2025-0.327.266 – Datenschutzbehörde Entscheidung
Text
GZ: 2025-0.327.266 vom 19. Mai 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D213.3166)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), statistische Angaben etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.
Der Name und die Bezeichnungen der geprüften Gebietskörperschaft und ihrer organisatorischen Einheiten wurden hier nicht pseudonymisiert, da sich beides aus zitierten Rechtsgrundlagen ergibt.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet im Rahmen der Datenschutzüberprüfung gemäß Art. 58 Abs. 1 lit. b DSGVO gegen die Magistratsabteilung 6 (Rechnungs- und Abgabenwesen) des Magistrats der Stadt Wien, vertreten durch die Magistratsabteilung 63 (Datenschutz-, E-Government- und Informationsrecht) des Magistrats der Stadt Wien, wie folgt:
Der Magistratsabteilung 6 wird aufgetragen , die Videoüberwachung im Zusammenhang mit nachfolgenden Videokameras an nachfolgenden Standorten innerhalb einer Frist von 8 Wochen derart zu beschränken, sodass die (Schreibtisch-)Arbeitsplätze und die mehrmals täglich frequentierten Arbeitsbereiche von Mitarbeiter*innen der Magistratsabteilung 6 nicht vom Aufnahmebereich der Videokameras erfasst sind:
- [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf insgesamt 19 im Spruch aufgezählte Standorte einer Videoüberwachung (Kameras) auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt]
Rechtsgrundlagen : Art. 4 Z 1, Z 2 und Z 7, Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. a und lit. h, Art. 58 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. f sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 91 Abs. 4 und 106 Abs. 1 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung – WStV), LGBl. Nr. 28/1968 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
1. Der Datenschutzbehörde wurde im Rahmen einer anonymen Anzeige zur Kenntnis gebracht, dass an verschiedenen Standorten der Magistratsabteilung (MA) 6 eine umfassende Videoüberwachung stattfinde und der Verdacht vorliege, dass auch Mitarbeiter*innen hiervon betroffen seien.
2. Die Datenschutzbehördeleitete daraufhin mit Aufforderungsschreiben vom 18. Oktober 2024 ein amtswegiges Prüfverfahren („Datenschutzüberprüfung“) gemäß Art. 57 Abs. 1 lit. h iVm Art. 58 Abs. 1 lit. b DSGVO iVm § 22 Abs. 1 DSG ein.
3. Im Rahmen ihrer ersten Stellungnahme vom 21. November 2024 bestätigte die MA 6 , vertreten durch die Magistratsabteilung (MA) 63, dass eine Videoüberwachung in ihren Räumlichkeiten stattfinde. Da die Anordnung der Videoüberwachungstätigkeit auch durch die Dienststellenleitung der MA 6 erfolgt sei und deren Handeln der MA 6 zugerechnet werde, habe die MA 6 auch konkret die Zwecke und Mittel der Verarbeitungstätigkeit festgelegt. Es würden insgesamt 44 Videokameras an 19 Standorten betrieben, wobei sich der überwachte Bereich jeweils auf den Kassen- sowie den Wartebereich beschränke. Aufzeichnungen fänden statt und würden für jeweils 72 Stunden gespeichert. Die Speicherung erfolge verschlüsselt auf den Servern im geschützten Rechenzentrum der Stadt Wien. Da die Speicherung in einem sog. Ringspeicher stattfinde, würden Aufzeichnungen, die diese Zeitspanne überschreiten, automatisch überschrieben und damit gelöscht werden. Eine Sichtung der Dateien nach diesen 72 Stunden sei nicht möglich. Auf die Live-Bilder könne sowohl die MA 6 als auch die Wache Rathaus zugreifen. Bei der MA 6 werde durch eine Person einmal pro Tag kurz Einschau genommen, um die Funktionsfähigkeit der Kameras zu überprüfen. Bei Betätigung der Notfalltaste erhielten die Journalbediensteten der Wache Rathaus ein Live-Bild, um die bestehende Gefahr einschätzen und Maßnahmen treffen zu können. Eine Auswertung der Aufnahmen außerhalb der Live-Bilder könne nur durch die MA 1 im Auftrag der MA 6 erfolgen. Dies geschehe jedoch nur im begründeten Anlassfall. Die Videoüberwachung diene dem in der Privatwirtschaftsverwaltung liegenden Personen- und Objektschutz und erfolge im Rahmen berechtigter Interessen iSd Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Berechtigte Interessen lägen vor, zumal es in der Vergangenheit bereits zu Vorfällen wie etwa bewaffnete Raubüberfälle und Bedrohungen durch Bürger*innen gekommen sei. Sämtliche Forderungen der Stadt Wien könnten bei den Kassen der MA 6 beglichen werden und bestehe aufgrund der sich daraus ergebenen erhöhten Frequenz an Personen sowie der Tatsache, dass große Mengen an Bargeld verwaltet würden, ein erhöhtes Gefährdungspotential sowohl für das Objekt aber auch vor allem für die dort – an den Kassen – arbeitenden Personen. Bei der Videoüberwachung handle es sich um ein geeignetes Mittel, um das Objekt und die darin befindlichen Personen zu schützen, da dieser zum einen eine abschreckender Charakter innewohne und zum anderen für die Aufklärung von Vorfällen (Personenidentifikation) essentiell sei. Die Videoüberwachung stelle auch das gelindeste Mittel dar, vor allem da das bei der MA 6 vorhandene Alarmsystem inkl. Zugangskontrollsystem zum Kassenraum kein adäquates Schutzniveau biete, insbesondere hinsichtlich der Aufklärung von Vorfällen. Vor diesem Hintergrund erweise sich die gegenständliche Videoüberwachung als alternativlos.
Eine Auflistung der betriebenen Videokameras samt Standorten, Lichtbilder der jeweiligen Aufnahmebereiche sowie Fotos der Videokameras waren der Eingabe angeschlossen.
4. Die MA 6 , vertreten durch die MA 63, legte am 7. April 2025 nachfolgende Unterlagen in Kopie vor: Datenschutz-Folgenabschätzung, „Dokumentation der Verarbeitungstätigkeit (DVT)“, „Relevanzprüfung“, „Dokumentation einer Interessenabwägung“ sowie eine Auflistung der Vorfälle.
5. Die MA 6 , vertreten durch die MA 63, legte am 14. April 2025 den Erlass „MD-OS-538382/2018 Bildverarbeitung durch Videoüberwachung; Einsatz sowie Auswertung und Löschung von Daten vom 26.06.2018 idgF“ in Kopie vor.
6. Die Datenschutzbehörde führte am 18. April 2025 eine mündliche Einvernahme des Leiters der MA 6, Herrn Michael B***, als informierten Vertreter durch.
Im Rahmen dessen legte die MA 6 ein Dokumentenkonvolut vor, dabei insbesondere die „Vereinbarung über den Einsatz von Videoüberwachung“ mit der Personalvertretung sowie Aktenvermerke iZm den Vorfällen.
7. Die MA 6 , vertreten durch die MA 63, legte am 28. April 2025 nachfolgende Unterlagen in Kopie vor: Datenschutzerlass, Allgemeine Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien (KVM) und eine Übersichtstabelle betreffend die Kund*innenfrequenz für das Jahr 2024.
Darüber hinaus führte die MA 6 aus, dass neuen Bediensteten die KVM, die – im Rahmen der mündlichen Einvernahme bereits vorgelegte - Vereinbarung mit der Personalvertretung über den Einsatz einer Videoüberwachung vom 10. Oktober 2012 und der Erlass vom 26. Juni 2018, MD-OS-538382/2018, betreffend die Bildverarbeitung durch Videoüberwachung; Einsatz sowie Auswertung und Löschung von Daten, zur Kenntnis gebracht werde. Die Kenntnisnahme der KVM sei darüber hinaus durch die Bediensteten schriftlich zu bestätigen.
B. Verfahrensgegenstand
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob die an den Standorten der MA 6 durchgeführte Videoüberwachung (44 Videokameras an 19 Standorten) den Bestimmungen der DSGVO und des DSG entspricht und damit rechtmäßig ist.
Falls von einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung und somit von einem Verstoß gegen die DSGVO auszugehen ist, stellt sich im Weiteren die Frage, welche Abhilfebefugnisse gemäß Art. 58 Abs. 2 der DSGVO in Betracht kommen, um die festgestellten Verstöße zu beseitigen.
C. Sachverhaltsfeststellungen
1. Die Datenschutzbehörde legt das Vorbringen sowie den Verfahrensgang unter Punkt A ihren Sachverhaltsfeststellungen zugrunde.
2. Bei der Magistratsabteilung (MA) 6 handelt es sich organisatorisch um eine Abteilung des Magistrats der Stadt Wien, Geschäftsgruppe „Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke“.
Die MA 6 ist laut aktuell in Geltung stehender Geschäftseinteilung für den Magistrat der Stadt Wien (GEM) zuständig für das Rechnungs- und Abgabenwesen der Stadt Wien und für die operative Abwicklung des Budgets der Stadt Wien.
Die MA 6 ist laut aktuell in Geltung stehender Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien (GOM), welche den internen Geschäftsgang des Magistrats der Stadt Wien regelt, eine Dienststelle iSd Geschäftsordnung. Den Dienststellenleitern und Dienststellenleiterinnen obliegt laut GOM die Leitung ihrer Dienststelle und die Aufsicht über die zugewiesenen Bediensteten sowie die Verantwortung für die gesetzmäßige, zweckmäßige, rasche, einfache und Kosten sparende Durchführung der Aufgaben.
Die MA 6 setzt sich zusammen aus vier Stabsstellen (Budget, Personal, Qualität, Strategie), zwei Dezernaten (Abgaben und Recht, Rechnungswesen), drei Referaten (Beratung-Service-Betreuung, Erhebungs- und Vollstreckungsdienst, Scanzentrum), sowie 15 Buchhaltungsabteilungen und 19 Stadtkassen (inklusive Stadthauptkasse).
In den Standorten der Stadtkassen der MA 6 besteht für Kund*innen die Möglichkeit sämtliche offenen Forderungen der Stadt Wien einzubezahlen und sich zu Zahlungsfragen beraten zu lassen.
Der Magistratsdirektor ist dem Leiter der MA 6 dienstlich übergeordnet und weisungsbefugt. Der zuständige amtsführende Stadtrat ist gegenüber dem Leiter der MA 6 nicht weisungsbefugt.
Michael B*** ist seit **. ** 202* als Leiter der MA 6 tätig.
Im Jahr 2024 lag die durchschnittliche monatliche Kund*innenfrequenz in allen Stadtkassen der MA 6 insgesamt bei rund [Anmerkung Bearbeiter/in: angegebene fünfstellige Zahl auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt] Personen.
In den Stadtkassenstellen sind Wertbeträge im Schnitt von [Anmerkung Bearbeiter/in: nähere Angaben zu Wertbeträgen und Gebrauch der Kassengebarung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt].
