Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Mag. Reinhold WIPFEL (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen Spruchpunkt A des Bescheides des Arbeitsmarktservice vom 15.12.2023, Zl. VSNR XXXX , AMS 964-Wien Laxenburger Straße, nach Beschwerdevorentscheidung vom 09.02.2024, GZ: WF XXXX , nach Durchführung einer nicht öffentlichen Beratung vom 04.09.2025 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der über 40 jährige BF hat Berufserfahrung als LKW- und Busfahrer. Seit 2014 befindet er sich im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Seit 02.01.2015 bezieht er Notstandshilfe.
Am XXXX .2023 erfolgte eine ärztliche Begutachtung des BF im beruflichen Bildungs- und Rehabillitationszentrum, BBRZ. Dem BF waren demzufolge leichte bis mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen im normalen Arbeitstempo möglich. Ausgeschlossen werden Nachtarbeit, Schichtarbeit und Exponierte Tätigkeiten, ferner Tätigkeiten, die mit Vibrationen einhergehen.
Am 12.10.2023 erklärte sich der BF gegenüber dem AMS im Rahmen einer Niederschriftsaufnahme arbeitsfähig und bereit, der Arbeitsvermittlung unter Berücksichtigung der im Gutachten festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen zur Verfügung zu stehen.
Am 22.11.2023 sendete das AMS dem BF ein Schreiben, das mit folgendem Satz beginnt: „Ihr nächster Kontrollmeldetermin bzw. Ihre nächsten Kontrollmeldetermine gemäß§ 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) finden am 30.11.2023 10:00 Uhr (Zimmernummer EG Ebene 0) statt.“.
Das Schreiben, ein Vordruck, enthält folgenden Hinweis „Sie sind verpflichtet, zu einem Kontrollmeldetermin zu kommen (§ 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz). Wenn Sie einen Kontrollmeldetermin ohne triftigen Grund versäumen, erhalten Sie ab diesem Tag kein Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) - bis zu dem Tag, an dem Sie sich wieder persönlich beim zuständigen Arbeitsmarktservice melden und den Fortbezug Ihres Anspruches geltend machen.“
Das Schreiben wurde dem BF nachweislich mit RSa-Brief zugestellt. Am 27.11.2023 erfolgte ein Zustellversuch und wurde das Schreiben durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 28.11.2023 zugestellt.
Zum Kontrollmeldetermin am 30.11.2023 um 10:00 Uhr erschien der BF nicht. Das AMS stellte die Leistung zum 30.11.2023 ein.
Am 13.12.2023 behob der BF das hinterlegte Schreiben und sprach am selben Tag persönlich beim AMS vor. Laut der am 13.12.2023 aufgenommenen Niederschrift rechtfertigte sich der BF damit, dass er den Brief nicht habe abholen können, da er krank gewesen wäre. Er habe sich nicht krank schreiben lassen, da es ihm dafür zu schlecht gegangen sei. Am 14.12.2023 würde der BF erneut aufgrund seines Stents am Herzen ins Krankenhaus gehen müssen.
Dem BF wurde die Leistung mit 13.12.2023 wieder ausbezahlt.
Mit Bescheid vom 15.12.2023, Zl. XXXX Spruchpunkt A, sprach das AMS aus, dass der BF gemäß § 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF für die Zeit von 30.11.2023 bis 12.12.2023 keine Notstandshilfe erhalte. Begründend wurde ausgeführt, der BF habe den für 30.11.2023 vorgeschriebenen Kontrolltermin ohne triftigen Grund nicht eingehalten und sich erst wieder am 13.12.2023 bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet. Mit Spruchpunkt B dieses Bescheides wurde die aufschiebende Wirkung einer gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, er stehe mit seinem Berater oft in Kontakt und halte alle Termine ein. Der BF melde sich sogar öfter als vorgeschrieben, da er selbst Interesse an der Beendigung seiner Arbeitslosigkeit habe. Dies sei aufgrund der gesundheitlichen Situation des BF jedoch schwer und sei seine Arbeitsunfähigkeit vom BBRZ bereits festgestellt worden. Am 10.01.2024 sei bereits zum wiederholten Mal eine Operation am Herzen erfolgt. Die Leistungssperre sei daher nicht zu Recht erfolgt.
