JudikaturJustiz10ObS27/14i

10ObS27/14i – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Monika Lanz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Sommer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A***** M*****, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Tiroler Gebietskrankenkasse, 6020 Innsbruck, Klara Pölt Weg 2, wegen Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld (Streitwert 2.217,96 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 28. Jänner 2014, GZ 25 Rs 91/13p 11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Strittig ist im vorliegenden Verfahren die Frage, ob die Klägerin im Hinblick auf das von ihrem Ehegatten im Jahr 2008 bezogene Einkommen zur Rückzahlung des von ihr für den Zeitraum vom 1. 1. 2008 bis 31. 12. 2008 bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 2.217,96 EUR an die beklagte Gebietskrankenkasse verpflichtet ist. Nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen wurde der Ehegatte der Klägerin von seinem Arbeitgeber im Jahr 2006 entlassen. Der Ehegatte der Klägerin hat diese Entlassung erfolgreich angefochten und es wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. 5. 2008 das ununterbrochene Weiterbestehen seines Dienstverhältnisses zum Arbeitgeber festgestellt. Er hat daraufhin im Jahr 2008 eine Nachzahlung seiner Bezüge für den Zeitraum vom 1. 6. 2006 bis 31. 12. 2007 in Höhe von 31.067,43 EUR brutto und für den Zeitraum vom 1. 1. 2008 bis 30. 11. 2008 in Höhe von 19.342,25 EUR brutto erhalten. Weiters bezog der Ehegatte der Klägerin für den Monat Dezember 2008 ein Bruttogehalt von 2.745,49 EUR inklusive Sonderzahlungen.

Nach § 12 Abs 1 KBGG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I 2007/76 erhalten verheiratete Mütter bzw Väter einen Zuschuss (zum Kinderbetreuungsgeld), sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 12.200 EUR (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 4.000 EUR. Welches Einkommen heranzuziehen ist bzw wie der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte zu ermitteln ist, richtet sich nach § 8 KBGG.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass bezüglich der zeitlichen Einordnung des Gesamtbetrags der Einkünfte iSd § 8 KBGG das im Einkommenssteuerrecht geltende Zuflussprinzip zur Anwendung kommt und gemäß § 19 EStG 1988 Einnahmen aus jenem Kalenderjahr, in dem sie zugeflossen sind, als bezogen gelten, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (10 ObS 136/12s ua). Unter „Zufluss“ ist danach die Erlangung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu verstehen. Entscheidend ist die tatsächliche Zahlung bzw bei Überweisung des Arbeitslohns auf das Arbeitnehmer Konto die objektive Verfügungsmöglichkeit, die mit der Gutschrift auf dem Konto gegeben ist (10 ObS 136/12s ua). Die „Kurze Zeit Regel“ des § 19 Abs 1 Z 1 EStG 1988, wonach regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen gelten, kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Das Abstellen auf das im Einkommenssteuerrecht geltende Zuflussprinzip ist auch im Zusammenhang mit der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte iSd § 8 KBGG nicht unsachlich (VfGH, 26. 2. 2009, G 128/08 ua).

Es ist daher nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts neben den vom Ehegatten der Klägerin für das Jahr 2008 bezogenen Einkünften in Höhe von insgesamt 22.087,74 EUR brutto auch die von ihm ebenfalls im Anspruchszeitraum (2008) bezogene Nachzahlung eines Bruttobetrags von 31.067,43 EUR an laufenden Bezügen für den Zeitraum vom 1. 6. 2006 bis 31. 12. 2007 bei der Ermittlung des maßgebenden Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 8 Abs 1 Z 1 KBGG) zu berücksichtigen. Bei diesen Bezügen handelt es sich um den laufenden Arbeitslohn und nicht um sonstige Bezüge iSd § 67 EStG 1988, welche bei der Ermittlung der maßgebenden Einkünfte iSd § 8 Abs 1 Z 1 KBGG nicht einzubeziehen wären. Aus dem Umstand, dass es sich bei dem „fiktiven“, eine Konstruktion des Steuerrechts darstellenden Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG 1988 nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs um kein iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen handelt (vgl 10 ObS 51/12s ua), lässt sich für den Prozessstandpunkt der Klägerin nichts ableiten.

Die Richtigkeit der weiteren Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass bei Berücksichtigung der dem Ehegatten der Klägerin im Kalenderjahr 2008 aus Dienstgeberzahlungen insgesamt zugeflossenen 53.155,17 EUR brutto kein Zweifel besteht, dass damit die im vorliegenden Fall maßgebende Freigrenze von 24.200 EUR bei weitem überschritten wurde und die Klägerin daher zur Rückzahlung des von ihr für das Kalenderjahr 2008 bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 2.217,96 EUR verpflichtet ist, wird auch von der Klägerin zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen.

Die außerordentliche Revision war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Rechtssätze
2
  • RS0124063OGH Rechtssatz

    25. April 2023·3 Entscheidungen

    Der auch für die Freigrenze nach § 12 Abs 1 KBGG (idF BGBl I 2001/103) maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 8 Abs 1 Z 1 KBGG idF BGBl I 2001/103) ist im Wesentlichen wie folgt zu ermitteln: Auszugehen ist von jenen Einkünften, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgelds und des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld zugeflossen sind. Als Anspruchsmonate zählen dabei nur jene Kalendermonate, in denen mehr als die Hälfte des Monats Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgelds und des Zuschusses bestanden hat. Bezüglich der zeitlichen Zuordnung des Einkommens gelangt das im Einkommensteuerrecht geltende Zuflussprinzip zur Anwendung. Bezüglich der Höhe der maßgeblichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist von einer Art Bruttoeinkommen auszugehen, das nicht den tatsächlichen Bruttoeinkünften entspricht. Die gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 während der Anspruchsmonate zugeflossenen Einkünfte sind um 30 % (bei Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe um 15 %) zu erhöhen. Da die Freigrenze für den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld mit einem Jahresbetrag festgelegt ist, bedarf es auch einer entsprechenden Anpassung, wenn der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bzw Zuschuss nicht das volle Kalenderjahr gegeben ist. Diese Anpassung erfolgt durch die Umrechnung der während des Anspruchszeitraums erzielten Einkünfte auf einen fiktiven Jahresbetrag. Die Summe der während der Anspruchsmonate zugeflossenen Einkünfte, erhöht um 30 % (bzw bei Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe um 15 %), ist durch die Anzahl dieser Anspruchsmonate zu teilen und mit zwölf zu vervielfachen. Der sich ergebende Betrag ist schließlich der Freigrenze nach § 12 Abs 1 KBGG gegenüberzustellen.