3. Der Magistrat der Stadt Wien, vertreten durch die Magistratsabteilung (MA) 1, und die Personalvertretung der Bediensteten der Gemeinde Wien, vertreten durch den Zentralausschuss, haben am 10. Oktober 2012 nachstehende Vereinbarung über den Einsatz von Videoüberwachung in Arbeitsstätten der Gemeinde Wien geschlossen, welche auch im verfahrensrelevanten Zeitpunkt in Geltung steht und für die MA 6 gilt:
„Präambel
Der Schutz des Eigentums der Stadt Wien und ihrer verfassungsgesetzlich vorgesehenen Organe, der Bediensteten und Kundinnen bzw. Kunden kann in vielen Fällen wirtschaftlich vernünftig und effektiv nur durch den Einsatz von Videoüberwachung erreicht werden. Dies bedingt, dass z. B. Videokameras in Arbeitsräumen (z. B. Kassenräumen) installiert werden müssen oder zwangsläufig Bereiche erfassen, die zu einem ständigen Arbeitsplatz gehören. Der Zweck der Videoüberwachung ist nicht darin gelegen, Bedienstete zu überwachen, insbesondere eine Leistungs- oder Verhaltenskontrolle zu ermöglichen, sondern ist im sogenannten Eigen- und Verantwortungsschutz der Stadt Wien zu finden. Die nachstehende Vereinbarung über die Videoüberwachung legt im Kern über die im Datenschutzgesetz 2000 festgelegten Normen über die Datenverwendung hinaus fest, wie die Mitwirkungsrechte der Personalvertretung bei der Installation einer Videoüberwachungsanlage bzw. bei der Auswertung der aufgezeichneten Daten auszuüben und welche Pflichten von der Dienstgeberin diesbezüglich zu beachten sind, unter Beachtung dieser Rahmenbedingungen erteilt die Personalvertretung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 2 des Wiener Personalvertretungsgesetzes die Zustimmung zur Einführung und zum Einsatz derartiger technischer Systeme.
Geltungsbereich
§ 1. Diese Vereinbarung gilt für alle Bediensteten der Gemeinde Wien, auf welche die Bestimmung des § 39 Abs. 2 Z 1 und 2 des Wiener Personalvertretungsgesetzes - W-PVG, LGBl. für Wien Nr. 49/1985 in der Fassung LGBI. für Wien Nr. 50/2012, anzuwenden ist und erstreckt sich auf alle Arbeitsstätten im Sinne des § 2 Z 4 des Wiener Bedienstetenschutzgesetzes 1998 - W-BedSchG 1998, LGBI, für Wien Nr. 48/1998 in der Fassung LGBI. für Wien Nr. 42/2010, und zwar auch auf solche, die zu einem Betrieb im Sinne des Art. 21 Abs. 2 B-VG gehören.
Ein vormaliger Leiter der MA 6 hat im Jahr 2012 entschieden, dass aufgrund von erhöhtem Sicherheitsinteresse, insbesondere iZm Personen- und Eigentumsschutz, eine Videoüberwachung in den Räumlichkeiten der MA 6 stattfinden soll.
Videoüberwachung
§ 2. Videoüberwachung im Sinne dieser Vereinbarung bezeichnet die systematische, insbesondere fortlaufende Feststellung von Ereignissen, die ein bestimmtes Objekt (überwachtes Objekt) oder eine bestimmte Person (überwachte Person) betreffen, durch technische Bildaufnahme- oder Bildübertragungsgeräte. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um eine Bildübertragung mit oder ohne Speicherung (Echtzeitüberwachung) handelt. Unter Videoüberwachungsanlage sind visuelle Aufnahmegeräte zur systematischen Kontrolle bzw. Beobachtung von bestimmten Objekten bzw. Personen zu verstehen.
Zweck der Videoüberwachung
§ 3. Videoüberwachung darf in Arbeitsstätten der Gemeinde Wien für folgende Zwecke eingesetzt werden:
1. Objektschutz: Das ist der Schutz des Eigentums der Gemeinde Wien vor Diebstahl, Einbruch, Sachbeschädigung und ähnlichen Ereignissen;
2. Personenschutz: Das ist der Schutz ihrer verfassungsmäßigen Organe und Bediensteten;
3. Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten bzw. Verantwortungsschutz: Das ist der sich insbesondere aus Verkehrssicherungspflichten bzw. aus der Vertragshaftung gegenüber Kundinnen und Kunden ergebende Schutz von Personen und von fremdem Eigentum, wozu auch die zur Gewährleistung der Datensicherheit erforderliche Videoüberwachung zählt;
4. medizinische Zwecke: Das ist die Überwachung, die aus fachärztlicher Sicht notwendiger Bestandteil der Diagnostik und/oder der medizinischen Behandlung ist, Gebot der Verhältnismäßigkeit.
§ 4. (1) Videoüberwachung darf nur in dem zeitlichen und räumlichen Ausmaß und mit den technischen Mitteln erfolgen, die zur Erreichung der in § 3 Z 1 bis 4 genannten Zwecke unbedingt erforderlich sind.
(2) Die Einrichtung von Videoüberwachung in WC-, Wasch-, Umkleide-, Bade- und Sozialräumen ist unzulässig.
(3) Die Videoüberwachung zum Zweck der Kontrolle der Anwesenheit von Bediensteten, ihrer Arbeitsleistung sowie von Arbeitsabläufen ist jedenfalls unzulässig.
Kennzeichnungspflicht
§ 5. (1) In Arbeitsstätten (§ 2 Z 4 W-BedSchG), in denen Videoüberwachung stattfindet, ist vor Betreten des Aufnahmebereiches auf diesen Umstand deutlich sichtbar hinzuweisen.
(2) Keine Kennzeichnungspflicht besteht für die Videoüberwachung zum Schutz von Räumlichkeiten der verfassungsmäßigen Organe und Einrichtungen des Landes bzw. der Gemeinde Wien.
Zustimmung der Personalvertretung zur Videoüberwachung
§ 6. Werden durch eine Videoüberwachung Bereiche erfasst, in denen sich Bedienstete ständig aufhalten, bedarf diese in den Fällen des § 3 Z 1 bis 3 der Zustimmung der Personalvertretung.
Auswertung von Bediensteten betreffende Daten
§ 7. (1) Die Auswertung von durch Videoüberwachung gewonnenen Daten von Bediensteten darf in den Fällen des § 3 Z 1 bis 3 nur im Zusammenhang mit einer dem Zweck der Videoüberwachung entsprechenden Beweismittelsicherung erfolgen und bedarf, soweit Abs. 2 nichts Anderes bestimmt, der Zustimmung der Personalvertretung.
(2) Keiner Zustimmung der Personalvertretung bedarf die Auswertung der Daten von Bediensteten, wenn ein begründeter Verdacht auf
1. eine von oder an einer oder einem Bediensteten begangenen gerichtlich strafbaren Handlung oder
2. eine an einer oder einem Bediensteten begangenen Diskriminierung im Sinne des § 18a DO 1994 bzw. § 4a VBO 1995 oder
3. eine an einer oder einem Bediensteten begangenen Diskriminierung im Sinne der §§ 7 und 7a des Wiener Gleichbehandlungsgesetzes vorliegt.
(3) Die Befugnisse von Behörden und Gerichten zur Durchsetzung der Herausgabe von Beweismaterial und zur Beweismittelsicherung (§ 50a Abs. 6 DSG 2000) sowie damit korrespondierende Verpflichtungen des Magistrates der Stadt Wien bleiben unberührt.
(4) Die Auswertung hat durch die Dienststellenleiterin oder den Dienststellenleiter bzw. durch eine oder einen von ihr oder ihm beauftragte Bedienstete oder beauftragten Bediensteten unter Beiziehung des für die Dienststelle (§ 4 W-PVG) zuständigen Dienststellenausschusses zu erfolgen.
(5) Bei Gefahr im Verzug kann die Auswertung der Daten ausnahmsweise durch Bedienstete der MA 68 - Wache Rathaus erfolgen. Die Direktorin oder der Direktor einer Unternehmung der Stadt Wien, bei in Teilunternehmungen gegliederten Unternehmungen die Generaldirektorin oder der Generaldirektor, kann in diesem Fall an Stelle der Auswertung durch Bedienstete der MA 68 - Wache Rathaus - erforderlichenfalls für jede Dienststelle - auch zwei andere dazu befugte Personen mit der gemeinsamen Auswertung betrauen. Von der erfolgten Datenauswertung sind die zuständige Dienststellenleiterin bzw. der zuständige Dienststellenleiter sowie der zuständige Dienststellenausschuss unverzüglich zu verständigen.
(6) Gefahr im Verzug liegt vor, wenn ein bloßes Sicherstellen des aufgezeichneten Bildmaterials nicht ausreicht und mit der Auswertung desselben durch die in Abs. 4 Berechtigten nicht zugewartet werden kann.
(7) Der Personalvertretung sind die zur Auswertung berechtigten Personen bekannt zu geben.
Zugriffsprotokoll
§ 8. Jeder Verwendungsvorgang einer Videoüberwachung gemäß § 3 Z 1 bis 3 ist unter Angabe des Grundes zu protokollieren. Dies gilt nicht für Fälle der Echtzeitüberwachung. Das Protokoll ist von der Dienststelle, für deren Zwecke die Videoüberwachungsanlage eingerichtet worden ist, drei Jahre aufzubewahren, Dient eine Videoüberwachungsanlage den Zwecken mehrerer Dienststellen, hat die Aufbewahrung von einer dieser Dienststellen zu erfolgen. Dem zuständigen Dienststellenausschuss ist über dessen Verlangen Einsicht in das Protokoll zu gewähren.
Informationspflichten
§ 9. Die Dienststellenleiterin bzw. der Dienststellenleiter jener Dienststelle, für deren Zwecke die Videoüberwachung erfolgen soll, hat den zuständigen Dienststellenausschuss von der beabsichtigten Installation einer zustimmungspflichtigen Videoüberwachungsanläge (§ 6) und deren Zweck zu informieren und die schriftliche Zustimmung des Dienststellenausschusses einzuholen. Dient eine solche Videoüberwachungsanlage den Zwecken mehrerer Dienststellen ist die Zustimmung des nach § 39 Abs. 9 Z 3 W-PVG zuständigen Organs der Personalvertretung von einer der Dienststellenleiterinnen bzw. einem der Dienststellenleiter unter gleichzeitiger Benachrichtigung der anderen Dienststellenleiterinnen bzw. Dienststellenleiter einzuholen.
Löschen von Daten
§ 10. (1) Aufgezeichnete Daten sind längstens nach 72 Stunden zu löschen. Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, ist der nächste Werktag letzter Tag der Frist. Die Datenschutzkommission kann im Rahmen der Registrierung unter bestimmten Voraussetzungen eine längere Aufbewahrungsdauer genehmigen.
(2) Darüber hinaus dürfen ausgewertete Daten solange in personenbezogener Form aufbewahrt werden, als dies für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden (§ 7 Abs. 1 bis 3), erforderlich ist; danach sind sie unverzüglich zu löschen.
(3) Bei der Datenverwendung sind die nach dem Datenschutzrecht zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten, wobei jedenfalls die Zugriffsberechtigung auf gespeicherte Daten auf die unbedingt erforderliche Anzahl von Bediensteten zu beschränken ist.
Kundmachung
§ 11. Diese Vereinbarung ist allen Bediensteten (§ 1) auf geeignete Weise zur Kenntnis zu bringen.
