JudikaturJustiz10Ob325/02w

10Ob325/02w – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Dezember 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Rene F*****, geboren am 3. Februar 1991, und Nicole F*****, geboren am 30. Jänner 1993, wegen Zuteilung der Obsorge, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Walter F*****, vertreten durch die einstweilige Sachwalterin Dr. Renate Pfenningstorff, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Oktober 2002, GZ 43 R 560/02z-78, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht, oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 14 AußStrG). Eine Rechtsfrage dieser Qualität wird vom Revisionsrekurswerber nicht aufgezeigt:

Bei aufrechter Ehe der Eltern eines minderjährigen Kindes ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 177b ABGB nur, dass die Eltern nicht bloß vorübergehend getrennt leben. Dass diese Voraussetzung auf Grund des räumlichen Getrenntlebens der Eltern seit der Wegweisung des Rechtsmittelwerbers im März 2000 gegeben ist, bejahten die Vorinstanzen zutreffend, sind doch die Lebensbereiche der Eltern nun vollständig getrennt und eine kollektive Ausübung der Elternrechte unmöglich (s Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 177 Rz 1 mwN). Die Auffassung des Revisionsrekurswerbers, während eines Scheidungsverfahrens und aufrechter einstweiliger Verfügung auf Wegweisung sei eine Entscheidung über die Zuteilung der Obsorge unzulässig, widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des § 177b ABGB, der nur auf die Tatsache des nicht nur bloß vorübergehenden Getrenntlebens abstellt, die eine Entscheidung nach § 177a Abs 1 ABGB über Antrag eines Elternteils erforderlich macht.

Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände (RZ 1973, 198; ÖBA 1985, 77 ua) die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist dann eine solche des Einzelfalls, der keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG zukommt, wenn dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wurde. Das Rechtsmittel zeigt in keinem Punkt auf, dass die Entscheidung des Rekursgerichts das Kindeswohl nicht wahrt. Ein vom Rekursgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz kann im Revisionsrekurs nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, sofern eine Durchbrechung dieses Grundsatzes aus Gründen des Kindeswohls nicht erforderlich ist (RIS-Justiz RS0050037). In der Ansicht des Rekursgerichts, dass es einer mündlichen Erörterung des Sachverständigengutachtens, zu dem der damals rechtsanwaltlich vertretene Revisionsrekurswerber Stellung genommen hatte, nicht bedurfte, um über den Obsorgeantrag im Sinn des Kindeswohls zu entscheiden, ist eine aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erblicken, wird doch im Rechtsmittel nicht substantiell vorgebracht, dass eine mündliche Erörterung des Sachverständigengutachtens hätte ergeben können, dass die Mutter zur Übernahme der alleinigen Obsorge nicht besser als der Vater geeignet ist und dies dem Kindeswohl nicht besser diente. Der Oberste Gerichtshof ist an die Beweiswürdigung der Vorinstanzen und an deren Feststellungen gebunden. Dazu gehört auch die Frage, ob das vorliegende Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigten (RIS-Justiz RS0040592).