JudikaturJustiz10Ob76/11s

10Ob76/11s – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Oktober 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mittlerweile volljährigen Kinder 1. E*****, und 2. S***** sowie der minderjährigen Kinder 3. R*****, und 4. C*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Mag. H*****, vertreten durch Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. November 2010, GZ 43 R 556/08w 1042, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Erklärung, den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. R***** sowie die weiteren Mitglieder des Obersten Gerichtshofs Univ. Prof. Dr. B***** und Dr. S***** wegen Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bestellte mit Beschluss vom 16. 5. 2008 (ON 878) Dr. Rose Marie Rath, Rechtsanwältin in Wien, zur besonderen Kuratorin für die beiden Minderjährigen R***** und C*****. Den weitergehenden Antrag des Vaters, für jedes der vier oben genannten Kinder einen eigenen Kollisionskurator zu bestellen, wies das Erstgericht unbekämpft ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter dahin Folge, dass es auch den Antrag des Vaters auf Bestellung eines Kollisionskurators für die beiden minderjährigen Kinder R***** und C***** abwies. Weiters stellte es fest, dass die Kuratel für die Kinder E***** und S***** aufgrund deren nunmehriger Volljährigkeit weggefallen sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der am 20. 7. 2001 dem Obersten Gerichtshof vorgelegte außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters verbunden mit einer Ablehnung von Richtern des Obersten Gerichtshofs wegen angeblicher Befangenheit (ON 1042) mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass für die minderjährigen Kinder R***** und C***** jeweils separate Kollisionskuratoren bestellt werden. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Ablehnungsantrag:

Der Vater lehnt in seinem Rechtsmittel den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. R***** sowie Univ. Prof. Dr. P***** (gemeint offensichtlich: M*****) B***** und Senatspräsident iR Dr. S***** wegen angeblicher Befangenheit ab. Dieser Ablehnungsantrag geht schon deshalb ins Leere, weil Vizepräsident Dr. R***** und Hofrat Univ. Prof. Dr. M***** B***** dem für die Entscheidung für den vorliegenden Fall zuständigen Senat 10 des Obersten Gerichtshofs nicht angehören und auch Senatspräsident iR Dr. S***** diesem Senat nicht mehr angehört. Es erübrigt sich daher die im Übrigen nicht näher konkretisierte Ablehnungserklärung dem für Ablehnungen zuständigen Senat des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung vorzulegen. Die Ablehnungserklärung war somit zurückzuweisen.

2.) Zum Rechtsmittel:

Auch das weitere Vorbringen des Revisionsrekurswerbers, die Entscheidung des Rekursgerichts sei nichtig, weil er die Mitglieder des Rekurssenats wegen Befangenheit abgelehnt habe, ist aufgrund der Aktenlage nicht nachvollziehbar. Es hat nämlich der Ablehnungssenat des Rekursgerichts mit Beschluss vom 13. 10. 2008, GZ 32 Nc 20/08z 3, den diesbezüglichen Ablehnungsantrag des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Wien gab mit Beschluss vom 26. 8. 2010, AZ 12 R 132/10k, dem vom Vater dagegen erhobenen Rekurs keine Folge. Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt daher nicht vor.

In der Sache selbst vertritt der Revisionsrekurswerber weiterhin zusammengefasst die Ansicht, die Notwendigkeit einer Bestellung von Kollisionskuratoren für die minderjährigen Kinder R***** und C***** sei gegeben, weil im gegenständlichen, rechtlich komplexen Verfahren für die Wahrung der Interessen der beiden minderjährigen Kinder rechtliche Kenntnisse notwendig seien und ein Widerstreit der Interessen der Kinder mit jenen ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin vorliege.

Die Frage der Notwendigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators für die beiden Minderjährigen betrifft die Obsorgeregelung, die nicht vermögensrechtlicher Natur ist (vgl 5 Ob 122/09s mwN). Dem Vater steht die Erhebung eines außerordentlichen Revisionsrekurses grundsätzlich offen (§ 62 Abs 5 AußStrG). Nach Maßgabe des § 62 Abs 1 AußStrG ist jedoch der gegen die Abweisung der Kollisionskuratorbestellung gerichtete Revisionsrekurs nicht zulässig.

Voraussetzung für die Bestellung eines Kollisionskurators nach § 271 ABGB ist nach ständiger Rechtsprechung der Widerstreit der Interessen also das Vorliegen einer materiellen, nicht bloß formellen Kollision. Die Kuratorbestellung setzt nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle weiters voraus, dass aufgrund des objektiven Interessenwiderstreits konkret eine Gefährdung der Interessen des Pflegebefohlenen zu besorgen ist und diese Interessen auch nicht ausreichend vom Gericht wahrgenommen werden können. In § 271 Abs 2 ABGB vermutet das Gesetz unter anderem in Verfahren zur Regelung des persönlichen Verkehrs, in denen das Kind durch den betreuenden Elternteil vertreten wird, auch bei möglichen materiellen Kollisionsfällen eine solche ausreichende Interessenwahrnehmung durch das Gericht (vgl Hopf in KBB 3 §§ 271 272 Rz 2 f mwN ua). Maßgeblich für das Erfordernis der Bestellung eines Kollisionskurators ist daher, dass aufgrund des objektiven Sachverhalts eine gesetzmäßige Vertretung des Kindes wegen eines zu befürchtenden Widerstreits an Interessen nicht zu erwarten ist (vgl 10 Ob 23/08t = RIS Justiz RS0058177 [T3]). Die Beurteilung der Frage, ob genügend und welche Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators vorliegen, ist immer eine solche des Einzelfalls und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (vgl 4 Ob 247/04h ua). Worin konkret eine Gefährdung der Interessen der beiden Minderjährigen bei Vertretung im vorliegenden Obsorge und Besuchsrechtsverfahren durch die betreuende Mutter unter Berücksichtigung der erwähnten Interessenwahrnehmung durch das Gericht liegen soll, vermag der Revisionsrekurswerber in seinem Rechtsmittel nicht aufzuzeigen. Die Frage der Beigebung eines Kinderbeistands nach § 104a AußStrG, die auch vom Vater ausdrücklich nicht gewünscht wird, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (vgl dazu jüngst 8 Ob 19/11v).

Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.