IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 23.04.2025, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe, dass der Gesamtgrad der Behinderung 30 (dreißig) von Hundert (v.H.) beträgt, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 10.08.2024 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und legte ein Konvolut an medizinischen Befunden bei.
2. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 15.11.2024 erstatteten Gutachten vom 01.12.2024 (vidiert am 02.12.2024) stellte die medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen
1. Degenerative und posttraumatische Veränderungen im Bereich des rechten Sprunggelenks (Osteosynthese), Plantarfasziitis links, Impingement rechts Schulter, Funktionseinschränkung linkes Kniegelenk, Position 02.02.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung 40 %
2. Endometriose, Position 08.03.03 der Anlage der EVO, GdB 30 %
3. Zustand nach Entfernung eines Ovars, Position 08.03.04 der Anlage der EVO, GdB 10 %
und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert (in der Folge v.H.) fest.
3. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 03.12.2024 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.
4. Die Beschwerdeführerin gab mit Emailnachricht vom 16.12.2024 eine Stellungnahme ab und legte den Reha Entlassungsbericht vom November 2024 vor. Aus diesem Untersuchungsbericht würde hervorgehen, dass es ihr nicht möglich sei, ohne Krücken zu gehen. Sie würde nach wie vor unwichtige Strecken vermeiden, da ihre Schmerzsituation dies nicht zulassen würde. Sie könne viele Dinge des Alltags nicht mehr selbstständig erledigen und sei auf Hilfe angewiesen.
5. Die belangte Behörde nahm diese Stellungnahme zum Anlass um ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin einzuholen. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 10.04.2025 erstatteten Gutachten vom 11.04.2025 (vidiert am 13.04.2025) stellte der medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen
1. Degenerative und posttraumatische Veränderungen im Bereich des rechten Sprunggelenks (Osteosynthese), Plantarfasziitis links, Impingement rechts Schulter, Position 02.02.01 der Anlage der EVO, GdB 20 %
2. Endometriose, Position 08.03.03 der Anlage der EVO, GdB 20 %
3. Zustand nach Entfernung eines Ovars, Position 08.03.04 der Anlage der EVO, GdB 10 %
und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 v.H. fest.
Es sei eine niedrigere Einschätzung des Leidens 1 erfolgt, da bei der Untersuchung nur geringe Funktionseinschränkungen im rechten Sprunggelenk objektivierbar gewesen seien. Eine relevante Muskelverschmälerung und eine verminderte Fußsohlenbeschwielung als Zeichen einer relevanten Belastungs- und Gebrauchsminderung würden nicht bestehen. Auch das Leiden 2 sei niedriger eingeschätzt worden, da unter medikamentöser Therapie kein Hinweis auf ein Rezidiv bestehen würde.
6. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 14.04.2025 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.04.2025 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 v.H. fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid das zuletzt eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie bei.
8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass ihr das Gutachten des medizinischen Sachverständigen nicht verständlich sei. Im ersten Gutachten sei ihr Gesamtgrad der Behinderung mit 50 % eingestuft worden. Ihr sei mitgeteilt worden, dass sie wegen der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eine Stellungnahme einreichen solle. Das habe sie gemacht und nun sei im neuen Gutachten ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 % festgestellt worden. Dies sei ihr nicht verständlich, da ihr versichert worden sei, dass sich am ersten Gutachten nichts ändern werde, sondern lediglich die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt werde. Während ihrer letzten Reha sei ihr Zustand immer schlechter geworden, sie habe die Reha vorzeitig abbrechen müssen. Sie könne auch nicht nachvollziehen, weswegen ihre Endometriose niedriger eingestuft worden sei. Es sei erschreckend, wie mit Menschen mit Einschränkungen/Behinderungen umgegangen werde und wie man ihnen das Leben schwermache.
9. Die belangte Behörde nahm die Beschwerde zum Anlass um ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie einzuholen. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.07.2025 erstatteten Gutachten vom 17.07.2025 stellte der medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen
1. Degenerative und postraumatische Veränderungen im Bereich des rechten Sprunggelenks (Zustand nach Osteosynthese), Plantarfasziitis links, Impingement rechts Schulter, Position 02.02.02 der Anlage der EVO, GdB 30 %
2. Endometriose, Position 08.03.03 der Anlage der EVO, GdB 20 %
3. Zustand nach Entfernung eines Ovars, Position 08.03.04 der Anlage der EVO, GdB 10 %
und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 v.H. fest.
