Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Simone BÖCKMANN-WINKLER nach Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2025, Zl. 1325640910/250018359, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, über die Beschwerde vom 04.02.2025 gegen die Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 22.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab dem Antrag des Beschwerdeführers nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid vom 08.08.2023 statt, erkannte ihm den Status des Asylberechtigten zu und stellte fest, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.01.2025 sowie nachfolgend auch am 14.01.2025 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass mit 07.01.2025 ein Aberkennungsverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten eingeleitet worden sei, da sich aufgrund des Regimewechsels in seinem Herkunftsstaat Syrien die Umstände, beziehungsweise die Voraussetzungen, die zur Zuerkennung des Schutzstaus geführt hätten, wesentlich geändert hätten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hole aktuell Informationen zur allgemeinen Lage in Syrien ein und werde den Beschwerdeführer dann auffordern, dazu und zu seinen persönlichen Umständen Stellung zu nehmen. Er müsse auf dieses Schreiben weder antworten noch mit der Behörde in Kontakt treten. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass er bis zur rechtskräftigen Beendigung oder Einstellung des Aberkennungsverfahren jedenfalls zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.
Am 04.02.2025 wurde durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH als Vertreterin des Beschwerdeführers ein als Beschwerde bezeichneter Schriftsatz beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht, die am 04.03.2025 ergänzt wurde. Es wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die hoheitliche Entscheidung, ein Aberkennungsverfahren einzuleiten, gravierende Rechtsfolgen mit sich bringe und die Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zur Bescheidqualität sowie im Hinblick auf ein Mindestmaß an faktischer Effektivität des Rechtsschutzes einer Anfechtung zugänglich sei. Die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens verunmögliche in weiterer Folge eine Familienzusammenführung sowie den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft. Nach Ansicht des Beschwerdeführers werde das mit dem angefochtenen Bescheid eingeleitete Aberkennungsverfahren zu Unrecht geführt, zumal die Voraussetzungen für die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens gegenständlich nicht vorliegen würden.
Am 06.03.2025 wurde durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH als Vertreterin des Beschwerdeführers zudem jeweils ein Antrag auf Einstellung des Aberkennungsverfahrens sowie auf Feststellung des (Weiter)Bestehens der Flüchtlingseigenschaft beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht und das bis dahin erstattete Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Wegen der Einleitung des Aberkennungsverfahrens sei dem Beschwerdeführer eine Zusammenführung mit seinen Familienangehörigen nicht möglich und stelle er daher neben dem Antrag auf Einstellung des Aberkennungsverfahrens zudem einen Antrag auf Feststellung des (Weiter)Bestehens der Flüchtlingseigenschaft.
Mit gegenständlicher Beschwerdevorentscheidung vom 11.03.2025 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Beschwerde zurück und führte dabei zusammengefasst aus, dass die Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens kein verfahrensrechtlicher Bescheid sei, sondern eine Verfahrensanordnung, gegen die eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig sei – Verfahrensanordnungen könnten erst in der Beschwerde gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden.
Am 26.03.2025 wurde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Vorlageantrag gegen die am 17.03.2025 zugestellte Beschwerdevorentscheidung vom 11.03.2025 eingebracht. Mit Schreiben vom 25.06.2025 wurde dieser ergänzt mit dem Verweis, dass die Übergangsregierung in Syrien nicht fähig sei, die christliche Bevölkerung vor Hassangriffen zu schützen. Der Beschwerdeführer müsse seine Familie aus der Gefahrenzone nach Österreich holen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 22.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2023 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Mit „Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens“ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07. bzw. 14.01.2025 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer, dass am 07.01.2025 ein Aberkennungsverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hinsichtlich seines Status des Asylberechtigten eingeleitet wurde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem vorliegen Verwaltungsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG, FPG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
Gemäß § 58 Abs. 1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
Der Bescheidcharakter einer Erledigung setzt voraus, dass die Verwaltungsbehörde ihren Bescheidwillen, also ihren Willen, hoheitlich und in förmlicher Weise über Rechtsverhältnisse individuell bestimmter Personen abzusprechen, auch in der Erledigung entsprechend zum Ausdruck bringt. Der Wille der Behörde, einen Bescheid zu erlassen, muss – was fraglich sein kann, wenn die Erledigung nicht die äußere Form des Bescheides aufweist – deutlich objektiv erkennbar sein (Hengstschläger/Leeb, AVG § 58 Rz 3 mwN [Stand 01.03.2023, rdb.at]). Es muss somit die klare Absicht der Behörde zum Ausdruck kommen, rechtsverbindlich über die betreffende Angelegenheit abzusprechen – insbesondere einen Antrag abschließend zu erledigen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 58 Rz 6 mwN [Stand 01.03.2023, rdb.at]).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich unter anderem im Erkenntnis vom 26.06.2019, Ro 2018/03/0009, ausführlich mit der Bescheidqualität behördlicher Erledigungen auseinandergesetzt. So sind Bescheide individuelle, hoheitliche Erledigungen einer Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder formellrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden (vgl. VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060). Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich (vgl. VwGH 10.08.2000, 2000/07/0043). Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat (vgl. dazu VwGH 16.05.2001, 2001/08/0046). Das Erfordernis, dass ein Bescheid einen Spruch enthalten muss, ist nicht streng formal auszulegen; vielmehr ist der normative Abspruch auch aus der Formulierung erschließbar, doch muss sich der Wille der Behörde, in einer Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen, eindeutig aus der Erledigung ergeben. Aus der Erledigung muss der objektiv erkennbare Wille der Behörde hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Auch formlose Schreiben können Bescheide sein (vgl. VwGH 31.01.2000, 99/10/0202; VwGH 10.08.2000, 2000/07/0043; VwGH 16.05.2001, 2001/08/0046). Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung ist für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ebenso wenig entscheidend wie eine Gliederung dieser Erledigung nach Spruch und Begründung (vgl. VwGH 31.03.2009, 2004/10/0118).
