G312 2304041-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Karin LOH und Dr. Katharina URLEB als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , SVNR: XXXX , gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird als begründet stattgegeben, der Bescheid ersatzlos behoben.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom XXXX wurde ausgesprochen, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) gemäß § 10 iVm § 38 AlVG 1977 für die Zeit von XXXX Bezugstage ab XXXX keine Notstandshilfe erhält.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhalts und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass der BF die mögliche Arbeitsaufnahme bei der Firma XXXX verweigert habe, Nachsichtsgründe nicht vorliegen würden bzw. nicht berücksichtigt werden können.
Dagegen erhob der BF fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass er die Stelle selbst gefunden habe. Da er das Unternehmen kenne, hätte er Zweifel daran, dass es sich um eine Arbeitsstelle handle, in der nur Kinder ohne Beeinträchtigung befördert werden. Er traue sich die Arbeit mit Menschen mit Behinderung aufgrund seiner Berührungsängste durch seine gesundheitlichen Probleme nicht zu. Er leide seit Jahren an Depressionen und damit verbunden mit immer wiederkehrenden Angststörungen. Dies liege beim AMS auf. Er habe mit dem Umgang so große Probleme, dass er sich keinen verantwortungsvollen Umgang mit ihnen zutraue. Obwohl ihm seitens der Firma gesagt worden sei, dass auch andere Personen zu transportieren seien, habe er am Probearbeitstag Menschen mit Beeinträchtigung transportieren müssen. Obwohl Herr XXXX ständig anwesend gewesen sei, habe sich sein Zustand im Laufe des Tages ständig verschlechtert. Sie hätten Personen auch aus dem Auto heben müssen, da die Tür kaputt gewesen sei. Die Tätigkeit sei für ihn absolut nicht durchführbar und verschlechtert sich sein Gesundheitszustand massiv aufgrund einer solchen Tätigkeit.
Die Beschwerde wurde samt maßgeblichem Verwaltungsakt von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Am XXXX fand vor dem BVwG eine öffentliche, mündliche Verhandlung in Anwesenheit des BF sowie eines Vertreters der belangten Behörde statt.
Mit Beschluss vom XXXX wurde Dr. XXXX als Sachverständige für Neurologie und Psychiatrie für das gegenständliche Verfahren zu Klärung angeführter Fragen beigezogen.
Das Sachverständigen Gutachten wurde am XXXX der belangten Behörde wie auch dem BF zur Kenntnis gebracht. Seitens der belangten Behörde ging am XXXX sowie XXXX eine schriftliche Stellungnahme dazu ein. Der BF brachte keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF steht wieder seit XXXX im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, zuletzt im Bezug der Notstandshilfe in der Höhe von Euro XXXX täglich.
Das letzte länger andauernde Beschäftigungsverhältnis bei der Firma XXXX (zweiter Arbeitsmarkt) endete am XXXX , danach stand der BF nur mehr in kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen.
Daneben übt der BF seit einiger Zeit eine geringfügige Beschäftigung bei der XXXX aus.
1.2. Der BF ist XXXX Jahre alt und absolvierte nach der Pflichtschule in eine Lehre zum Buch- und Offsetdrucker. Er habe dies ca. 5 Jahre ausgeübt und dann sei bei ihm eine Farb-Sinnschwäche festgestellt worden und er habe dann eine Ausbildung zum Systembetreuer absolviert. Er verfügt über den FSA und FSB sowie über einen eigenen PKW.
Seit XXXX ist der BF beim XXXX vollversichert beschäftigt, 30 Wochenstunden.
1.3. Am XXXX hat sich der BF (selbst, ohne Zuweisung) bei der Firma XXXX um eine Stelle als Schulbuslenker beworben.
Die Firma teilte dem AMS mit, dass der BF seine Bewerbung zurückgezogen hat – siehe folgende WhatsApp Nachricht:
Guten Morgen XXXX . Bzgl meiner Anstellung als Schulbuslenker muss ich meine Bewerbung leider zurückziehen. Ich habe es schon einmal probiert, aber ich kann nicht mit beeinträchtigen Menschen fahren, da habe ich einfach eine Blockade im Kopf…. Beim Vorstellungsgespräch habt ihr gesagt, das es nur hin und wieder ist. Bei der Fahr mit XXXX hat sich aber herausgestellt, das diese Fahrten permanent sind. Und das möchte ich nicht. Eurer Angebot war super, auch seid ihr tolle Menschen, doch kann ich nicht über meinen Schatten springen. Tut mir leid… Mit freundlichen Grüßen, XXXX
Der BF teilte am XXXX über sein eAMS Konto mit, dass er sich bei der Firma XXXX als Lenker für Schulkinder beworben habe, eigentlich habe er eine Zusage ab Oktober bekommen. Jetzt heiße es aber plötzlich, dass er auch mit beeinträchtigten Personen fahren muss, es für ihn aber nicht in Frage komme. Er möchte das nicht, er habe damit schon Erfahrungen bei der Firma XXXX gemacht, er könne und möchte das nicht.