Das Leiden 1 sei im Vergleich zum Vorgutachten wegen offensichtlich fehlender Besserungstendenz mit 30 v.H. eingeschätzt worden.
10. Die belangte Behörde legte das Beschwerdeverfahren dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 11.08.2025 zur Entscheidung vor, wo dieses am 12.08.2025 einlangte.
11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.08.2025 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin ist, und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
12. Das Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme durch die belangte Behörde mit Schreiben vom 12.08.2025 zur Kenntnis und räumte ihnen eine Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 10.08.2024 bei der belangten Behörde ein.
Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.
Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Anamnese:
Ein Behindertenpass wurde beantragt. Vorgutachten am 15.11.2024 - 50 v.H. Vorgutachten am 10.04.2025 - 20 v.H.
Voranamnese:
Z. n. Fraktur rechtes Sprunggelenk (Weber C - Fraktur) Außenknöchelverplattung 06/2023 (OSM in situ), Plantarfasziitis links, Funktionseinschränkung linkes Kniegelenk, Impingement rechte Schulter, Endometriose, Adnexektomie rechts und Tubektomie links 2022.
Neu: Sturz über Stiegen am 12.07.2025: Dg.: Cont. hum. dext., Cont LWS, Dist. artic. talocrur. dext., Cont. ped. dext.
Derzeitige Beschwerden:
Die Beschwerdeführerin klagt über anhaltende Schmerzen im rechten Sprunggelenk und Fuß. Belastungsschmerzen im Sprunggelenk, Knie und der Hüfte rechts. Überlastungsbeschwerden linke Hüfte. Schulterschmerzen durch Krückengehen. Weiterhin unveränderte Beschwerden bezüglich der Endometriose.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Metrissa, Ibuprofen, Novalgin, Seractil, derzeit (nach erneutem Trauma) Lovenox HG geplant - Termine noch offen
Sozialanamnese:
DGKS - derzeit Büroleitung.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befunde im Akt:
Reha Bericht XXXX , 11/24, beschreibt Restbeschwerden im rechten Sprunggelenk nach Außenknöchelbruch, weiters bestehen geringe Belastungsbeschwerden und Endlagenschmerz in der rechten Schulter, Schmerzen an der linken Fußsohle. Mobilisierung unter Vollbelastung gut möglich. Einbeinstand rechts möglich, links wird abgelehnt wegen Schmerzen.
Ambulante Reha XXXX , Phase 2, 21.2.-2.4.2024, Z.n. Fract. mall. lat. dext. (Weber C) am 9.6.2023 - OP am selben Tag - Außenknöchelverplattung und Stellschraube, Stellschraubenentfernung am 10.8.2023. Anhaltende Schmerzen rechte Schulter nach Sturz auf den rechten Arm 02/2023. Z.n. Influenza 01/2024. Gehstrecke ohne Gehhilfe auf 10 km limitiert. Stiegensteigen gelingt im Wechselschritt ohne Handlauf. Laufen auf der Wiese möglich. Fußballspielen mit den Kindern klappt weiterhin noch nicht. Stopp und Go - Bewegungen nicht möglich. Besonderheiten: Mark-Nagel-Schraube rechtes Sprunggelenk, Endometriose.
Dr. XXXX 11/2023: Impingement rechte Schulter.
KH BB XXXX 11/2022: Endometriose des Ovars rechts, Endometriose des Beckenperitoneums, Retroperitoneale Zyste rechts. Lpsk. Zytologie und Mikrobiologieentnahme aus dem Douglas, ausgedehnte Adhäsiolyse, Ausschälung einer retroperitonealen Zyste aus der rechten Beckenwand, Eröffnung einer Endometriosezyste des rechten Ovars und Tubektomie bds. Operation: LSK - Adnexektomie rechts und Tubektomie links.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut. Ernährungszustand: adipös
Größe: 172,00 cm Gewicht: 97,00 kg
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput: unauffällig. Abdomen: weich, adipös, indolent.
Wirbelsäule:
HWS: geringer Hartspann der Nackenmuskulatur; Rotation der HWS endlagig gering eingeschränkt, KJA 3cm.
BWS: achsengerade, nicht klopfdolent.