Schluss- und Übergangsbestimmungen
§ 12. (1) Soweit in dieser Vereinbarung der Personalvertretung als solcher Mitwirkungsrechte eingeräumt werden, sind diese von dem nach § 39 Abs. 9 Z 3 W-PVG zuständigen Organ der Personalvertretung wahrzunehmen.
(2) Im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung bestehende und in der Anlage zu dieser Vereinbarung aufgezählte Videoüberwachungsanlagen werden - unbeschadet, ob diese Anlage der Zustimmungspflicht gemäß § 6 unterliegt oder nicht - vom Zentralausschuss der Personalvertretung zustimmend zur Kenntnis genommen.
(3) Nicht erfasst von dieser Vereinbarung sind Tonaufzeichnungen oder -übertragungen. Diese dürfen ausschließlich im Zusammenhang mit der aus fachärztlicher Sicht notwendigen medizinischen Überwachung von Patientinnen und Patienten (§ 3 Z 4) erfolgen.
(4) Änderungen dieser Vereinbarung bedürfen der Schriftlichkeit; § 11 ist anzuwenden.
In-Kraft-Treten
§ 14. Diese Vereinbarung tritt mit 1. November 2012 in Kraft.“
4. Die „Allgemeine Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien“ vom 22. Mai 2019 (seit 1. Juni 2019 in Kraft) wurde von Mitarbeiter*innen der MA 6 ausgearbeitet und von der MA 5 kundgemacht. Sie lautet auszugsweise (soweit verfahrensrelevant) wie folgt:
„1. Allgemeines
Die Allgemeine Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien (KVM) gilt für alle Kassen und Verläge des Magistrats mit Ausnahme jener der städtischen Unternehmungen.
Abweichungen gegenüber dieser Allgemeinen Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien sind – sofern erforderlich – in Sondervorschriften zu regeln. Sie sind unter Mitwirkung der Magistratsabteilung 6 – Rechnungs- und Abgabenwesen – Referat Zahlungsverkehr und KundInnenservice auszuarbeiten und bedürfen der Genehmigung der Magistratsabteilung 6 – Rechnungs- und Abgabenwesen – Dezernat Rechnungswesen. Der Stadtrechnungshof und die Magistratsdirektion – Geschäftsbereich Organisation und Sicherheit – Gruppe Organisation müssen von der Magistratsabteilung 6 über neue Sondervorschriften schriftlich in Kenntnis gesetzt werden. […]
3. Kassengebarung […]
Kassengeschäfte mit externen Kundinnen und Kunden sind nur in Räumlichkeiten, die die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleisten, durchzuführen.
Sofern mindestens ein Kassenbehältnis vorhanden ist, sind diese Räume mit Alarmsystemen zu versehen, welche sowohl einen Überfalls- als auch einen Einbruchsalarm an die Magistratsabteilung 68 – Sektion 10 – Wache Rathaus absetzen können. Darüber hinaus ist auch eine Videoüberwachung vorzusehen (siehe auch die Sicherheitsinformationen der Magistratsdirektion – Geschäftsbereich Organisation und Sicherheit – Gruppe Krisenmanagement und Sicherheit unter https://www.intern.magwien.gv.at/md-os/ks/sicher-heit/index_sicherheit.html).
Auszahlungen dürfen nur auf Grund einer entsprechenden Anweisung (siehe Abschnitt 3.10.) erfolgen. Einzahlungen sind in jedem Fall entgegenzunehmen.
Sofern eine Kassenstelle über einen eigenen Kassenraum verfügt, sind Kassengeschäfte nur in diesem bzw. beim Kassenschalter abzuwickeln. […]
4.4. Sicherheitsvorkehrungen
4.4.1. Sicherheit für Kassenbehälter und Schlüssel
Die Kassierin bzw. der Kassier hat sich täglich vom guten Zustand der Kassenbehältnisse und vom einwandfreien Funktionieren der sonstigen Sicherheitsvorkehrungen (Sperre, Schloss der Tür zum Kassenraum, Fensterscheiben, Videoüberwachung usw.) zu überzeugen. […]
4.4.5. Alarmvorrichtungen
Alle Kassenstellen mit Kundinnen- bzw. Kundenverkehr und mindestens einem Kassenbehältnis sind gemäß der durch die Magistratsdirektion – Geschäftsbereich Organisation und Sicherheit – Gruppe Krisenmanagement und Sicherheit veröffentlichten „Sicherheitsinformationen für Dienststellen der Stadt Wien“, Abschnitt „Allgemeine Kassensicherheit“ (https://www.intern.magwien.gv.at/md-os/ks/sicherheit/index_sicherheit.html) angeführten Empfehlungen auszustatten.
Das klaglose Funktionieren der Alarmvorrichtung ist einmal in der Woche, jedoch nicht zu feststehenden Terminen, durch einen Probealarm zu überprüfen. Bei jenen Kassenstellen, deren Alarmsignal auch außerhalb der zu sichernden Amtsräume vernommen wird ist, wenn nicht anders verfügt wurde, ebenfalls einmal in der Woche, jedoch nicht zu feststehenden Terminen, eine kurze probeweise Überprüfung durchzuführen. Dies ist zuverlässig unmittelbar vor Auslösung der Alarmvorrichtung den übrigen Hausangehörigen bzw. der Magistratsabteilung 68 – Sektion 10 – Wache Rathaus mitzuteilen. Im Zuge der Probe sind auch die Bilder der Videoüberwachung zu überprüfen und gegebenenfalls Einstellungen anzupassen (Erfassungsbereich). […]“
5. Der Erlass der Magistratsdirektion der Stadt Wien MD-OS-538382/2018 vom 26. Juni 2018, welcher zum verfahrensrelevanten Zeitpunkt in Geltung steht und auch für die MA 6 gilt, stellt sich wie folgt dar:
„M A G I S T R A T S D I R E K T I O N D E R S T A D T W I E N
G e s c h ä f t s b e r e i c h O r g a n i s a t i o n u n d S i c h e r h e i t
Bildverarbeitung durch Videoüberwachung; Einsatz sowie Auswertung und Löschung von Daten
Erlass
An alle städtischen Dienststellen
Werden in Arbeitsstätten der Gemeinde Wien (§ 2 Z 4 W-BedSchG 1998) Videoüberwachungssysteme im Sinne der § 12 und § 13 Datenschutzgesetz (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 in der geltenden Fassung eingeführt bzw. bereits verwendet, ist für den Einsatz sowie die Auswertung und Löschung der durch die Videoüberwachung gewonnenen Daten folgende Vorgangsweise zu beachten:
I. Zwecke der Videoüberwachung
Videoüberwachung darf in Arbeitsstätten der Gemeinde Wien (§ 2 Z 4 W-BedSchG 1998) eingesetzt werden, wenn:
1. sie im lebenswichtigen Interesse einer Person erforderlich ist,
2. sämtliche betroffene Personen zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt haben,
3. eine besondere gesetzliche Grundlage dafür besteht oder
4. im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen der verantwortlichen Stelle
oder eines Dritten bestehen und die Verhältnismäßigkeit gegeben ist.
Anwendungsfälle für Ziffer 4. sind:
a) Objektschutz: Das ist der Schutz des Eigentums der Gemeinde Wien vor Diebstahl, Einbruch, Sachbeschädigung und ähnlichen Ereignissen, wobei bereits Rechtsverletzungen erfolgt sind oder die Videoüberwachung auf Grund eines in der Natur des Ortes liegenden besonderen Gefährdungspotenzials erforderlich ist;
b) Personenschutz: Das ist der Schutz ihrer verfassungsmäßigen Organe und Bediensteten, wobei bereits Rechtsverletzungen erfolgt sind oder die Videoüberwachung auf Grund eines in der Natur des Ortes liegenden besonderen Gefährdungspotenzials erforderlich ist;
c) Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten bzw. Verantwortungsschutz: Das ist der sich insbesondere aus Verkehrssicherungspflichten bzw. aus der Vertragshaftung gegenüber Kundinnen und Kunden ergebende Schutz von Personen und von fremdem Eigentum, wozu auch die zur Gewährleistung der Datensicherheit erforderliche Videoüberwachung zählt;
d) medizinische Zwecke: Das ist die Überwachung, die aus fachärztlicher Sicht notwendiger Bestandteil der Diagnostik und/oder der medizinischen Behandlung ist;
Videoüberwachung darf nur in dem zeitlichen und räumlichen Ausmaß und mit der Eingriffsintensität (z.B. nur Bild statt Bild und Ton) erfolgen, die zur Erreichung dieser Zwecke unbedingt erforderlich sind.
II. Pflichten bei der Einrichtung von Videoüberwachung
1. Allgemeines
Der Einsatz von Videoüberwachung in Arbeitsstätten der Gemeinde Wien (§ 2 Z 4 W-BedSchG 1998) ist von der Dienststellenleiterin bzw. dem Dienststellenleiter zu genehmigen. Videoüberwachungssysteme stellen eine Verarbeitungstätigkeit im Sinne des Erlasses MDK-420907-1/18 „Datenschutz im Magistrat der Stadt Wien“ dar, entsprechend dessen Vorgaben im Wege der Datenschutzapplikation „DAVID“ eine Dokumentation zu erstellen und an die MA 63 zu übermitteln ist. Im Fall des Punkt I Ziffer 4 sind die Interessensabwägung und Verhältnismäßigkeit ausreichend zu begründen.
Die MA 63 führt eine Liste aller Videoüberwachungsanlagen.
Die Dienststelle ist verpflichtet, die überwachten Bereiche entsprechend zu kennzeichnen.
Im Fall der Aufzeichnung von Daten dürfen diese 72 Stunden unter Einhaltung der Datensicherheitsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 DSG aufbewahrt werden. Eine Aufbewahrung von mehr als 72 Stunden bedarf einer gesonderten Protokollierung und Begründung.
Die Einrichtung von Videoüberwachung in WC-, Wasch-, Umkleide-, Bade- und Sozialräumen sowie zum Zweck der Kontrolle der Anwesenheit oder Arbeitsleistung von Bediensteten ist unzulässig.
2. Zustimmungsrechte der Personalvertretung
Der Einsatz von Videoüberwachung bedarf der Zustimmung der Personalvertretung, wenn durch die Videoüberwachung Bereiche erfasst werden, in denen sich Bedienstete ständig aufhalten.
Eine Zustimmung der Personalvertretung ist nicht erforderlich, wenn die Videoüberwachung für medizinische Zwecke erfolgt.
Die Dienststellenleiterin bzw. der Dienststellenleiter jener Dienststelle, für deren Zwecke die Videoüberwachung erfolgen soll, hat den für die Dienststelle (§ 4 W-PVG) zuständigen Dienststellenausschuss von der beabsichtigten Installation einer zustimmungspflichtigen Videoüberwachungsanlage und deren Zweck zu informieren und die schriftliche Zustimmung des Dienststellenausschusses einzuholen.
Dient eine solche Videoüberwachungsanlage den Zwecken mehrerer Dienststellen ist die Zustimmung des nach § 39 Abs. 9 Z 3 W-PVG zuständigen Organs der Personalvertretung von einer der Dienststellenleiterinnen bzw. einem der Dienststellenleiter unter gleichzeitiger Benachrichtigung der anderen Dienststellenleiterinnen bzw. Dienststellenleiter einzuholen.
