K121.425/0003-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. BLAHA, Dr. KOTSCHY, Dr. HEISSENBERGER und Mag. HEILEGGER sowie der Schriftführerin Mag. FRITZ in ihrer Sitzung vom 21. Januar 2009 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde der Doris C*** in Wien (Beschwerdeführerin) vom 27. August 2008 gegen die K*** in Wien (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft wird entschieden:
- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 3 Z 1, §§ 26, 29 und 31 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g
A. Vorbringen der Parteien
1. Die Beschwerdeführerin behauptet eine Verletzung im Recht auf Auskunft nach § 1 Abs. 3 Z 1 iVm § 26 Abs. 1 DSG 2000 dadurch, dass die Beschwerdegegnerin auf ihr Begehren vom 5. August 2008 auf Auskunft über Daten zu ihrer Person aus der Datenanwendung „Videoüberwachung“ nur unzureichend Auskunft erteilt hätte. Insbesondere habe das Auskunftsschreiben vom 8. August 2008 nicht die von ihr gewünschten Bilddaten enthalten. Auch nach entsprechender Urgenz vom 13. August 2008 sei das Begehren mit Schreiben vom 19. August 2008 endgültig abgelehnt worden.
2. Die damit konfrontierte Beschwerdegegnerin brachte rechtsanwaltlich vertreten mit Schreiben vom 18. September 2008 vor, sie sei Auftraggeber der unter DVR ***00*** beim Datenverarbeitungsregister registrierten Datenanwendung „Videoaufzeichnung im K*** Wien zum Zweck der Reduktion von Sachschäden, für deren Behebung die Auftraggeberin verantwortlich ist, wie Parkschäden, Vandalismus und andere Eigentumsdelikte“. Mangels Betroffeneneigenschaft habe die Beschwerdeführerin allerdings kein Auskunftsrecht, da sich am angeführten Tag, dem 4. August 2008, kein zur Auswertung berechtigender Anlassfall ereignet habe. Bilddaten würden daher ohne je von einem Menschen gesehen zu werden, gelöscht. Die Identität der Beschwerdeführerin sei außerdem weder bestimmt noch bestimmbar. Weder habe die Beschwerdegegnerin Identifizierungsabsicht noch Identifizierungsmöglichkeit, da ihr dazu rechtliche Handhabe und Nachforschungsmöglichkeiten fehlen würden. Die Daten sind überdies auch nicht direkt auffindbar. Aus all diesen Gründen sei ein Auskunftsrecht zu verneinen.
Schließlich stünden einem Auskunftsanspruch, so man ihn bejahte, überwiegende berechtigte Interessen Dritter entgegen. Einerseits wisse die Beschwerdeführerin selbst am besten, welches Verhalten sie im Blickfeld der Kameras gesetzt habe. Demgegenüber bestehe ein schutzwürdiges Interesse aller anderen auf den Bildern möglicherweise erkennbaren Personen daran, dass ihre Bilddaten mangels zur Auswertung berechtigender Anlassfälle ohne vorherige Einsicht gelöscht würden. Dieses Interesse sei „bei weitem“ überwiegend. Eine Manipulation des Materials dahingehend, dass unbeteiligte Dritte nicht erkennbar seien, sei nicht möglich. Weder eine Einsicht noch eine Herausgabe des Materials sei daher gemäß § 26 Abs. 2 DSG 2000 zulässig.
3. Im dazu gewährten Parteiengehör äußerte sich die Beschwerdeführerin nicht.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin durch die Verweigerung einer Auskunft über die Bilddaten selbst eine allenfalls bestehende Pflicht zur Auskunftserteilung gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 iVm § 26 DSG 2000 aufgrund des Begehrens der Beschwerdeführerin vom 5. August 2008 verletzt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende
Sachverhalt festgestellt:
Die Beschwerdeführerin stellte am 5. August 2008 folgendes
Auskunftsbegehren an die Beschwerdegegnerin:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
gestern, am 4. August 2008, bin ich abends durch das K*** gegangen. Konkret habe ich das K*** ca. um 18.45 Uhr über den Haupteingang betreten, habe den Haupthof und die weiteren Höfe überquert und das Gelände beim Eingang I*** ca. um 18.50 Uhr wieder verlassen.