Die Firma erklärte am XXXX auf Rückfrage vom AMS, dass dem Kunden von Anfang an gesagt worden sei, dass er nicht nur mit dem Schulbus fahren könne, sondern auch hin und wieder mit Kindern vom XXXX und von der XXXX . Keines der Kinder sei schwer behindert (geistige Beeinträchtigung). Beim Mitfahren sei der Kd sehr begeistert nur nach dem XXXX wollte er nicht mehr dort arbeiten. Hätte auch nichts anderes mit den Kindern zu tun, als von A – B zu fahren, keine Betreuung.
1.5. Laut oa Sachverständigen Gutachten vom XXXX liegen beim BF folgend gesundheitliche Einschränkungen bzw. folgende Diagnosen vor und werden die gestellten Fragestellungen wie folgt beantwortet:
- SV GU Fragen 1 bis 4:
Rezidivierende depressive Störung (überwiegend reaktiv bei körperlicher Beschwerdesymptomatik; seit XXXX dokumentiert; derzeit weitgehend remittiert; in psychischer Hinsicht besteht noch eine intermittierende leichte Affektlabilität bei rezidivierender Schmerzsymptomatik) .
Intermittierend Angstzustände mit nachrichtlich Versagensängsten mit psychovegetativer Reizsymptomatik (beim Transport von Personen mit Beeinträchtigung - vor ca 10 Jahren)
Diabetisches Polyneuropathiesyndrom (mit Betonung der unteren Extremitäten und rezidivierenden schmerzhaften Missempfindungen, keine neurogene Gangstörung).
Intermittierende Schmerzsymptomatik im Bereich der Halswirbelsäule (keine neurologische Ausfallssymptomatik)
Anamnestisch intermittierend Vertigo (derzeit keine neurologische Ausfallssymptomatik)
- SV GU Frage 5:
Grundsätzlich ist die Arbeitsfähigkeit des Untersuchten im Transportdienst von Personen im Allgemeinen erhalten. Aufgrund der beim Untersuchten bestehenden psychischen Beschwerdesymptomatik - depressives Zustandsbild als Reaktion auf körperliche Schmerzzustände - und intermittierenden Angstzuständen- im Sinne von Versagensängsten- ist die psychophysische Belastbarkeit des Untersuchten partiell eingeschränkt und ist aus psychiatrischer Sicht nachvollziehbar, dass beim Untersuchten Unsicherheitszustände und vegetative Reizzustände bei vermehrter psychischer Belastung wie dem Transport von Personen mit Beeinträchtigung auftreten können. Die vom Untersuchten geschilderten Beschwerden, die er beim Transport von Personen mit Beeinträchtigung erlebte, sind weitgehend nachvollziehbar. Es handelt sich um anlassbezogene Ängste mit entsprechenden veqetativen Reizerscheinungen und Unsicherheitsgefühl-, die situationsaktuell die Handlungsfähigkeit des Untersuchten beeinträchtigen könnten. Von einem spezifischen Krankheitsbild 1st hier nicht auszugehen. Bei entsprechender Exposition ist aber eine Symptomverstärkung der Rezidivierenden Depressiven Störung (dzt. weitgehend remittiert) möglich.
Mit XXXX führte der Sachverständige nach Aufforderung zu Frage 5 in Ergänzung aus, dass die angeführte Tätigkeit – Transportdienst von Personen mit Beeinträchtigung – dem Betroffenen im angeführten Zeitraum nicht zumutbar war.
- SV GU Frage 6:
Eine Behandlung der beim Kläger intermittierend auftretenden psychischen Leidenszustände im Sinne von Versagensängsten ist möglich - dies vor allem im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung und auch einer psychophamakologischen Behandlung. Diesbezüglich ist aber von einer längeren Behandlungsdauer - zumindest 3-4 Monate - auszugehen.