III. Voraussetzungen für eine Auswertung
Eine Auswertung der gespeicherten Daten darf nur im Zusammenhang mit einer dem Zweck der Videoüberwachung entsprechenden Beweismittelsicherung erfolgen und bedarf grundsätzlich der Zustimmung der Personalvertretung.
Eine Zustimmung der Personalvertretung ist nicht erforderlich:
1. Bei Vorliegen eines begründeten Verdachts, in dem durch das Videoüberwachungssystem geschützten Bereich habe sich
a. eine von oder an einer oder einem Bediensteten begangene gerichtlich strafbare Handlung,
b. eine an einer oder einem Bediensteten begangene Diskriminierung im Sinne des § 18 a Dienstordnung 1994 bzw. § 4a Vertragsbedienstetenordnung 1995 bzw. des § 22 Wiener Bedienstetengesetzes oder
c. eine an einer oder einem Bediensteten begangene Diskriminierung im Sinne der §§ 7 und 7a des Wiener Gleichbehandlungsgesetzes
ereignet.
2. Im Zusammenhang mit einer Videoüberwachung für medizinische Zwecke.
Die Befugnisse von Behörden und Gerichten zur Durchsetzung der Herausgabe von Beweismaterial und zur Beweismittelsicherung sowie damit korrespondierende Verpflichtungen des Magistrates der Stadt Wien bleiben unberührt.
IV. Auswertungsvorgang
Für die Auswertung der durch die Videoüberwachung gewonnenen Daten ist folgende Vorgangsweise zu beachten, sofern die Videoüberwachung nicht für medizinische Zwecke erfolgt:
1. Zur Auswertung berechtigte Personen
Die Auswertung der gespeicherten Daten erfolgt durch die Dienststellenleiterin bzw. den Dienststellenleiter oder über deren bzw. dessen Auftrag durch die hierfür zuständige Bedienstete bzw. den hierfür zuständigen Bediensteten. Der Auftrag zur Auswertung muss begründet und von der Dienststellenleiterin bzw. dem Dienststellenleiter unterschrieben bzw. elektronisch signiert sein.
Der für die Dienststelle (§ 4 W-PVG) zuständige Dienststellenausschuss ist über die beabsichtigte Auswertung zeitgleich zu informieren.
2. Bekanntgabe der zur Auswertung berechtigten Personen
Die zur Auswertung berechtigten Personen sind der für die Dienststelle (§ 4 W-PVG) zuständigen Personalvertretung bekannt zu geben.
3. Beiziehung des Dienststellenausschusses
Die Auswertung der gespeicherten Daten hat unter Beiziehung des für die Dienststelle (§ 4 W-PVG) zuständigen Dienststellenausschusses zu erfolgen.
4. Auswertung bei Gefahr in Verzug
Bei Gefahr in Verzug kann die Auswertung der gespeicherten Daten ausnahmsweise durch Bedienstete der MA 68 – Wache Rathaus erfolgen.
Die Direktorin oder der Direktor einer Unternehmung der Stadt Wien, bei in Teilunternehmungen gegliederten Unternehmungen die Generaldirektorin oder der Generaldirektor, kann in diesem Fall an Stelle der Auswertung durch Bedienstete der MA 68 - Wache Rathaus – erforderlichenfalls für jede Dienststelle – auch zwei andere dazu befugte Personen mit der gemeinsamen Auswertung betrauen.
Von der erfolgten Auswertung der gespeicherten Daten sind die zuständige Dienststellenleiterin bzw. der zuständige Dienststellenleiter sowie der für die Dienststelle (§ 4 W-PVG) zuständige Dienststellenausschusses unverzüglich zu verständigen.
Gefahr in Verzug liegt vor, wenn ein bloßes Sicherstellen des aufgezeichneten Bildmaterials nicht ausreicht und mit der Auswertung desselben durch die zur Auswertung berechtigten Personen nicht zugewartet werden kann.
5. Dokumentation der Auswertung
Jede Auswertung ist von der zur Auswertung berechtigten Person nachvollziehbar und vollständig zu dokumentieren.
Dabei ist jedenfalls festzuhalten:
Verantwortliche oder Verantwortlicher
Grund der Auswertung
Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer, Zeit, Ort, Ablauf und Ergebnis der Auswertung
Allfällige Stellungnahme der Vertreterin bzw. des Vertreters des zuständigen Dienststellenausschusses.
Das Protokoll ist von der Dienststelle, für deren Zwecke die Videoüberwachungsanlage eingerichtet worden ist, drei Jahre aufzubewahren. Dient eine Videoüberwachungsanlage den Zwecken mehrerer Dienststellen, hat die Aufbewahrung von der Dienststelle, die die Auswertung beantragt hat, zu erfolgen.
Dem für die Dienststelle (§ 4 W-PVG) zuständigen Dienststellenausschuss ist über dessen Verlangen Einsicht in das Protokoll zu gewähren.
V. Löschung der ausgewerteten Daten
Die ausgewerteten Daten dürfen solange in personenbezogener Form aufbewahrt werden, als dies für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, erforderlich ist; danach sind sie unverzüglich zu löschen.
[…]
VII. Hinweis
Die Vereinbarung über den Einsatz von Videoüberwachung in Arbeitsstätten der Gemeinde Wien, abgeschlossen zwischen dem Magistrat der Stadt Wien, vertreten durch die MA 1 (nunmehr MA 2), und der Personalvertretung der Bediensteten der Gemeinde Wien, vertreten durch den Zentralausschuss, ist über die Intranet Seite der MA 2, https://www.intern.magwien.gv.at/personalservice/legistik/pdf/video-ueberwachung.pdf, abrufbar. Bediensteten, die keinen unmittelbaren Zugang zum Intranet der Stadt Wien haben, ist von der Dienstellenleiterin bzw. dem Dienststellenleiter auf Verlangen ein Ausdruck zur Verfügung zu stellen.
Der Erlass der Magistratsdirektion vom 12. Juli 2013, MD-OS-252112/2013, Videoüberwachung; Einsatz sowie Auswertung und Löschung von Daten wird aufgehoben.
Für den Magistratsdirektor:“
6. Eine Michael B*** vorangegangene Dienststellenleitung der MA 6 hat zu einem nicht näher bestimmbaren, jedoch in zeitlicher Nähe zur unter der Punkt C.3. genannten Vereinbarung gelegenen Zeitpunkt, sohin im Jahr 2012, die Entscheidung getroffen, dass eine Videoüberwachung in den Räumlichkeiten der MA 6 stattfinden soll.
Die konkreten Kameramodelle, deren Standorte sowie Aufnahmebereiche der verfahrensgegenständlichen Videokameras wurden im Auftrag der MA 6, welche idZ von der von der MA 68 (Feuerwehr und Katastrophenschutz) beraten worden ist, von der MA 34 (Bau- und Gebäudemanagement) festgelegt.
Die MA 63 war in die Entscheidung betreffend die Videoüberwachung nicht miteinbezogen, es bestand bzw. besteht aber die theoretische Möglichkeit sie beratungsweise hinzuzuziehen.
Die Magistratsdirektion der Stadt Wien sowie der aktuelle amtsführende Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke, Ferdinand S***, haben Kenntnis von der verfahrensgegenständlichen Videoüberwachung, wurden aber in die konkrete Entscheidungsfindung der MA 6 nicht weiter miteinbezogen.
Zum aktuellen Zeitpunkt werden an nachfolgenden 19 Stadtkassenstandorten der MA 6 44 Videokameras betrieben:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Aufzählung von insgesamt 19 Standorten einer Videoüberwachung (mit Zahl der Kameras) auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt]
7. Wie unter Punkt C.6. ersichtlich, umfassen die jeweiligen Aufnahmebereiche der Videokameras Kassenbereiche und Wartebereiche.
Dabei werden die Kassenbereiche sowohl von außen aus Sicht der Kund*innen von den Warteräumen (nachfolgend: „Kassenbereich außen“), als auch von innen aus Sicht der Mitarbeiter*innen an deren Arbeitsplätzen (nachfolgend: „Kassenbereich innen“), erfasst.
7.1. Die Videokameras sowie deren Aufnahmebereiche im Wartebereich und Kassenbereich außen stellen sich wie folgt dar:
7.1.1. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: Angaben zu einem von 19 Standorten einer Videoüberwachung (samt Lichtbildern) auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt]
7.1.2. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.3. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.4. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.5. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.6. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.7. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.8. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.9. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.10. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.11. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.12. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.13. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.1.14. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2. Die Videokameras sowie deren Aufnahmebereiche im Kassenbereich innen stellen sich wie folgt dar:
7.2.1. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.2. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.3. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.4. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.5. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.6. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.7. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.8. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.9. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.10. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.11. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.12. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.13. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.14. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.15. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.16. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.17. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.18. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
7.2.19. Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: wie zuletzt]
8. Im Eingangs- bzw. Wartebereich der jeweiligen 19 Stadtkassenstandorten (siehe Punkt 7.1. und 7.2.) befinden sich Hinweisschilder (Piktogramme), mit welchen Kund*innen der MA 6 über die Durchführung der Videoüberwachung in diesen Räumen in Kenntnis gesetzt werden.
Diese stellen sich aktuell wie folgt dar:
9. Auf der öffentlich abrufbaren Website der Stadt Wien finden sich nachfolgende Informationen [Verlinkungen durch die DSB entfernt]:
„Datenschutzrechtliche Informationen gemäß Art. 13 DSGVO - Videoüberwachung
Verantwortlicher
Folgende Informationen gemäß Artikel 13 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) werden von folgendem Verantwortlichen bereitgestellt:
Magistratsabteilung 6 - Rechnungs- und Abgabenwesen
E-Mail: post@ma06.wien.gv.at
Zwecke und Rechtsgrundlagen der Verarbeitung
Bitte beachten Sie, dass Ihre Daten aufgrund folgender Rechtsgrundlagen für folgende Zwecke verarbeitet werden:
Zweck
Videoüberwachung zum Zwecke des Personen- und Objektschutzes
Rechtsgrundlagen
Art. 6 Abs. 1 lit. f Datenschutz–Grundverordnung
Registerabfragen
Im Zuge des Verfahrens werden grundsätzlich keine Abfragen in Registern durchgeführt.
Empfänger*innen (Übermittlung und Offenlegung von personenbezogenen Daten)
Zu diesem Zweck werden die personenbezogenen Daten an folgende Empfänger*innen weitergeleitet bzw. können sie an folgende Empfänger*innen weitergeleitet werden:
Magistratsabteilung 68
Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden (sofern die Aufzeichnungen zur Aufklärung einer strafbaren Handlung beitragen können)
Magistratsabteilung 01 über Auftrag (Abzug und Weitergabe definierter Videosequenzen an Sicherheits- und Justizbehörden)
Personalvertretung (im Falle der Auswertung, zur Wahrung der Interessen der von den Aufzeichnungen erfassten Mitarbeiter*innen)
Eine Übermittlung an Drittländer (Staaten, die nicht Mitglied der EU oder im Europäischen Wirtschaftsraum sind) findet nicht statt.