Dabei wurde ich von Ihrer Datenanwendung „Videoüberwachung“ erfasst, sodass ich Betroffener im Sinne des Datenschutzgesetzes bin.
Gemäß § 26 Datenschutzgesetz ersuche ich Sie daher um folgende Informationen:
1. Übersendung der verarbeiteten Bilddaten von mir auf einem Datenträger (CD, DVD, Datenstick).
…
Bitte beachten Sie, dass mir die obigen Informationen kostenlos zustehen. Gemäß § 26 Abs. 7 Datenschutzgesetz ist die Löschung der relevanten Daten in den nächsten vier Monaten unzulässig.
Zum Nachweis meiner Identität übersende ich Ihnen in der Beilage eine Ausweiskopie. Um Ihnen das Auffinden meiner Bilddaten zu ermöglichen, übersende ich Ihnen darüber hinaus noch Fotos von mir in der Kleidung, in der ich das Museumsquartier betreten habe. Ich bin ca. 1,70 m groß, schlank und habe dunkle, lange Haare.
Ich ersuche um Übersendung der Auskunft gemäß Datenschutzgesetz binnen acht Wochen an meine im Briefkopf angeführte Kanzleiadresse.“
Das Auskunftsbegehren wurde der Beschwerdegegnerin laut Inhalt per Einschreiben und vorab per e-Mail an ***@**.at übermittelt. Es langte am 7. August 2008 bei der Beschwerdegegnerin ein.
Beweiswürdigung: Der Inhalt des Auskunftsbegehren ergibt sich aus diesem, der Beschwerde beigelegten Schreiben selbst. Dass das Auskunftsbegehren am 7. August 2008 bei der Beschwerdegegnerin eingelangt ist, ergibt sich aus deren Auskunftsschreiben vom 8. August 2008 und wurde von der Beschwerdeführerin weder gegenüber der Beschwerdegegnerin in der weiteren Korrespondenz noch gegenüber der Datenschutzkommission bestritten.
Die Beschwerdegegnerin beantwortete rechtsanwaltlich vertreten das Auskunftsbegehren mit Schreiben vom 8. August 2008 im Wesentlichen wie folgt:
„…
5. Ihr Wunsch nach Übersendung der verarbeiteten Bilddaten auf einem Datenträger:
Vorauszuschicken ist, dass sich zu dem von Ihnen angefragten Zeitpunkt kein Anlassfall ereignet hat, der meine Mandantschaft zur Auswertung der gespeicherten Bilddaten berechtigen würde. Diese Bilddaten sollten daher in Kürze automatisch gelöscht werden, ohne je von einem Menschen gesehen zu werden. Es ist davon auszugehen, dass außer Ihnen noch andere unbeteiligte Personen auf den Bildern zu sehen wären. Meine Mandantschaft legt großen Wert darauf, die Rechte aller Beteiligten zu wahren.
5.1. Ich bezweifle, dass meine Mandantschaft Ihnen gegenüber zur Auskunftserteilung verpflichtet ist.
Da Sie sich nicht in einem zeitlichen und örtlichen Naheverhältnis zu einem strafrechtlich relevanten Tatbestand oder einem Schadenersatz auslösenden Ereignis auf dem Gelände des K*** aufgehalten haben, sind Sie von der gegenständlichen Datenanwendung nicht betroffen.
Es liegen von Ihnen keine direkt auffindbaren Daten vor. Auch aus diesem Grund besteht keine Auskunftspflicht.
Der Auskunftserteilung stehen auch berechtigte Interessen Dritter entgegen, nämlich jener Personen, die neben Ihnen auf den Bildern zu sehen sind. Hier hat eine Interessensabwägung stattzufinden, die durch aus zu dem Ergebnis führen könnte, dass der Geheimhaltungsanspruch der anderen Personen (deren Daten ohne Ihr Auskunftsersuchen automatisch ungesehen gelöscht werden) Ihr Auskunftsinteresse überwiegt. Schließlich wissen Sie ja selbst am besten, was Sie zur angefragten Zeit im K*** gemacht haben. Nichts anderes können die Bilder der Videokameras zeigen.