1.6. Die verfahrensgegenständliche Beschäftigung ist dem Sachverständigengutachten entsprechend im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die oben getroffenen Feststellungen resultieren aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. In der mündlichen Verhandlung erklärte der BF er leide an Diabetes und Polyneuropathie, das ist eine Nervenschädigung und kommt von der Diabetes.
Er sei der Ansicht, dass die Entscheidung des AMS falsch ist, da die Stelle hatte Null mit dem AMS zu tun, diese Stelle habe er sich selbst herausgesucht und habe gesagt, er schau sich das an. Es ging darum Taxifahrten und Transporte zu machen, also mit Schulkindern zu fahren. Beim Bewerbungsgespräch sei eine nette Atmosphäre gewesen, dann habe er erwähnt, dass er Probleme habe mit Personen mit Beeinträchtigungen bzw. Behinderung zu fahren. Er wisse nicht warum, er habe das auch mit seinem Berater gesprochen. Er habe Berührungsängste, Er könne es nicht erklären. Die Dame habe dann zu ihm gesagt, dass das kein Problem sei, da es ganz selten solche Fahrten gebe und wenn mache das ein Angestellter. Er habe dann einen Probetag dort gehabt, sei mit dem Mann der Dame dort gefahren, der habe ihm dort gesagt, dass diese Fahrten permanent und regelmäßig sind. Er habe an diesem Tag auch eine solche Fahrt durchgeführt.
Auf die Frage, was das Problem gewesen sei, erklärte der BF, dass er es nicht erklären könne. Er könne mit einem Jeden, auch mit Kinder, er wisse es nicht. Er habe das auch mit Herrn XXXX besprochen und habe das der Beraterin mitgeteilt, die aber nur gemeint habe, dass sie das nicht zu interessieren habe. Sie hätten eine Bekannte, die sitze im Rollstuhl und er tue sich da sehr schwer. Er wisse nicht ob es Mitleid sei. Er könne sich nicht daran gewöhnen. Er müsste die Personen auch begleiten, die waren nicht nur zu transportieren.
Auf die Frage, wie sich seine Probleme damit äußern, erklärte er, er merke es als alls erstes beim Zucker, dieser mache was er will, rauf und runter. Dann merke er es beim Schlafen. Seine Frau habe zu ihm gesagt: seit Du das weißt, bist du komplett von der Rolle. Er wisse, dass es blöd klinge, aber es ist so.
Auf Vorhalt, dass beim HVB Auszug auffalle, dass er seit XXXX immer weniger gearbeitet habe und was der Grund sei, erklärte er, dass XXXX das mit der Diabetes gekommen sei, das habe ihn aus der Spur gehauen. Dann seien die Kinder gekommen. Seine Frau sei Friseurin gewesen und habe diesen Beruf ausgeübt, er habe dann auf die Kinder geschaut.
Wie der Herr beschrieben hat, musste ich den Personen aus dem Auto helfen, bei einer Rollstuhlfahrerin mussten wir sie aus dem Auto heben, weil die Fahrzeuge nicht die besten waren und die Tür geklemmt hat. Dann war ein Passagier, der war blind. Den musste ich zur Gänze ins Haus bringen und neben mir ist eine Person gesessen, die hat mir andauernt etwas erzählt und war meiner Meinung nach sehr wohl beeinträchtigt. In XXXX habe ich mit älteren Personen gearbeitet, dort hatte ich eine Freude mit der Tätigkeit. Dort musste ich den Leuten auch beim aus- und einsteigen helfen.
Mit XXXX bin ich eine Woche geringfügig gefahren. Dort musste ich auch mit Menschen mit Beeinträchtigungen fahren. Es ist nicht gegangen. Ich war seelisch und körperlich fertig.
Beim XXXX bin ich jetzt bei der Sicherheitsstaffel. Wenn man sieht im Fernsehen, die Fahnen schwenken oder Teile bergen oder Fahrzeuge wegschieben.
Hinsichtlich der Firma XXXX habe er nur gewusst, dass sie Buslenker oder Taxifahrer suchen. Mehr habe ich nicht gewusst. Auf Nachfragen erkläre ich, ich habe es übers Internet gefunden.
Er habe auch hin und wieder am XXXX geshuttelt oder beim der Snowboard WM am XXXX . Er wurde auch gefragt, ob ich bei Special Olympics shutteln würde, ich habe es aber abgelehnt, obwohl ich das gerne mache.