Hinweise
Die Daten werden nach 72 Stunden überschrieben. Ausgewertete Daten werden solange in personenbezogener Form aufbewahrt, als dies für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, erforderlich ist; danach werden sie unverzüglich gelöscht.
Betroffenenrechte
Sie haben das Recht auf Auskunft über die Sie betreffenden personenbezogenen Daten sowie auf Berichtigung oder Löschung oder auf Einschränkung der Verarbeitung oder ein Widerspruchsrecht gegen die Verarbeitung. Diese Rechte bestehen, soweit keine gesetzlichen Verpflichtungen dem entgegenstehen.
Wenn Sie der Auffassung sind, dass Ihren Rechten nicht oder nicht ausreichend nachgekommen wird, haben Sie die Möglichkeit einer Beschwerde bei der Österreichischen Datenschutzbehörde: Barichgasse 40-42, 1030 Wien E-Mail: dsb@dsb.gv.at
Die Bereitstellung der personenbezogenen Daten (Bilddaten) ist für den Zutritt in den videoüberwachten Bereich notwendig.
Eine Nicht-Bereitstellung der personenbezogenen Daten hätte für Sie folgende Konsequenzen:
Keine Möglichkeit, den überwachten Bereich zu betreten
Datenschutzbeauftragter
Für Fragen zum Datenschutz können Sie den Datenschutzbeauftragten der Stadt Wien per E-Mail kontaktieren: datenschutzbeauftragter@wien.gv.at“
10. Bei den Bediensteten der MA 6, welche an den verfahrensgegenständlichen Standorten der Videokameras (vgl. Punkt 7.1. und 7.2.) tätig sind, handelt es sich um solche, auf deren Dienstverhältnisse das Wiener Bedienstetengesetz, das Gesetz über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994) und das Gesetz über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Gemeinde Wien (Vertragsbedienstetenordnung 1995) anwendbar sind.
Neuen Bediensteten wird bei Dienstantritt die Allgemeine Kassen- und Verlagsvorschrift für den Magistrat der Stadt Wien (KVM), die Vereinbarung mit der Personalvertretung über den Einsatz einer Videoüberwachung vom 10. Oktober 2012 sowie der Erlass MD-OS-538382/2018 zur Kenntnis gebracht wird. Die Kenntnisnahme der KVM ist darüber hinaus durch die Bediensteten schriftlich zu bestätigen.
Eine Einwilligung der Bediensteten der MA 6, welche an den verfahrensgegenständlichen Standorten der Videokameras (vgl. Punkt 7.1. und 7.2.) tätig sind, betreffend die Videoüberwachung wird und wurde zu keinem Zeitpunkt eingeholt.
11. Bis zum Entscheidungszeitpunkt haben sich nachfolgende Vorfälle an den verfahrensgegenständlichen Standorten der Videokameras (vgl. Punkt 7.1. und 7.2.) ereignet:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Liste mit Aufzählung von 13 sicherheitsrelevanten Vorfällen auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt.]
12. Im Zusammenhang mit den unter Punkt C.11. genannten Vorfällen wurde teilweise strafrechtliche Anzeige seitens der MA 6 bzw. des Magistrats der Stadt Wien erstattet und wurden dabei teilweise auch Bildaufzeichnungen der verfahrensgegenständlichen Videokameras übermittelt bzw. angefordert.
13. Mitarbeiter*innen der MA 6 haben iZm der verfahrensgegenständlichen Videoüberwachung eine Datenschutz-Folgenabschätzung, eine „Dokumentation der Verarbeitungstätigkeit (DVT)“ sowie eine „Dokumentation einer Interessenabwägung“ erstellt. Diese wurde mit dem Leiter der MA 6 sowie mit der MA 63 (Letztere in beratender Funktion) abgestimmt.
14. Die unter Punkt C.13. genannte Dokumentation einer Interessensabwägung stellt sich auszugsweise wie folgt dar:
15. Der aktuell in Geltung stehende Datenschutzerlass des Magistratsdirektors des Magistrats der Stadt Wien vom 9. Oktober 2023, MDK – 173805-2023-1, welcher auch für die MA 6 gilt, lautet auszugsweise wie folgt:
„Dieser Erlass soll die rechtskonforme Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung sowie der dazu ergangenen innerstaatlichen Gesetze im Magistrat der Stadt Wien gewährleisten1. Insbesondere werden die Verantwortlichkeiten im Umgang mit personenbezogenen Daten festgelegt. […]
4. Aufgaben der Magistratsabteilung 63
Die MA 63 hat
a) die Fachaufsicht in Angelegenheiten des Datenschutzes wahrzunehmen;
b) auf Grundlage dieses Erlasses detaillierte Vorgaben, Muster und Richtlinien für Abläufe und allgemeine Datenschutzinformationen in elektronischer Form auf ihren Seiten im Intranet bereitzustellen, die von allen städtischen Dienststellen zu beachten sind;
c) Inhalt und Form der Datenschutzverträge festzulegen;
d) ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten der verantwortlichen Stellen und von zugriffs-berechtigten Stellen auf Portalverbundanwendungen in einer Datenschutzapplikation („DAVID“) zu führen und zu verwalten;
e) Gutachten zur Zulässigkeit von Verarbeitungstätigkeiten zu erstellen;
f) Einträge von verantwortlichen Stellen in das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten (Dokumentation der Verarbeitungstätigkeit) zu prüfen;
g) Datenschutzverantwortliche zu schulen, sofern nicht die bzw. der Datenschutzbeauftragte zuständig ist;
h) die Wahrnehmung der Betroffenenrechte (Art. 12 bis 22 DSGVO) für den Magistrat der Stadt Wien zu koordinieren;
i) die Vertretung der Stadt Wien in Angelegenheiten des Datenschutzes, vor allem in Verfahren vor der Datenschutzbehörde wahrzunehmen; [...]
6. Verantwortlichkeiten der Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter
Jede Leiterin und jeder Leiter einer Dienststelle gemäß § 3 GOM oder Unternehmung gemäß § 71 WStV ist in ihrem bzw. seinem Bereich für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen verantwortlich. Insbesondere hat sie bzw. er geeignete organisatorische, personelle, technische und bauliche Datensicherheitsmaßnahmen zu veranlassen. […]
14. Informationspflichten
Jede verantwortliche Stelle hat die sie betreffenden Informationspflichten gemäß Art. 13 und 14 DSGVO selbst zu beurteilen und für deren Erfüllung zu sorgen. […]
16. Wahrnehmung der Betroffenenrechte gemäß DSGVO
Anträge zu Betroffenenrechten gemäß Art. 15 bis 22 DSGVO sind nach deren Einlangen sofort an die MA 63 weiterzuleiten. Die Beantwortung von Auskunftsbegehren an die Auskunftswerberinnen bzw. Auskunftswerber erfolgt unter Mitwirkung der verantwortlichen Stellen durch die MA 63. Anträge zu anderen Betroffenenrechten sind zunächst von der verantwortlichen Stelle zu beurteilen. Der Antwortentwurf ist in weiterer Folge mit der MA 63 abzustimmen.“
Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem schriftlichen Vorbringen der MA 6, vertreten durch die MA 63, vom 21. November 2024, vom 8. Jänner 2025, vom 7. April 2025, vom 14. April 2025, vom 28. April 2025 und vom 15. Mai 2025 sowie den idZ in Kopie vorgelegten Dokumenten. Des Weiteren beruhen die Feststellungen auf den glaubwürdigen und stringenten Angaben des Leiters der MA 6 im Rahmen der mündlichen Einvernahme am 18. April 2025 und der dort anwesenden Bediensteten der MA 6 und der MA 63 sowie den im Rahmen der mündlichen Einvernahme in Kopie vorgelegten Dokumenten. Im Übrigen auf einer amtswegigen Abfrage der öffentlich abrufbaren Website der Stadt Wien bzw. der MA 6 unter „www.wien.gv.at/kontakte/ma06/index.html“ und unter „www.wien.gv.at/kontakte/ma06/ds-info/index.html“ sowie der unter „www.ris.bka.gv.at“ abrufbaren Geschäftseinteilung für den Magistrat der Stadt Wien (GEM) sowie der Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien (GOM), alles letztmalig abgefragt durch die Datenschutzbehörde am 14. Mai 2025.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
D.1. Vorbemerkungen
Die Datenschutzbehörde hat im vorliegenden Fall aufgrund einer anonymen Anzeige ein amtswegiges Prüfverfahren („Datenschutzüberprüfung“) gemäß Art. 57 Abs. 1 lit. h iVm Art. 58 Abs. 1 lit. b DSGVO iVm § 22 Abs. 1 DSG eingeleitet.
„Personenbezogene Daten“ sind laut Art. 4 Z 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;
Der Begriff „Verarbeitung“ umfasst laut Art. 4 Z 2 DSGVO jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;
Das von einer Kamera aufgezeichnete (aufgenommene) Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten, sofern es die Identifikation der Person ermöglicht (vgl. EuGH 11.12.2014, C-212/13, Rz 22).
Zudem stellen Bildverarbeitungen (mittels Kameras) regelmäßig eine automatisierte Verarbeitung iSd. DSGVO dar. Die Legaldefinition nach Art. 4 Z 2 verlangt dabei keine „Mindestverarbeitung“, etwa in Form einer andauernden Aufzeichnung bzw. Speicherung, womit bereits die Echtzeitüberwachung von diesem Begriff mitumfasst ist (vgl. hierzu Erkenntnis des BVwG vom 3.9.2019, GZ: W214 2219944-1).
Aus den von der MA 6, vertreten durch die MA 63, vorgelegten Lichtbildern der Aufnahmebereiche der verfahrensgegenständlichen Videoüberwachung (vgl. Punkt C.7.1. und C.7.2.) ist jedenfalls eine derart hohe Bildqualität ableitbar, als dass eine Identifizierung von natürlichen Personen möglich - und nicht zuletzt aufgrund der angeführten Zwecke, etwa die Aufklärung von Vorfällen, sogar beabsichtigt - ist.
Dies wurde auch im Rahmen des schriftlichen und mündlichen Vorbringens der MA 6 nicht weiter in Zweifel gezogen.
Als erstes Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass die verfahrensgegenständliche Videoüberwachung eine Verarbeitung personenbezogener Daten iSd. DSGVO darstellt, womit deren Anwendungsbereich eröffnet ist.
D.2. Verantwortlichkeit
In einem nächsten Schritt ist zu klären, ob die MA 6 als interne, nach österreichischem Recht nicht rechtsfähige Abteilung des Magistrats der Stadt Wien überhaupt als datenschutzrechtliche Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO für die verfahrensgegenständliche Videoüberwachung in Frage kommt.
Nach Art. 4 Z 7 DSGVO ist jene natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle Verantwortlicher für eine Verarbeitung, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; sind die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten vorgegeben, so kann der Verantwortliche beziehungsweise können die bestimmten Kriterien seiner Benennung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen werden.
Nach der Rechtsprechung des EuGH soll durch die weite Definition des Begriffs „Verantwortlicher“ ein wirksamer und umfassender Schutz der betroffenen Personen gewährleistet werden (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 5. Dezember 2023, C‑683/21, Rn. 29).