5.2 Meine Mandantschaft möchte Ihren Auskunftsbegehren dennoch nachkommen, wenn Sie nicht darauf verzichten (dazu unten Punkt 5.3.).
Soweit auf den Bildern jedoch unbeteiligte Dritte zu sehen sind, stehen deren überwiegende berechtigte Interessen der von Ihnen gewünschten Übergabe einer Kopie des Bildmaterials entgegen. Meine Mandantschaft kann das bewegte Bildmaterial nicht manipulieren und zB die unbeteiligten Dritten unkenntlich machen.
Ich habe meiner Mandantschaft ausdrücklich davon abgeraten, Ihnen eine Videodatei zu übersenden, auf der jemand anderer als Sie zu sehen ist. Eine solche Auskunft ist wegen überwiegender berechtigter Interessen Dritter nicht zu erteilen (§ 26 Abs. 2 DSG).
Meine Mandantschaft wird Ihnen daher wohl nur eine schriftliche Beschreibung Ihres Verhaltens liefern können (siehe dazu auch § 50e Abs. 2 des Entwurfs einer Novelle des DSG); und auch dies natürlich nur in dem Umfang, in dem Sie auf den Videobildern erkennbar sind.
5.3 Ich bitte Sie höflich, Ihr Auskunftsbegehren nochmals zu überdenken.
Das Ergebnis der Auswertung der Bilddaten wird voraussichtlich wenig ergiebig sein und ist Ihnen überdies bereits bekannt, weil Sie ja selbst das Verhalten gesetzt haben. Das auf den Bildern zu sehen sein wird.
Gleichzeitig führt Ihr Auskunftsbegehren dazu, dass meine Mandantschaft Bilddaten unbeteiligter Dritter einsehen muss, die andernfalls automatisch gelöscht würden, ohne je von einem Menschen gesehen zu werden.
Ich gehe davon aus, dass Sie keinen Eingriff in die Rechte unbeteiligter Dritter wünschen, bloß um zu erfahren, was Sie ohnehin schon wissen.
Ich bitte Sie daher um Ihre ehest mögliche schriftliche Zustimmung zur Löschung der Bilddaten ohne vorherige Einsicht durch meine Mandantschaft.
5.4 Um Ihnen die obige Entscheidung zu erleichtern, teile ich Ihnen ergänzend mit, dass die Kameras meiner Mandantschaft fix montiert, also nicht schwenkbar sind. Es kommen großteils Übersichtskameras zum Einsatz, die eine Personenerkennung nicht zulassen. Im Anlassfall ermöglichen sie allerdings die Verfolgung von Schädigern zu Schlüsselstellen, an denen Kameras genauere Bilder zu deren Identifizierung liefern. Dadurch ist die Anonymität unbeteiligter Personen (die ja auf den Übersichtsbildern gar nicht erkennbar sind) selbst im Fall einer Datenauswertung bestmöglich gewährleistet.
…“
Mit Schreiben vom 13. August 2008 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie auf ihr Auskunftsrecht nicht verzichte und sich mit einer bloßen Beschreibung ihres Verhaltens nicht zufrieden geben werde. Sie ersuchte daher um Übersendung der Videodaten.
Die Beschwerdegegnerin lehnte mit Schreiben vom 19. August 2008 eine Übersendung der Videodaten mit folgender Begründung endgültig ab:
„1. Sie sind kein „Betroffener“ im Sinne des Datenschutzgesetzes.
Wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, haben am 4. August 2008 weder strafrechtlich relevante Tatbestände noch Schadenersatz auslösende Ereignisse stattgefunden. Es ist daher keine Datenauswertung erfolgt.
Da Sie sich nicht im zeitlichen und örtlichen Naheverhältnis zu einem Anlassfall im überwachten Bereich aufgehalten haben, sind Sie kein Betroffener.