LWS: Dzt. keine Schmerzausstrahlung in die unteren Extremitäten, Lasegue neg.
Becken: stabil
Rechte und linke obere Extremität:
Schulter-, Ellbogen- Hand- und Fingergelenke aktiv und passiv frei, diffuse Belastungsschmerzen beider Schultern. Periphere Sens. und DB zum Untersuchungszeitpunkt o.B. Gebrauchshand: rechts.
Rechte untere Extremität:
Hüfte: S 0-0-130, R 20-0-40, kein Rotations- und Stauchungsschmerz Knie: S 0-0-140, bandstabil, Meniskuszeichen neg.
Sprunggelenk: S 0-0-25, blande OP Narbe über der Fibula Zehenspitzen- und Fersenstand nicht möglich.
Linke untere Extremität:
Hüfte: S 0-0-130, R 20-0-40, kein Rotations- und Stauchungsschmerz Knie: S 0-0-140, bandstabil. Meniskuszeichen neg.
Sprunggelenk: S 10-0-35 Zehenspitzen- und Fersenstand möglich Beinlängen seitengleich, Muskulatur der oberen und unteren Extremität seitengleich ausgebildet.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Hinkendes Gangbild. 2 UAK werden verwendet. Lagewechsel, An- und Auskleiden problemlos.
Status Psychicus:
Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Degenerative und postraumatische Veränderungen im Bereich des rechten Sprunggelenks (Zustand nach Osteosynthese), Plantarfasziitis links, Impingement rechts Schulter
2. Endometriose
3. Zustand nach Entfernung eines Ovars
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 v.H.
Das führende Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, wegen fehlender maßgeblicher wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung und zu geringer funktioneller Relevanz.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland basieren auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das seitens der belangten Behörde aufgrund der Beschwerde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 17.07.2025, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am selben Tag.
Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Sachverständige setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und den Einwendungen in der Beschwerde sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Im Vergleich zum Vorgutachten eines Sachverständigen für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 11.04.2025 (vidiert am 12.04.2025) kommt der medizinische Sachverständige für Orthopädie aufgrund des Umstandes, dass keine Besserungstendenz besteht, zum Ergebnis, dass das Leiden 1 nicht mit einem GdB von 20 %, sondern mit einem GdB von 30 % einzustufen ist. Der medizinische Sachverständige geht somit von einer Chronifizerung des Leidens aus.
Dieses medizinische Sachverständigengutachten wurde der Beschwerdeführerin seitens des Bundesverwaltungsgerichtes mit Schreiben vom 12.08.2025 im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab, weswegen davon ausgegangen wird, dass sie das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis nimmt.
Die Beschwerdeführerin ist sohin den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es einer Antragstellerin, so sie der Auffassung ist, dass ihre Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgericht bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 17.07.2025. Es wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
„§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41 (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
…
§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. Der Behindertenpass ist kein Nachweis im Sinne des § 14 Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung beträgt 12 Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:
"Behinderung
§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
...“
Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.
Das Leiden 1 sind degenerative und postraumatische Veränderungen im Bereich des rechten Sprunggelenks (Zustand nach Osteosynthese), eine Plantarfasziitis links und ein Impingement rechts Schulter, welches der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz der Position 02.02.02 der Anlage der EVO mit einem GdB von 30 % einstufte, da nur geringe Funktionseinschränkungen im rechten Sprunggelenk bestehen.
Das Leiden 2 ist eine Endometriose, welches der medizinische Sachverständige richtig im mittleren Rahmensatz der Position 08.03.03 der Anlage der EVO mit einem GdB von 20 % einstufte, da nach der Operation im Jahr 2023 unter medikamentöser Therapie kein weiterer Therapiebedarf besteht.
Das Leiden 3 ist der Zustand nach Entfernung eines Ovars, welches der medizinische Sachverständige richtig nach dem fixen Rahmensatz der Position 08.03.04 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte.
Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).
Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde aufgrund der Beschwerde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 17.07.2025, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin vom selben Tag zu Grunde gelegt.
Der medizinische Sachverständige stellt in diesem Sachverständigengutachten fest, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden nicht erhöht wird, wegen fehlender maßgeblicher wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung und zu geringer funktioneller Relevanz, woraus sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. ergibt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere auf das von der belangten Behörde aus Anlass der Beschwerde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist. Beide Parteien haben keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
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