Die Feststellung, ob eine Person oder Einrichtung als „Verantwortlicher“ iSv Art. 4 Z 7 DSGVO einzustufen ist, bedarf der Prüfung, wer über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung entscheidet oder ob diese durch das nationale Recht vorgegeben werden (vgl. Urteil des EuGH vom 11. Januar 2024, C‑231/22, Rn. 29).
Laut EuGH kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Stelle auch dann als „Verantwortlicher“ eingestuft wird, wenn sie keine Rechtspersönlichkeit besitzt. In Anbetracht der rechtlichen Verpflichtungen, denen der Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Z 7 DSGVO somit unterliegt, muss er nach den in den Rechtsvorschriften seines Mitgliedstaats vorgesehenen Modalitäten in der Lage sein, diese Verpflichtungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu erfüllen, ohne dass es insoweit darauf ankommt, ob die betreffende Stelle Rechtspersönlichkeit und eine eigene Rechtsfähigkeit hat (vgl. Urteil des EuGH vom 27. Februar 2025, C-638/23, Rn. 31 und 34).
Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes:
Einerseits kann darauf hingewiesen werden, dass die Leitung der MA 6 - wie von dieser auch selbst vorgebracht worden ist - aus abstrakt-rechtlicher Sicht zur selbstständigen Entscheidung über die Durchführung einer Videoüberwachung an den Standorten der Stadtkassen befugt war und ist.
Dies ergibt sich insbesondere aus den Bestimmungen der WStV (vgl. etwa §§ 91 Abs. 4 und 106 Abs. 1), der GEM sowie der GOM (vgl. Punkt C.2.).
Darüber hinaus wird im Erlass der Magistratsdirektion der Stadt Wien vom 26. Juni 2018 (vgl. Punkt C.5.), welcher nur einen grob umrissenen (rechtlichen) Rahmen - teilweise unter bloßer Wiederholung der geltenden Rechtslage - vorgibt, ausdrücklich festgehalten, dass der Einsatz von Videoüberwachung in Arbeitsstätten der Gemeinde Wien von der Dienststellenleiterin bzw. dem Dienststellenleiter zu genehmigen ist. Zusätzlich wird in dem Erlass ausgeführt, dass die mit der Videoüberwachung zusammenhängenden Verpflichtungen (etwa Kennzeichnungs- und Löschpflichten) von der Dienststelle selbst wahrzunehmen sind.
Des Weiteren ist iSd. des zitierten EuGH-Urteils C-638/23, Rn. 34, darauf hinzuweisen, dass die MA 6 für die Einhaltung der Bestimmungen der DSGVO nicht nur abstrakt (etwa durch den bereits genannten Erlass vom 26. Juni 2018 sowie die oben genannten Rechtsvorschriften) befähigt und verpflichtet ist, sondern sie auch verschiedene „klassische Verantwortlichenpflichten“ der DSGVO, wie etwa die Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung (vgl. Punkt C.13.), die Kennzeichnung bzw. Erteilung von Informationen iSv. Art. 13 und 14 DSGVO (vgl. Punkt C.8. und C.9.) sowie die selbstständige Beurteilung der Rechtmäßigkeit (vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO) durch die Vornahme einer Interessensabwägung (vgl. Punkt C.14.), wahrgenommen hat.
Dass iZm der Geltendmachung von Betroffenenrechten aufgrund des Datenschutzerlasses des Magistrats der Stadt Wien vom 9. Oktober 2023 (vgl. Punkt C.15.) eine Zusammenarbeit mit der für Datenschutz allgemein zuständigen MA 63 erfolgt, erweist sich nach Ansicht der Datenschutzbehörde als irrelevant. Dies nicht zuletzt auch aufgrund dessen, dass diese Vorgangsweise - wie in der mündlichen Einvernahme glaubhaft dargelegt worden ist - lediglich aus Gründen der einheitlichen Außenwirkung erfolgt.
Zur tatsächlich-faktischen Entscheidung ist auf die Feststellungen unter Punkt C.6. hinzuweisen, wonach die Entscheidung, dass eine Videoüberwachung in den Räumlichkeiten der MA 6 zum Personen- und Objektschutz durchgeführt werden soll, von einer früheren Dienststellenleitung und in Fortsetzung dessen vom aktuellen Dienststellenleiter getroffen worden ist.
Damit hat die MA 6 bzw. deren Leitung ohne Zweifel darüber entschieden, dass die Videoüberwachung für eigene Zwecke stattfinden soll.
Allerdings muss der Verantwortliche nicht nur über den Zweck, sondern auch über die Mittel der Verarbeitung entscheiden (vgl. EDPB-Leitlinien zu den Begriffen „Verantwortlicher“ und „Auftragsverarbeiter“ in der DSGVO, angenommen am 7. Juli 2021, Rz. 37 ff).
IdZ übersieht die Datenschutzbehörde nicht, dass die Entscheidung über die Mittel - nämlich auf welche konkrete Weise die Videoüberwachung stattfinden soll - teilweise von anderen Akteuren (zumindest) beeinflusst worden ist.
Allerdings kann laut EDPB beauftragten Unternehmen bzw. Organisationen ein gewisser Handlungsspielraum bei den nicht-wesentlichen Mitteln zukommen, wobei das Maß an Einfluss auf das „Warum“ und das „auf welche Weise“ entscheidend ist. Der Verantwortliche muss jedenfalls umfassend über die eingesetzten Mittel informiert werden, damit er hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung eine fundierte Entscheidung treffen kann (vgl. EDPB-Leitlinien zu den Begriffen „Verantwortlicher“ und „Auftragsverarbeiter“ in der DSGVO, angenommen am 7. Juli 2021, Rz. 37-41).
Den Feststellungen ist dabei zu entnehmen, dass die konkreten Kameramodelle, deren Standorte sowie Aufnahmebereiche in Koordination mit der MA 68 (Feuerwehr und Katastrophenschutz) und der MA 34 (Bau- und Gebäudemanagement) festgelegt worden sind.
Auch wenn diese Abteilungen damit einen gewissen Einfluss auf die Mittel ausgeübt haben, so ist es nach Ansicht der Datenschutzbehörde dennoch unbezweifelbar, dass die MA 6 bzw. deren Leitung ausreichende Kenntnis über die konkreten Aufnahmebereiche der Videokameras hat und es ihr möglich wäre, die genannten Abteilungen zu beauftragen, die Bildaufnahme auf bestimmte Bereiche auszuweiten bzw. zu beschränken oder dies ganz zu untersagen.
Im Übrigen wäre es für die Zuschreibung der Verantwortlicheneigenschaft auch nicht erforderlich, dass der Verantwortliche selbst Daten verarbeitet, sich im Besitz der verarbeiteten Daten befindet oder über die physische Herrschaft verfügt (vgl. Erkenntnis des BVwG vom 3.9.20219, GZ: W214 2219944-1).
Ferner sind dem bereits zitierten Erlass vom 26. Juni 2018 (vgl. Punkt C.5.) bestimmte „Verarbeitungsgrenzen“ (etwa Speicherdauer von höchstens 72 Stunden, Löschverpflichtung und Auswertungsmodalitäten) zu entnehmen, welche jedoch - wie bereits ausgeführt - eher einen grob umrissenen Rahmen darstellen und in weiten Teilen bloß die geltende Rechtslage (bzw. Rechtsprechung) widerspiegeln.
Vor diesem Hintergrund kann als weiteres Zwischenergebnis festgehalten werden, dass die MA 6 im vorliegenden Fall als datenschutzrechtliche Verantwortliche iSv. Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren war.
D.3. Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung
D.3.1. Zur Videoüberwachung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung
Der EuGH hat wiederholt festgehalten, dass jede Verarbeitung personenbezogener Daten mit den in Art. 5 DSGVO aufgestellten Grundsätzen im Einklang stehen und die (bzw. mindestens eine der) in Art. 6 DSGVO aufgezählten Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllen muss (vgl. etwa Urteil des EuGH vom 4. Oktober 2024, C‑621/22, Rn. 27).
Die MA 6 berief sich hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Videoüberwachung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, wonach eine Datenverarbeitung dann rechtmäßig ist, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Dies gilt allerdings nicht für die von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. f letzter Satz sowie § 1 Abs. 2 DSG).
Da für den Behördenbegriff allein die funktionelle Zuweisung, also die gesetzliche Ermächtigung, hoheitlich tätig werden zu dürfen, ausreichend ist (vgl. Erkenntnis des BVwG vom 16.11.2022, GZ: W274 2248118-1), war die MA 6 jedenfalls als Behörde ioS zu qualifizieren.
Unter der Wortfolge „Erfüllung ihrer Aufgaben“ wird nach herrschender Rechtsprechung die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben verstanden und können im Umkehrschluss Datenverarbeitungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f gestützt werden (vgl. etwa das Erkenntnis des BVwG vom 19.8.2024, W214 2248588-1).
IZm Videoüberwachungen durch öffentliche Stellen (Behörden) hat die Datenschutzbehörde bereits festgehalten, dass dies im Rahmen privatwirtschaftlicher Tätigkeiten für Zwecke des Eigenschutzes oder Verantwortungsschutzes auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zulässig ist, wenn sie als Antwort auf spezielle Gefährdungssituationen vom Hausrechtsberechtigten unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorgenommen wird (vgl. Bescheid der DSB vom 6.9.2023, GZ: 2022-0.858.901 unter Hinweis auf K600.054-001/0002-DVR/2008, abrufbar im RIS).
Das BVwG führte diesbezüglich konkretisierend aus, dass - sofern eine Videoüberwachung durch eine Behörde nicht den allgemeinen vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen (für welchen ausschließlich die Sicherheitsbehörden zuständig sind), sondern rein den Schutz ihres zivilrechtlichen Eigentums bezwecke - eine Berufung auf berechtigte Interessen denkbar sei (vgl. Erkenntnis des BVwG vom 18.12.2024, W252 2294338-1/8E, abrufbar im RIS).
Wie dem Vorbringen der MA 6 sowie den Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen ist, hat sich die MA 6 im vorliegen Fall auf den Schutz ausschließliches ihres Eigentums (Räumlichkeiten samt dort vorhandener Wertbeträge) gestützt und darüber hinaus vorgebracht, dass die Videoüberwachung auch der ihr obliegenden (arbeitsrechtlichen) Fürsorgepflicht - konkret dem Schutz der Mitarbeiter*innen vor übergriffigem bzw. gefährlichem Verhalten der Kund*innen und anderen externen Personen - diene.
Die Datenschutzbehörde übersieht dabei nicht, dass die Dienstverhältnisse der Mitarbeiter*innen der MA 6 teilweise auch öffentlicher-rechtlicher Natur sein mögen (vgl. Punkt C.10.), doch erweist sich dies im Verhältnis zu den anderen verfolgten Zwecken als derart untergeordnet, sodass insgesamt von einer Datenverarbeitung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ausgegangen werden kann.
D.3.2. Zum Rechtfertigungstatbestand des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO
Vorbemerkungen
Wie bereits mehrfach ausgeführt, stützte sich die MA 6 stets auf den Rechtmäßigkeitstatbestand gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO.
