JudikaturJustiz10ObS186/90

10ObS186/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Mai 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Raimund Kabelka (AG) und Monika Fischer (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Stjepan S***, Pensionist, YU-88445 Scit, Prozor, s. Rumboci, vertreten durch Dr.Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A*** (L*** W***), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Dezember 1989, GZ 32 Rs 242/89-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21.Dezember 1988, GZ 22 Cgs 179/88-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 10.2.1987 lehnte die beklagte Partei den Antrag des am 15.8.1932 geborenen Klägers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 14.7.1986 auf Invaliditätspension mit der Begründung ab, zum Stichtag, dem 1.8.1986, wäre die Wartezeit nur erfüllt, wenn der Kläger in der Zeit vom 1.8.1976 bis 31.7.1986 mindestens 60 Versicherungsmonate oder bis zum Stichtag insgesamt 228 Versicherungsmonate, davon mindestens 180 Beitragsmonate, erworben hätte. Er habe aber seit 1.4.1948 nur

75 Versicherungsmonate erworben, von denen keiner in den genannten Rahmenzeitraum falle.

Die dagegen rechtzeitig erhobene, auf die abgelehnte Leistung gerichtete Klage stützte sich darauf, daß der Kläger vom 1.1.1981 bis 30.4.1986 in einem ständigen Arbeitsverhältnis bei der jugoslawischen Firma Z*** Z*** "A***" Prozor

gestanden sei und regelmäßig Beiträge zur Pensions-, Invaliditäts- und Sozialversicherung entrichtet und dadurch 64 Versicherungsmonate erworben habe, und zwar in der "Versicherung der vereinigten Landwirtschaftler", die der Versicherung aller Arbeiter gleichgestellt sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies die Klage ab.

Es stellte fest, daß der Kläger von 1965 bis 1970 (mit Unterbrechungen) 48 österreichische Beitragsmonate und vom 1.4.1948 bis 30.4.1986 (mit Unterbrechungen) in der jugoslawischen Pensionsversicherung 97 Beitragsmonate erworben hat. Zu den letzteren zählen die vom 1.1.1981 bis 30.4.1986 in der landwirtschaftlichen Genossenschaft "A***" erworbenen 64 Versicherungsmonate der Pensions- und Invalidenversicherung der "freiwilligen" (gemeint "selbständigen") und assoziierten Landwirte. Abgesehen von den letztgenannten Zeiten hat der Kläger im Rahmenzeitraum vom 1.8.1976 bis 31.7.1986 keine Versicherungsmonate erworben.

Weil die von Jänner 1981 bis April 1986 im "neuen Versicherungszweig" der selbständigen und assoziierten Landwirte in Jugoslawien erworbenen Versicherungsmonate (nach der damaligen Rechtslage) nicht auf die Wartezeit angerechnet werden könnten, sei diese nicht erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge.

Es vertrat unter Hinweis auf die E des erkennenden Senates SSV-NF 2/3 (richtig 13), 117 die Rechtsansicht, daß die in der Versicherung der "vereinigten Landarbeiter oder freiwillig oder assoziierten Landwirte" erworbenen Zeiten vom Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 19.11.1965 BGBl 1966/289 idF des Zusatzabkommens vom 19.3.1979 BGBl 1980/81 für den österreichischen Rechtsbereich nicht zu berücksichtigen seien. Daran habe sich durch das 2.Zusatzabkommen zum zit Abk vom 11.5.1988 BGBl 1989/269 für dieses Verfahren nichts geändert, weil dieses Zusatzabkommen erst nach dem Schluß der Verhandlung erster Instanz in Kraft getreten sei. Diesbezüglich berief sich das Berufungsgericht auf die Entscheidung des erkennenden Senates 7.11.1989, 10 Ob S 322/89, nunmehr SSV-NF 3/134).

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es, allenfalls auch das erstgerichtliche Urteil aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß die von Jänner 1981 bis April 1986 erworbenen jugoslawischen Versicherungszeiten in diesem Rechtsstreit nicht zu berücksichtigen seien, ist richtig (§ 48 ASGG; SSV-NF 2/13, 117, 3/134 ua). Durch das 2. ZA vom 11.5.1988 BGBl 1989/269 ist für den vorliegenden Rechtsstreit, in dem die mündliche Verhandlung erster Instanz am 21.12.1988 geschlossen wurde, nichts zu gewinnen. Das

2. ZA trat nämlich erst am 1.7.1989 in Kraft. Mangels einer Rückwirkungsbestimmung für die hier relevante Regelung können die neuen Abkommensbestimmungen nur auf Fälle angewendet werden, in denen der Stichtag nach dem 30.6.1989 liegt. Erst seit dem Inkrafttreten des 2. ZA besteht eine gesetzliche Grundlage für die Berücksichtigung der früher vom Abk SozSi Jugoslawien ausgeschlossenen Zeiten. Nur wenn die mündliche Verhandlung am 1.7.1989 noch nicht geschlossen gewesen wäre, wären die Anspruchsvoraussetzungen auch zum 1.7.1989 zu prüfen. Die spätere Änderung der Rechtslage kann sich daher auf das Ergebnis dieses Rechtsstreites nicht mehr auswirken.

Der Oberste Gerichtshof hat gegen die Anwendung des zit Abk idF vor dem 2. ZA aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit keine Bedenken (Art 89 Abs 2 bis 4 B-VG). Daß sich das Abk bis zum 30.6.1989 in Österreich in der Pensionsversicherung nur auf die Pensionsversicherung der Arbeiter, Angestellten und die knappschaftliche Pensionsversicherung, nicht aber auch auf die Pensionsversicherung der selbständig Erwerbstätigen bezog, war durch die Unterschiede in den sozialversicherungsrechtlichen Verhältnissen der unselbständig und selbständig Erwerbstätigen sachlich begründet und daher nicht gleichheitswidrig.

Auf einen (durch eine neue Antragstellung ausgelösten) Stichtag nach dem 30.6.1989 wird das Abk idF des 2. ZA ohnehin anzuwenden sein.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG (SSV-NF 1/19; 2/26, 27 uva).