…
2. Da sich zu dem von Ihnen angeführten Zeitpunkt kein Anlassfall für eine Auswertung ereignet hat, liegen keine direkt auffindbaren Daten von Ihnen vor.
…
3. Weiters sprechen überwiegende rechtliche Interessen Dritter gegen die Auskunftserteilung, nämlich all jener Unbeteiligten, die ebenfalls auf den Videobildern zu sehen wären.
Meines Erachtens ist nicht einzusehen, wieso die Videobilder unbeteiligter Dritter, die ohne Ihr Auskunftsersuchen ungesehen automatisch gelöscht würden, eingesehen werden sollen, um Ihnen jene Informationen zu liefern, die Ihnen im Wesentlichen bereits vorliegen (nämlich, welchen Weg Sie durch K*** gegangen sind).
Ich meine, dass hier die Interessen Dritter Ihr Auskunftsinteresse überwiegen.
…“
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus den jeweiligen Schreiben, die Beilagen der Beschwerde waren, selbst und sind unbestritten.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 lautet:
„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen.
1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;
2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.
(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.
(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, daß Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.“
§ 26 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Auskunft über eigene Daten. Er lautet hier wesentlich wie folgt:
„Auskunftsrecht
§ 26. (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen.
Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit
1. des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder
2. der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder
3. der Sicherung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung oder
4. des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik Österreich oder der Europäischen Union oder
5. der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten
ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Z 1 bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 31 Abs. 4.
(3) Der Betroffene hat am Auskunftsverfahren über Befragung in dem ihm zumutbaren Ausmaß mitzuwirken, um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden.
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Betroffene am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.
(5) In jenen Bereichen der Vollziehung, die mit der Wahrnehmung der in Abs. 2 Z 1 bis 5 bezeichneten Aufgaben betraut sind, ist, soweit dies zum Schutz jener öffentlichen Interessen notwendig ist, die eine Auskunftsverweigerung erfordert, folgendermaßen vorzugehen: Es ist in allen Fällen, in welchen keine Auskunft erteilt wird - also auch weil tatsächlich keine Daten verwendet werden -, anstelle einer inhaltlichen Begründung der Hinweis zu geben, daß keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten über den Betroffenen verwendet werden. Die Zulässigkeit dieser Vorgangsweise unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission nach § 31 Abs. 4.
(6) Die Auskunft ist unentgeltlich zu erteilen, wenn sie den aktuellen Datenbestand einer Datenanwendung betrifft und wenn der Betroffene im laufenden Jahr noch kein Auskunftsersuchen an den Auftraggeber zum selben Aufgabengebiet gestellt hat. In allen anderen Fällen kann ein pauschalierter Kostenersatz von 18,89 Euro verlangt werden, von dem wegen tatsächlich erwachsender höherer Kosten abgewichen werden darf. Ein etwa geleisteter Kostenersatz ist ungeachtet allfälliger Schadenersatzansprüche zurückzuerstatten, wenn Daten rechtswidrig verwendet wurden oder wenn die Auskunft sonst zu einer Richtigstellung geführt hat.
(7) Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem Auskunftsverlangen darf der Auftraggeber Daten über den Betroffenen innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten und im Falle der Erhebung einer Beschwerde gemäß § 31 an die Datenschutzkommission bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens nicht vernichten.
…“
2. Rechtliche Schlussfolgerungen:
Videoaufzeichnungen enthalten zunächst Daten über Personen, welchen vom Auftraggeber noch keine Identität (im Sinne eines bestimmten Namens, Geburtsdatums, etc.) zugeordnet ist. Es handelt sich um nur „bestimm bare “ Daten im Sinne des § 4 Z 1 erster Satz DSG 2000.
Hinzu kommt ein weiteres besonderes und datenschutzrechtlich äußerst relevantes Element – welches auch die Beschwerdegegnerin zutreffend erkannt hat: Solange der Auftraggeber die Videoaufzeichnungen nicht ausgewertet hat, kennt er nicht einmal die nur „bestimmbaren“ Daten – er hat sie zwar ermittelt und speichert sie in seinem „Herrschaftsbereich“ und ist daher Auftraggeber iSd § 4 Z 4 DSG 2000, darf jedoch regelmäßig von ihnen keine Kenntnis nehmen, es sei denn, dass ein Auswertungsanlass tatsächlich eingetreten ist, der im Registrierungsverfahren als Fall des Vorliegens eines überwiegenden berechtigten Auswertungsinteresses anerkannt wurde.