Auf Aufforderung, dass er den Unterschied erklären soll, der für ihn subjektiv besteht, zwischen der Betreuung ältere Personen, die auch zum Teil über Beeinträchtigungen verfügen und Personen mit besonderer Beeinträchtigung.
Dazu gab der BF an, es gehe glaube er, bei ihm um die Kinder. Er habe selber Kinder, seine Kinder sind Gott sei Dank gesund. Er denke, dass es teilweise auch Mitleid ist mit den Kindern, aufgrund der Beeinträchtigung. Bei den Senioren geht’s um Mithilfe beim Gehen, zb hängen sie sich ein oder gehen mit dem Rollator. Das ist für ihm kein Problem. Außerdem erzählen sie interessante Geschichten.
Auf die Frage, ob thematisiert wurde, wieviel Prozent er an Fahrten mit Kindern mit Beeinträchtigungen übernehmen hätten müssen erklärte er, der Mann von der Dame hat ihm schon gesagt, dass es permanent ist. Zuerst hat es geheißen einmal in der Woche, bzw. hat sie gesagt, das kann jemand anderes übernehmen. Er hat dann gesagt, dass das permanent ist.
Die VR erläutert, dass ein SV hinsichtlich Abklärung der Zumutbarkeit in gesundheitlicher Hinsicht der Tätigkeit hinzugezogen wird.
Auf Nachfragen erklärt der BF, dagegen keine Einwände zu erheben.
Mit Beschluss des BVwG wurde XXXX als Sachverständige im Fachbereich Neurologie und Psychiatrie dem Verfahren zur Klärung angeführter Fragestellung hinzugezogen.
1) Wie stellt sich der derzeitige Gesundheitszustand des BF im Fachbereich des Sachverständigen dar?
2) Welche diesbezüglichen Krankheitsbilder liegen aktuell beim BF vor?
3) Seit wann bestehen die jeweiligen Erkrankungen?
4) Welche Symptome bzw. Einschränkungen können bei der jeweiligen Erkrankung auftreten?
5) In welchem Ausmaß ist die Arbeitsfähigkeit des BF hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Beschäftigung als Fahrer im Personentransport (von Menschenmit Beeinträchtigung) vor allem hinsichtlich Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung gegeben bzw. eingeschränkt? Würde die Beschäftigung aufgrund der vorgebrachten Problemfelder des BF mit dem Umgang mit Menschen mit Menschen mit Beeinträchtigung ihn selbst (2.8. durch plötzlichen Blutzuckeranstieg, Konzentrationsabfall bis zu einer ev. Handlungsunfähigkeit etc.) oder andere (durch seine seelische oder körperliche Reaktion in solchen Situationen) in ihrer Gesundheit gefährden? Liegt diesbezüglich lediglich eine Hemmschwelle (aufgrund von Angstzuständen) vor, oder muss von einem Krankheitsbild ausgegangen werden?
6) Kann gegebenenfalls die jeweilige Erkrankung mit einer entsprechenden Behandlung zur Gänze geheilt bzw. abgemildert werden?
7) Gibt es im Zuge der Begutachtung weitere sachdienliche Wahrnehmungen?
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A):
3.2. Verfahrensgegenständlich ist strittig, ob die belangte Behörde zu Recht den Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum XXXX Bezugstage ab XXXX gemäß § 10 iVm § 38 AlVG ausgeschlossen hat.
Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosgengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Z 1), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat (Z 3). Der Arbeitsvermittlung steht nach Abs. 2 leg. cit. zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
Arbeitswillig ist gemäß § 9 Abs. 1 AlVG, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
Eine Beschäftigung ist gemäß § 9 Abs. 2 AlVG zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere, wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
Wenn eine arbeitslose Persons sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt so verliert sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist gemäß Abs. 3 leg. cit. in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. in diesem Sinn schon das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141, VwSlg 13286 A/1990).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Jänner 2012, 2008/08/0243).
Es ist unstrittig, dass der BF die verfahrensgegenständliche Beschäftigung nicht aufgenommen hat.
Jedoch erweist sich diese Beschäftigung laut vorliegenden Sachverständigengutachten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als nicht zumutbar, weshalb keine Sanktion gemäß § 10 AlVG zu verhängen ist.
Der Beschwerde ist daher als begründet stattzugeben und die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos zu beheben.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus uneinheitlich zu beurteilen und es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
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