Die im Beschwerdeschreiben angeführte Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.01.2025 sowie 14.01.2025 weist nicht die in § 58 Abs. 1 AVG normierten Kriterien auf – sie ist weder ausdrücklich als „Bescheid“ bezeichnet, noch enthält sie einen Spruch beziehungsweise eine Rechtsmittelbelehrung.
Es ist daher nach obiger Rechtsprechung zu prüfen, ob aus der Erledigung der objektiv erkennbare Wille der Behörde hervorgeht, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen.
In der Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.01.2025 sowie 14.01.2025 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass gegen ihn ein Aberkennungsverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten eingeleitet worden sei, da sich aufgrund des Regimewechsels in seinem Herkunftsstaat Syrien die Umstände beziehungsweise Voraussetzungen, die zur Zuerkennung seines Schutzstatus geführt hätten, wesentlich geändert hätten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hole aktuell Informationen zur allgemeinen Lage in Syrien ein und werde den Beschwerdeführer dann auffordern, dazu und zu seinen persönlichen Umständen Stellung zu nehmen. Dem Beschwerdeführer wurde zudem mitgeteilt, dass er weder auf dieses Schreiben antworten noch mit der Behörde in Kontakt treten müsse beziehungsweise, dass er bis zur rechtskräftigen Beendigung oder Einstellung des Aberkennungsverfahrens jedenfalls zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.
Aus der Erledigung ergibt sich somit der objektiv erkennbare Wille der Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt eben noch keine normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen.
Hinzukommt, dass § 7 Abs. 2a letzter Satz AsylG 2005 explizit regelt, dass dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen ist.
Dies entspricht auch Art. 45 Abs. 1 lit a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, wonach die betroffene Person schriftlich davon in Kenntnis zu setzen ist, dass die zuständige Behörde den Anspruch auf internationalen Schutz überprüft und aus welchen Gründen eine solche Überprüfung stattfindet.
Es ist somit festzuhalten, dass das Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07. bzw. 14.01.2025 nicht als Bescheid, sondern als Verfahrensanordnung iSd § 63 Abs. 2 AVG zu qualifizieren ist, weshalb sie erst gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden kann (siehe dazu allgemein Hengstschläger/Leeb, AVG § 63 Rz 59 mwN [Stand 01.01.2007, rdb.at]).
Dem Beschwerdevorbringen, wonach der Einleitung eines bestimmten Verfahrens Bescheidcharakter zukommen müsse, wenn daran in anderen Rechtsvorschriften bestimmte Rechtsfolgen geknüpft seien, ist zu entgegnen, dass selbst wenn aufgrund des gegen den Beschwerdeführers eingeleiteten Aberkennungsverfahrens im Falle der Stellung eines Antrages auf Einreise durch Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose zu ergehen hätte, dies primär die Familienangehörigen des Beschwerdeführers beträfe, denen selbst in einem der Mitteilung folgenden Aberkennungsverfahren keine Parteistellung zukäme und gegenüber welchen selbst in einer nachfolgenden negativen Entscheidung die belangte Behörde keine zu begründende normative Regelung zu treffen hätte.
Auch der Verweis in der Beschwerde auf ein hypothetisches Verleihungshindernis im Verfahren zur Erlangung der Staatsbürgerschaft übersteigt den Rahmen des objektiv erkennbaren Willens der Behörde, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit (nämlich der Aberkennung des Status eines Asylberechtigten) zu treffen, um der Erledigung zwingend Bescheidcharakter zu verleihen. Zudem wird darauf verwiesen, dass § 11a Abs. 7 StbG unter anderem auf einen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens zehn Jahren im Bundesgebiet abstellt, was im gegenständlichen Fall nicht der Fall ist.
Die gegenständliche Beschwerde gegen die Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens vom 07 bzw. 14.01.2025 ist somit nicht gegen einen Bescheid iSd § 58 AVG gerichtet, weshalb ein tauglicher Beschwerdegegenstand nicht vorliegt und diese im Ergebnis als unzulässig zurückzuweisen war.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Da sich im gegenständlichen Verfahren der maßgebliche Sachverhalt unbestritten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde ergibt, war von einer Verhandlung Abstand zu nehmen.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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