Die Datenverarbeitung auf der Rechtsgrundlage von „berechtigten Interessen“ ist laut ständiger Rechtsprechung des EuGH unter drei kumulativen Voraussetzungen zulässig: i) Wahrnehmung eines berechtigten Interesses durch den Verantwortlichen oder den bzw. die Dritten ii) Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses und iii) kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der vom Datenschutz betroffenen Person über das wahrgenommene berechtigte Interesse (vgl. in Bezug auf die insofern vergleichbare Rechtslage nach der Richtlinie 95/46/EG das Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2019, C-708/18 [TK] Rz 40 mwN).
Die MA 6 führte zum Vorliegen von berechtigten Interessen [Voraussetzung i)] aus, dass es in der Vergangenheit bereits zu Vorfällen wie etwa bewaffneten Raubüberfällen und Bedrohungen durch Bürger*innen gekommen sei. Außerdem sei die Gefährdungslage schon aufgrund der hohen Kund*innenfrequenz bei gleichzeitiger Verwaltung von großen Mengen an Bargeld erhöht.
Diesem Vorbringen kann insofern zugestimmt werden, als dass der Betrieb einer Videoüberwachungsanlage zum Schutz des Eigentums grundsätzlich ein berechtigtes Interesse darstellt (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2019, Rn. 42 sowie den Bescheid der DSB vom 11. August 2021, GZ: 2021-0.540.958).
Auch wenn laut EuGH bei der Beurteilung aller Umstände des jeweiligen Falles nicht zwingend verlangt werden kann, dass die Sicherheit des Eigentums und der Personen zuvor beeinträchtigt wurde, so muss das berechtigte Interesse zum Zeitpunkt der Verarbeitung dennoch entstanden und vorhanden sein und darf zu diesem Zeitpunkt nicht bloß hypothetisch sein (vgl. Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2019, C-708/18 [TK] Rz 44 mwN).
Laut EDPB-Guidelines bedeutet dies, dass eine tatsächliche Gefährdungslage vorliegen muss, wobei Schäden oder schwere Vorfälle in der Vergangenheit darauf hindeuten können. Gefährdungslagen können bestimmten Orten auch immanent sein, sodass regelmäßig ein berechtigtes Interesse anzunehmen ist, z. B bei Banken oder Geschäften, die wertvolle Waren verkaufen, oder Orte, an denen immer wieder Eigentumsdelikte begangen werden, etwa bei Tankstellen (vgl. EDPB-Leitlinien 3/2019 zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Videogeräte, angenommen am 29. Januar 2020, Rz. 20-22).
Dass sich in den videoüberwachten Räumlichkeiten bereits zahlreiche Vorfälle ereignet haben (vgl. Punkt C.11.), regelmäßig große Mengen an Bargeld (vgl. Punkt C.2.) verwaltet und rund [Anmerkung Bearbeiter/in: angegebene fünfstellige Zahl auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt] Kund*innen monatlich (vgl. Punkt C.2.) in den Räumlichkeiten empfangen werden, lässt ohne Zweifel auf eine tatsächliche Gefährdungslage schließen.
Damit kann das Vorliegen von berechtigten Interessen bejaht werden.
Laut EuGH ist die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung [Voraussetzung ii)] gemeinsam mit dem sogenannten „Grundsatz der Datenminimierung“ (vgl. nach neuer Rechtslage: Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO) zu sehen (vgl. Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2019, C-708/18 [TK] Rz 48 mwN).
Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO müssen personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein (Datenminimierung): Eine Gesamtbetrachtung des Grundsatzes der Datenminimierung inklusive seines Gebots der Beschränkung auf das notwendige Maß ergibt, dass darin die Gebote der Datenvermeidung und Datensparsamkeit enthalten sind, und sich die Anwendung auf zahlreiche Aspekte auffächert, die sich zum Teil mit dem Grundsatz der Zweckbindung und dem Grundsatz der Speicherbegrenzung überschneiden: Der Grundsatz der Datenminimierung beschränkt generell die Eingriffstiefe und damit die Art der Daten, den Personenbezug der Daten, die Menge der Daten, den Detailgrad der Daten, die Speicherdauer der Daten, die Anzahl der Nutzungen und den Kreis der Zugriffsberechtigten. Die Minimierung der Datenmenge bedeutet sowohl die Minimierung der Anzahl der Betroffenen als auch die Minimierung der Datenmenge pro Betroffenem (vgl. Erkenntnis des BVwG vom 26.2.2025, W101 2284403-1 unter Hinweis auf Hötzendorfer/Tschohl/Kastelitz in Knyrim , DatKomm Art. 5 DSGVO, Rz 39).
Es ist daher zu prüfen, ob die Videoüberwachung geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen, dem Zweck angemessen und erforderlich ist, sowie, ob der Zweck nicht durch gelindere Mittel erreicht werden kann, die weniger in die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person eingreifen.
Die MA 6 führte idZ aus, dass die Videoüberwachung das gelindeste Mittel darstelle, da vor allem das vorhandene Alarmsystem inkl. Zugangskontrollsystem zum Kassenraum kein adäquates Schutzniveau biete, insbesondere hinsichtlich der Aufklärung von Vorfällen.
Weiters ist der unter Punkt C.14. ersichtlichen „Dokumentation einer Interessensabwägung“ zu entnehmen, dass sich diese Maßnahme aus Sicht der MA 6 auch als geeignet erweist, da die Mitarbeitenden über die Überfalltaster die Rathauswache alarmieren und diese durch Einsicht in die Videoaufnahmen Gefahrensituationen schneller einschätzen können. Außerdem könne die Exekutive die Aufnahmen zur Aufklärung von Straftaten nutzen. Auch wohne der Videoüberwachung ein gewisser Abschreckungseffekt inne.
Außerdem sind dieser Dokumentation der MA 6 auch deren Prüfung gelinderer Mittel zu entnehmen: Für die Erfüllung des Zweckes des Objektschutzes sei eine Verglasung untauglich und wäre nur im Bereich des Personenschutzes denkbar. Auch in diesem Bereich weise eine Verglasung große Schutzlücken auf. So helfe diese nicht bei Bedrohungen durch z.B. ein Messer im Wartebereich der Kasse (diese können sich sowohl gegen andere Kund*innen als auch gegen Mitarbeitende, die ihren Arbeitsplatz kurzfristig verlassen haben, richten). Darüber hinaus wirkten Verglasungen dieser Art nicht abschreckend und damit präventiv. Im Falle eines Vorfalles gebe es im Regelfall keine stichhaltigen Beweise, die zur Aufklärung eine Bedrohung, Sachbeschädigung oÄ führen können. Auch die Kosten seien im Vergleich zur ihrer treffsicheren Wirkung als überschießend zu betrachten. Security flächendeckend und den ganzen Tag – also auch außerhalb der Öffnungszeiten – einzusetzen, sei aus Kostengründen nicht möglich.
Schließlich brachte der Leiter der MA 6 im Rahmen der mündlichen Einvernahme vor, dass sich die Optik der Videoüberwachung immer vom Kassierer zum Kunden richte. Der Fokus der Videoüberwachung liege auf den Kunden in der Zahlungstransaktion. Die Aufnahme der Arbeitsbereiche von Mitarbeiter*innen sei auch wichtig bei Einbrüchen, die oft genau dort stattfinden würden.
Nach Ansicht der Datenschutzbehörde kann der MA 6 zwar insofern zugestimmt werden, als dass die verfahrensgegenständliche Videoüberwachung durchaus zur (nachträglichen) Aufklärung von Vorfällen und Straftaten iZm ihrem Eigentum (Raubüberfälle, Sachbeschädigungen uÄ) bzw. iZm ihren Mitarbeiter*innen (Gefährliche Drohung, Beleidigungen uÄ) geeignet ist.
Allerdings muss zum gleichermaßen ins Treffen geführten präventiven Schutz darauf hingewiesen werden, dass die Bedrohungen eine*r Mitarbeiter*in „etwa durch ein Messer“ wohl noch weniger durch eine Videoüberwachung verhindert werden könnte als durch eine Verglasung. In diesem Fall sind das vorhandene Alarmsystem inkl. Zugangskontrollsystem (oder die Implementierung von Security) wohl geeignetere Mittel.
Demgegenüber erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass die Einsichtnahmemöglichkeit der Rathauswache präventiven Schutz bieten kann.
Auch das Vorbringen, dass einer Videoüberwachung eine gewisse Abschreckungswirkung zukomme, erscheint grundsätzlich plausibel. Dessen ungeachtet, kann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass diese Wirkung wohl gleichermaßen durch datenschutzschonendere Mittel - etwa Kameraattrappen - zu erreichen wäre.
Insgesamt kann als Zwischenergebnis festgehalten werden, dass die Geeignetheit der verfahrensgegenständlichen Videoüberwachung - v.a. betreffend die nachträgliche Aufklärung von Vorfällen - grundsätzlich gegeben ist.
Hinsichtlich der Frage, ob diese auch das Erforderlichkeitskriterium iSd. Datenminimierungsgrundsatzes bzw. die sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllt, ist jedoch zwischen den Videokameras im „Kassenbereich außen“ (vgl. Punkt C.7.1.) und jenen im „Kassenbereich innen“ (vgl. Punkt C.7.2.) zu unterscheiden [Anmerkung Bearbeiter/in: die Lichtbilder, auf die hier Bezug genommen wird, wurden auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt.].
D.3.2.a. Kassenbereich außen
Die Aufnahmebereiche der Videokameras im Kassenbereich außen sind unter den Punkten C.7.1.1 bis C.7.1.14 ersichtlich [Anmerkung Bearbeiter/in: die Lichtbilder, auf die hier Bezug genommen wird, wurden auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt.].
Sie umfassen allesamt Bereiche, in welchen sich Kund*innen entweder aufhalten („Wartebereich“) oder in Kontakt mit den Mitarbeiter*innen der MA 6 treten („Kassenbereich“), somit Bereiche, in welchen sich die potenziell verbal oder körperlich übergriffigen Personen vorwiegend befinden bzw. über welche sie sich Zugang zu den Kassenbereichen verschaffen könnten. Dabei sind die Arbeitsplätze von Mitarbeiter*innen, sofern sie überhaupt erfasst sind, nur in jenem Umfang bzw. Bereich erfasst, welche zur Identifikation von potenziellen Täter*innen erforderlich ist.
Darüber hinaus erweist sich die maximale Speicherdauer von 72 Stunden, die automatisierte Löschung nach diesem Zeitraum und die genauen Regelungen hinsichtlich der anlassbezogenen Auswertungen als durchgehend rechtskonform.
Gleichermaßen ist in der täglichen Einschau durch eine*n Mitarbeiter*in der MA 6 zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Videoüberwachungsanlage sowie die Zugriffsmöglichkeit der Wache Rathaus bei Betätigung der Notfalltaste keine überschießende Zugriffsmöglichkeit zu erblicken, da gerade auch diese Zugriffsmöglichkeit der Wache - wie bereits ausgeführt - durch die damit verbundene rasche Gefahreneinschätzungs- und Eingriffsmöglichkeit einen präventiven Schutz bieten kann.
Wie auch von der MA 6 glaubwürdig und stringent dargelegt, sind gelindere, gleichwirksame Mittel nicht zu erkennen.