Dies ist eine außergewöhnliche Fallkonstellation, die von dem Normalfall der gemäß § 26 Abs. 1 zu beauskunftenden Datenanwendungen wesentlich verschieden ist: Der Auftraggeber einer Videoaufzeichnung weiß nicht, „zu wessen Person“ Daten gespeichert sind, und darf es auch – außer im Auswertungsanlassfall – nicht in Erfahrung bringen. Dieses Verbot steht im Konflikt zur Auskunftserteilung, da diese eine Durchsuchung der Aufzeichnungen voraussetzt, ohne dass der als „vorrangig“ anerkannte Anlass vorliegt.
Der Gesetzgeber hat in einem anderem Zusammenhang, in dem die Identität der von seiner Datenanwendung Betroffenen dem Auftraggeber ebenfalls unbekannt ist und auch nicht in Erfahrung gebracht werden darf, das Bestehen eines Auskunftsrechts verneint, und zwar im Zusammenhang mit indirekt personenbezogenen Daten (§ 4 Z 1 zweiter Satz DSG 2000). Indirekt personenbezogene Daten sind eine spezielle Art „bestimmbarer Daten“, bei welchen anstelle der Identifikation ein dem Auftraggeber unbekanntes Pseudonym verwendet wird und jeder Versuch einer Identifikation verboten ist. Dieses Verbot ist eine besondere Schutzmaßnahme für die Betroffenen, deren Verletzung unter Strafe gestellt ist. Den Auftraggeber durch ein Auskunftsersuchen zu zwingen, entgegen dem Sinn der Verwendung indirekt personenbezogener Daten, einen Datensatz einem namentlich bestimmten Betroffenen zuzuordnen und dadurch das zum Schutz des Betroffenen bestehende Identifizierungsverbot zu unterlaufen, wurde vom Gesetzgeber als so widersinnig angesehen, dass er das Bestehen eines Auskunftsrechts ausdrücklich verneint hat (siehe § 29 DSG 2000).
Die Datenschutzkommission ist der Auffassung, dass das Bestehen eines Auskunftsrechts aus nicht ausgewerteten Videoaufzeichnungen in gleicher Weise zu beurteilen ist wie dies § 29 DSG 2000 für indirekt personenbezogene Daten vornimmt:
Videoüberwachung als systematische Speicherung von Daten über Betroffene, die in einer weit überwiegenden Zahl der Fälle keinen Anlass zur Ermittlung ihrer Daten gegeben haben, da sie kein rechtswidriges Verhalten gesetzt haben, kann überhaupt nur dann als datenschutzrechtlich „erträglich“ angesehen werden, wenn gesichert ist, dass die ermittelten Daten nur ausnahmsweise benutzt und damit im Normalfall der Kenntnisnahme durch den Auftraggeber durch Auswertung der Daten nicht zugänglich gemacht werden . Das wesentlichste Schutzelement für die von einer Videoüberwachung Betroffenen liegt also darin, dass die Überwachungsdaten möglichst bald wieder gelöscht werden und im Übrigen eine Auswertung nur in jenen relativ seltenen Fällen stattfindet, die als Anlass der Auswertung von vornherein definiert und im Zuge des Registrierungsverfahrens als „überwiegend“ gegenüber den Datenschutzinteressen allfälliger Betroffener zugelassen wurden.
