscheidung SSV NF 12/4 betraf einen Versicherten, der im maßgeblichen Zeitraum als Verkäufer von Teppichen und Bodenbelägen in einem großen Einrichtungshaus tätig war. Mit dieser Tätigkeit waren Gehleistungen verbunden, die der Versicherte nicht mehr leisten konnte. Es wurde darauf hingewiesen, dass am Arbeitsmarkt eine ganze Gruppe von Verkäufern von Teppichen und Bodenbelägen in Einrichtungshäusern existiert und bei allen diesen Personen die Leistungen in dem Umfang, wie sie der Versicherte zu verrichten hatte, berufstypisch sind. Es handle sich dabei um Anforderungen, die zum Kernbereich dieser Form der Verkaufstätigkeit zählen. Von einer Nebentätigkeit könnte nur dann gesprochen werden, wenn es sich um Aufgaben handelt, die mit der Haupttätigkeit am Arbeitsmarkt typischerweise nicht verbunden sind, sondern nur an einem konkreten Arbeitsplatz anfallen und denen auch dort nur ein im Vergleich zur Haupttätigkeit ganz untergeordneter Stellenwert zukommt.

Hingegen wurde in der Entscheidung SSV NF 10/42 ausgesprochen, dass ein Versicherter, der die Tätigkeit eines KFZ Meisters und Werkstättenmeisters ausübte, nicht von diesem Beruf ausgeschlossen ist, wenn er die dabei an seinem konkreten Arbeitsplatz anfallenden gelegentlichen schweren körperlichen Arbeiten nicht mehr verrichten kann, weil das Verrichten schwerer Arbeiten nicht dem üblichen Berufsbild eines KFZ Meisters und Werkstättenleiters entsprechend befunden wurde. In der Entscheidung SSV NF 12/121 wurde ausgeführt, dass die auf den konkreten Arbeitsplatz des Versicherten auch geforderte Verrichtung von Arbeiten auf Hochregallagern nicht zum Kernbereich der Tätigkeit eines Gebietsleiters für den Vertrieb von Autozubehörteilen gehört.

Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag nur eine einzige Tätigkeit als Portier (= Fabriksportier) ausgeübt hat. Es ist daher im Sinne der dargelegten Ausführungen zu prüfen, ob der Kläger weiterhin ohne Gefährdung seiner Gesundheit in der Lage ist, im vollen Umfang denjenigen Anforderungen zu entsprechen, die auf dem Arbeitsmarkt typischerweise an einen als Fabriksportier tätigen Versicherten gestellt werden. Mit dieser Tätigkeit ist nach den Feststellungen neben der Verrichtung bestimmter Arbeiten berufstypischerweise auch die Verrichtung von Nacht und Schichtdiensten verbunden. Auch wenn es sich dabei zweifellos nicht um "Nebentätigkeiten", sondern um eine berufsspezifische Art der Verrichtung der Haupttätigkeit handelt, ist doch zu berücksichtigen, dass die Verrichtung von Nacht und Schichtdiensten nicht nur am konkreten Arbeitsplatz des Klägers als Ergebnis einer konkreten Arbeitszeitgestaltung, sondern berufstypischerweise zur Tätigkeit eines Fabriksportiers gehört. Die Verrichtung von Nacht und Schichtarbeit bildet somit ein wesentliches Element der Tätigkeit eines Fabriksportiers und unterscheidet sie von anderen Tätigkeiten eines Portiers (zB Behördenportier). Da für den Kläger nach seinem medizinischen Leistungskalkül die Verrichtung von Nacht und Schichtdiensten ausscheidet, ist er infolge seines körperlichen Zustandes nicht mehr imstande, durch "diese" Tätigkeit wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlicher und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, der Kläger müsse sich auf die (gleichartigen) Tätigkeiten eines Behördenportiers (bei dem berufstypischerweise kein Nacht und Schichtdienst anfällt) verweisen lassen, trägt nach Ansicht des erkennenden Senates dem Umstand, dass für den Kläger nicht ein Berufsschutz, sondern ein Tätigkeitsschutz maßgebend ist, nicht ausreichend Rechnung.

Da die Vorinstanzen ausgehend von einer anderen Rechtsansicht das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Pensionsleistung nicht näher geprüft haben, erweist sich das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 236 ASVG) kann nach dem Inhalt des Anstaltsaktes nicht zweifelhaft sein. Die Erfüllung der Bruchteilsdeckung des § 253d Abs 1 Z 2 ASVG ergibt sich bereits aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen. Zu klären ist daher insbesondere noch das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des § 253d Abs 1 Z 5 ASVG, wonach der Zustand der "geminderten Arbeitsfähigkeit" bereits seit mindestens 20 Wochen (vor dem Stichtag) bestehen muss (vgl 10 ObS 22/01k). Der Kläger begehrt den Zuspruch der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ab dem durch seine Antragstellung ausgelösten Stichtag 1. 6. 2000. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt ein Zuspruch der begehrten Pensionsleistung auch noch zum Stichtag 1. 7. 2000 in Betracht (vgl SSV NF 15/139, 15/140 ua), während die Abschaffung dieser Pensionsleistung (ab dem Stichtag 1. 8. 2000) vom Verfassungsgerichtshof nicht als verfassungswidrig erkannt wurde (vgl DRdA 2003/19 [Öhlinger]; vgl auch 10 ObS 423/02g ua). Das Erstgericht hat zwar festgestellt, dass der im Urteil beschriebene körperliche und geistige Zustand des Klägers "seit Antragstellung" besteht, es hat damit aber ganz offensichtlich keine Aussage zur Frage treffen wollen, ob das Leistungskalkül des Klägers (was auf Grund der übrigen Feststellungen naheliegend wäre) auch schon vorher eingeschränkt war (SSV NF 6/14, 10 ObS 121/01v ua).

In diesem Sinne werden im fortzusetzenden Verfahren nähere Feststellungen zu treffen sein, welche eine abschließende Beurteilung des Vorliegens auch der Anspruchsvoraussetzungen nach § 253d Abs 1 Z 1 und 5 ASVG erlauben. Da es dazu einer Verhandlung erster Instanz bedarf, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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