Insgesamt kommt die Datenschutzbehörde daher zum Ergebnis, dass die Videoüberwachung durch die unter den Punkten C.7.1.1 bis C.7.1.14 ersichtlichen Kameras als erforderlich einzustufen ist.
Des Weiteren ist festzuhalten, dass auch die finale Interessensabwägung [Voraussetzung iii)] in Bezug auf diese Kameras zu Gunsten der MA 6 ausschlägt.
Der EuGH hat zur dritten Voraussetzung festgehalten, dass dies eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen, d. h. derjenigen des Verantwortlichen einerseits und der betroffenen Person andererseits, voraussetzt und dabei insbesondere die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person sowie der Umfang der fraglichen Verarbeitung und deren Auswirkungen auf diese Person zu berücksichtigen sind.
Diesbezüglich kann dem Vorbringen der MA 6 insofern zugestimmt werden, als dass sich die Dauer, in welcher Kund*innen von der Videoüberwachung erfasst werden, und damit die Eingriffsintensität in deren Datenschutzrechte als relativ gering einzustufen ist. Wie bereits ausgeführt, werden die Mitarbeiter*innenbereiche auch nur marginal erfasst.
Demgegenüber stehen die - hier höher zu bewertenden - Interessen der MA 6 die körperliche Unversehrtheit ihrer Mitarbeiter*innen insgesamt sowie das (hohe Wertbeträge umfassende) Eigentum zu schützen.
Darüber hinaus werden von den unter den Punkten C.7.1.1 bis C.7.1.14 ersichtlichen Kameras keine „sensiblen“ Räumlichkeiten (wie etwa WC-Anlagen, Sozialräume etc.) erfasst.
Schließlich ist auch die Vorhersehbarkeit für betroffene Personen aufgrund der Kennzeichnung (vgl. Punkt C.8.), der im Rahmen der Website erteilten Informationen (vgl. Punkt C.9.) sowie der anfänglichen Inkenntnissetzung von Mitarbeiter*innen (vgl. Punkt C.10.) als durchaus gegeben zu beurteilen.
Insgesamt kommt die Datenschutzbehörde daher zum Zwischenergebnis , dass sich die mittels der unter Punkt C.7.1.1 bis C.7.1.14 angeführten Kameras durchgeführte Videoüberwachung als rechtmäßig aufgrund Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO erweist.
D.3.2.b. Kassenbereich innen
Zum Vorliegen von berechtigten Interessen sowie der Geeignetheit wird auf die Ausführungen unter Punkt D.3.2. (Vorbemerkungen) verwiesen.
Da Kamera 1 am Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf 2 Standorte einer Videoüberwachung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt] ausschließlich bzw. überwiegend den Tresorbereich und keine sonstigen Bereiche aufnehmen, ist deren Betrieb als unproblematisch und daher als rechtmäßig zu beurteilen (vgl. hierzu rechtliche Beurteilung unter Punkt D.3.2.a.).
Die übrigen Aufnahmebereiche der unter Punkt C.7.2.1. bis C.7.2.19. genannten Kameras umfassen allesamt (Schreibtisch-)Arbeitsplätze (vgl. bspw. Kamera 1 am Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf einen Standort einer Videoüberwachung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt]) bzw. Arbeitsbereiche (vgl. bspw. Kamera 3 am Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf einen Standort einer Videoüberwachung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt]) von Mitarbeiter*innen der MA 6, an welchen sie sich während ihrer Arbeitszeit mehrheitlich aufhalten (müssen).
Darüber hinaus gewähren die Kameras oft eine sehr unmittelbare und nahe Sicht inkl. direkter Sicht auf die Computerbildschirme der Mitarbeiter*innen (vgl. bspw. Kamera 2 am Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf einen Standort einer Videoüberwachung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt]).
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist für die Datenschutzbehörde nicht erkennbar, weshalb zur Erreichung der ins Treffen geführten berechtigten Interessen eine derartige - sowohl in quantitativer wie auch qualitativer Hinsicht - hochintensive Überwachung der Arbeitsplätze bzw. Arbeitsbereiche und damit der Mitarbeiter*innen erforderlich ist.
Einerseits werden die Warte- und Kassenbereiche außen ohnedies bereits von zahlreichen Videokameras überwacht (vgl. hierzu Punkt D.3.2.a.), womit die höher gefährdeten (Eingangs- und Kund*innen) Bereiche nach Ansicht der Datenschutzbehörde ausreichend geschützt sind.
Auch wenn der Leiter der MA 6 idZ im Rahmen der mündlichen Einvernahme ausführte, dass sich der Fokus der Videoüberwachung „immer vom Kassierer zum Kunden in der Zahlungstransaktion“ richte, so kann damit keinesfalls die vollumfängliche Überwachung aller Arbeitsplätze (samt Bildschirme) gerechtfertigt werden, da hier als gelinderes Mittel die Einschränkung des Aufnahmebereiches auf den hierfür unbedingt erforderlichen Bereich (etwa mit direktem Fokus auf Kund*innen von vorne) denkbar wäre.
Andererseits ist betreffend das Vorbringen, die Videoüberwachung in den Mitarbeiter*innenbereichen diene dem Einbruchsschutz (außerhalb der Öffnungszeiten), darauf hinzuweisen, dass es hier jedenfalls ausreichend wäre, den Aufnahmezeitraum auf jene Zeiten zu beschränken, in denen die Mitarbeiter*innen nicht anwesend sind. Als gelinderes Mittel besteht etwa die Möglichkeit, die Videoüberwachung in diesen Bereichen nur außerhalb der Öffnungszeiten zu aktivieren.
Schließlich kann betreffend die Abschreckungswirkung erneut festgehalten werden, dass dies wohl gleichermaßen durch (datenschutzrechtlich unbeachtliche) Kameraattrappen zu erreichen wäre.
Vor diesem Hintergrund mangelt es für die Videoüberwachung durch die unter Punkt C.7.2.1. bis C.7.2.19. genannten Kameras (mit Ausnahme Kamera 1 am Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf einen Standort einer Videoüberwachung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt] und Kamera 3 am Standort [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf einen Standort einer Videoüberwachung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt]) bereits an der Erforderlichkeit.
Zur Voraussetzung iii) ist der Vollständigkeit halber noch darauf hinzuweisen, dass die permanente Überwachung einer Person am Arbeitsplatz - sei sie durch die Videoüberwachung direkt intendiert oder auch bloßes Nebenprodukt derselben - unbestrittenermaßen eine höchst eingriffsintensive Maßnahme darstellt.
Laut Rechtsansicht des BVwG wird Menschenwürde jedenfalls dann berührt, wenn Arbeitnehmer*innen während dem Großteil ihrer Arbeitszeit vom Radius einer Kamera erfasst sind, ohne dem ausweichen zu können (vgl. Erkenntnis des BVwG vom 18.1.2024, GZ: W137 2263970-1).
Auch hat der EGMR zur Videoüberwachung am Arbeitsplatz festgehalten, dass der Rechtfertigungsbedarf des Arbeitgebers hinsichtlich seiner berechtigten Interessen umso höher sei, je eingriffsintensiver die Überwachung ist (vgl. EGMR 17.10.2019, 1874/13 und 8567/13 (Große Kammer), Dako 2020/14).
Damit wird die mangelnde Erforderlichkeit dadurch verstärkt, als dass auch die finale Interessensabwägung in Bezug auf diese Kameras zu Gunsten der Mitarbeiter*innen der MA 6 ausschlagen würde.
Die Datenschutzbehörde kommt aufgrund vorgenannter Erwägungen daher zu dem Ergebnis , dass es betreffend Kamera [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf die im Spruch aufgezählten Standorte einer Videoüberwachung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt] sowohl an der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung als auch an überwiegenden Interessen der MA 6 gegenüber Betroffeneninteressen mangelt, weshalb eine Berufung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ausscheidet.
Die mit dem Betrieb dieser Videoüberwachung verbundene Verarbeitung von personenbezogenen Daten war daher mangels ausreichendem Eingriffstatbestand als rechtswidrig zu qualifizieren.
D.3.2.c. Zum Leistungsauftrag
Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass der EuGH wiederholt festgehalten hat, dass wenn die Aufsichtsbehörde am Ende einer Untersuchung der Ansicht ist, dass die Verarbeitung nicht den Anforderungen der DSGVO entspricht, sie nach dem Unionsrecht die geeigneten Maßnahmen erlassen muss, um den festgestellten Verstößen abzuhelfen. Die Aufsichtsbehörde ist nach Unionsrecht dazu verpflichtet, in geeigneter Weise zu reagieren, um festgestellten Unzulänglichkeit abzuhelfen, und zwar unabhängig davon, welchen Ursprungs und welcher Art sie ist. Zu diesem Zweck werden in Art. 58 Abs. 2 DSGVO die verschiedenen der Aufsichtsbehörde zur Verfügung stehenden Abhilfebefugnisse aufgezählt. Es ist Sache der Aufsichtsbehörde, das geeignete Mittel zu wählen, um mit aller gebotenen Sorgfalt ihre Aufgabe zu erfüllen, die darin besteht, über die umfassende Einhaltung der DSGVO zu wachen. Diese Auslegung wird nicht zuletzt von Art. 5 Abs. 2 iVm. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO gestützt, wonach der Verantwortliche u.a. sicherstellen und nachweisen („Rechenschaftspflicht“) muss, dass die von ihm durchgeführte Datenverarbeitung rechtmäßig ist (vgl. das Urteil des EuGH vom 14. März 2024, Rs. C‑46/23, Rn. 39 ff).
Gem. Art. 58 Abs. 2 lit. f DSGVO verfügt jede Aufsichtsbehörde über sämtliche folgenden Abhilfebefugnisse, die es ihr gestatten, eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, zu verhängen.
Die Aufsichtsbehörden können laut Art. 58 Abs. 2 lit. f DSGVO eine Beschränkung bis hin zu einem vollständigen Verbot anordnen. Die Datenverarbeitung kann auch bloß teilweise beschränkt werden (zB kann eine Videoüberwachung räumlich eingeschränkt werden) ( Zavadil in Knyrim , DatKomm Art 58 DSGVO Rz 36).
Da die Datenschutzbehörde - wie bereits unter Punkt D.3.2.b. ausgeführt - zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Betrieb der Kamera [Anmerkung Bearbeiter/in: Bezugnahme auf die im Spruch aufgezählten Standorte einer Videoüberwachung auf Ersuchen der Stadt Wien aus Sicherheitserwägungen entfernt] in der derzeitigen Form aufgrund der Erfassung von Mitarbeiter*innenbereichen rechtswidrig ist, war der MA 6 aufzutragen, die Aufnahmebereich entsprechend abzuändern, um einen rechtskonformen Zustand zu erreichen.
In welcher Form der rechtskonforme Zustand hergestellt wird, bleibt grundsätzlich der MA 6 als Verantwortliche iSv. Art. 4 Z 7 DSGVO überlassen. Dies könnte neben der Einschränkung des Aufnahmebereiches etwa auch durch die vollständige Einstellung der Videoüberwachung im Kassenbereich innen erreicht werden.
Eine Frist von 8 Wochen erscheint dem Umfang angemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.