Es besteht somit – so wie bei der Verwendung indirekt personenbezogener Daten – ein Verbot der Identifizierung (hier: außerhalb des Auswertungsanlassfalls), das essentiell für die Zulässigkeit der Verwendung derartiger Daten ist. Ohne dieses Verbot wäre weder die Verwendung von indirekt personenbezogenen Daten noch die Vornahme von Videoüberwachung mit dem Grundrecht auf Datenschutz überhaupt vereinbar. Angesichts dieses Verbotes, das den wichtigsten Schutz gegen den durch Videoüberwachung bewirkten erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz aller Betroffenen darstellt, wäre es widersinnig anzunehmen, dass der Auftraggeber einer Videoüberwachung durch ein Auskunftsbegehren zur Umgehung seiner Verpflichtung, keine Identifizierung der gefilmten Personen vorzunehmen bzw. zu versuchen, gezwungen sein sollte. Das Bestehen einer Pflicht zur Auskunftserteilung würde in diesem Fall einen Wertungswiderspruch offenlegen, der dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann – und zwar umso mehr, als er in dem nicht unähnlich gelagerten Fall der indirekt personenbezogenen Daten diesen Widerspruch dadurch ausdrücklich ausgeschlossen hat, dass er das Bestehen eines Auskunftsrechts verneint hat.
Hinzu kommt im Fall der Videoaufzeichnungen, dass die Annahme des Bestehens eines Auskunftsrechts aus nicht ausgewerteten Videoaufzeichnungen die Datenschutzrechte der übrigen Personen, die von der Aufzeichnung betroffen sind, unverhältnismäßig beeinträchtigen würde:
Bei einer Auskunft darüber, ob der Auskunftswerber Gegenstand von bestimmten Videoaufzeichnungen ist, kommt es zwar nicht notwendig zur Identifizierung aller Personen, die auf den Videobildern zu sehen sind, doch kann es zu Zufallserkennungen und Zufallsfunden kommen, die bei einer Beschränkung der Bildauswertung auf die im Rahmen des Überwachungszwecks definierten Anlassfälle nicht erfolgt wären, da ein „Anlassfall“ innerhalb der jeweiligen Löschfrist vielleicht nicht aufgetreten wäre. D. h., dass die Auswertung des Bildmaterials für Zwecke der Auskunftserteilung eine datenschutzrechtliche „Gefahr“ für alle in den Aufzeichnungen enthaltenen Personen darstellt, weil ihre Verhaltensweise erst durch die Auswertung der Videoaufzeichnungen dem Auftraggeber bekannt wird.
Auch eine etwaige Bearbeitung der Gesichter der anderen auf den Videoaufzeichnungen enthaltenen Personen dergestalt, dass diese nicht mehr erkennbar wären, würde die Datenschutzrechte dieser Personen nicht entscheidend stärken. Es geht nämlich nicht nur darum, ob die Beschwerdeführerin Daten über andere Betroffene zur Kenntnis bekommt, sondern v.a. auch darum, dass erst durch die Auswertung für Zwecke der Auskunftserteilung der Auftraggeber die Daten der anderen Betroffenen „zur Kenntnis bekommt“, da die Daten erstmals bei der Auswertung von einem Menschen (dem Organ des Auftraggebers) eingesehen werden – bis dahin sind sie dem Auftraggeber nur potentiell , nicht aber tatsächlich bekannt. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall bei Annahme des Bestehens eines Auskunftsrechts durch die Beantwortung des Auskunftsbegehrens alle Betroffenen – einschließlich des Auskunftswerbers! – der Löschung der Daten verlustig gegangen wären, obwohl die Löschung vor jeder Auswertung bei der Videoüberwachung die beste Gewähr zur Effektuierung von Geheimhaltungsrechten ist.
Anders als im Hinblick auf Daten, die nach einer Auswertung von Videoaufzeichnungen beim Auftraggeber gespeichert sind, ist zusammenfassend festzuhalten, dass im vorliegenden Fall, – in dem die beschwerdegegenständlichen Daten keiner Auswertung unterzogen wurden, sodass der Auftraggeber von den aufgezeichneten Daten tatsächlich keine Kenntnis erlangte, – ein Auskunftsrecht der Beschwerdeführerin nicht entstanden ist, sodass sie durch die Verweigerung der Übermittlung einer Kopie der Bildaufzeichnungen in ihrem Recht auf Auskunft nicht verletzt sein konnte. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.