Im Zuge des Beschwerdevorverfahrens nahm das AMS am 11.01.2024 telefonisch Kontakt mit dem BF auf und legte folgenden Aktenvermerk an: Der BF habe angegeben, er sei ständig beim Arzt und befinde sich seit 09.01.2024 im Krankenhaus. Auf Nachfrage, ob er Ende November 2023 einen Arzt aufgesucht hätte, habe er aufgelegt. Noch am selben Tag habe der BF zurückgerufen und angegeben, er sei laut BBRZ-Gutachten arbeitsunfähig. Der BF wurde seitens des AMS darauf hingewiesen, dass ihn das Gutachten als arbeitsfähig ausweise und er sich auch selbst arbeitsfähig erklärt hätte.
Am 26.01.2024 nahm das AMS erneut telefonisch mit dem BF Kontakt auf und legte folgenden Aktenvermerk an: Der BF habe angegeben, das es keine Nachweise der ÖGK gebe. Die ÖGK würde diese erst im nächsten Jahr abrechnen. Auf Nachfrage, ob eine Arbeitsunfähigkeitsbestätigung für den Zeitraum November 2023 bis Dezember 2023 vorgelegt werden könne, habe der BF keine Antwort gegeben.
Am 29.01.2024 nahm das AMS neuerlich telefonisch mit dem BF Kontakt auf und gab dieser an, er habe noch keine Nachweise über seine Arztbesuche von der ÖGK erhalten. Er habe jedoch von seiner Hausärztin eine Bestätigung über die Ordinationsbesuche betreffend Medikamentenverschreibung erhalten. Diese werde er in der Regionalstelle vorlegen.
Mit 31.01.2023 legte der BF ein Protokoll ärztlicher Leistungen der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr . XXXX für die Zeit von 01.11.2023 bis 31.12.2023 vor. Dieses beinhaltete die Ausgabe von Rezepten am 15.11., 28.11. und 14.12.2023, ferner eine Untersuchung am 20.11.2023, die Anforderung von Laborwerten und eine Befundung durch eine Krankenanstalt der Stadt Wien vom 24.11.2023.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 09.02.2024, GZ: XXXX , wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass dem BF der Kontrollmeldetermin nachweislich nach einem ersten Zustellversuch vom 27.11.2023 durch Hinderungsgrund zugestellt worden sei, eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung habe der BF nicht vorgelegt. Dass der BF die Ladung zum Kontrolltermin erst am 13.12.2023 behob, bilde keinen triftigen Hindernisgrund, da der BF diese Ladung bereits am 28.11.2023 hätte beheben können. Der BF habe sohin ohne triftigen Grund den ordnungsgemäß zugewiesenen Kontrollmeldetermin nicht eingehalten und erst wieder am 13.12.2023 beim AMS vorgesprochen.
Dagegen erhob der BF fristgerecht einen Vorlageantrag.
Das AMS legte den Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Im Zuge des Beschwerdeverfahrens richtete das BVwG ein schriftliches Parteiengehör an den BF an seine im zentralen Melderegister der Republik Österreich ausgewiesenen Adresse, mit dem dieser aufgefordert wurde, zu seiner Rechtfertigung, er habe den verfahrensgegenständlichen Kontrolltermin vom 30.11.2023 nicht eingehalten und sich auch nicht krank gemeldet, weil es Ihm dafür zu schlecht gegangen sei, Stellung zu nehmen, da die vorgelegten ärztlichen Nachweise dieses Vorbringen nicht belegen würden. Alternativ zur schriftlichen Stellungnahme erhielt der BF die Möglichkeit, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu beantragen, dass seine Beschwerdesache im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht besprochen werde.
Dem Schreiben wurde das Behandlungsprotokoll der Allgemeinmedizinerin Dr XXXX , über Behandlungen von 1.11.2023 bis 31.12.2023 und das ärztliche Gutachten des BBRZ vom XXXX . 2023 samt chefärztlicher Stellungnahme vom XXXX 2023, mit dem die Arbeitsfähigkeit des BF für leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen bei normalem Arbeitstempo festgestellt wurde.
Der BF behob dieses Schreiben nicht und nahm keinen Kontakt mit dem BVwG auf.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Hinsichtlich der Feststellung des Sachverhaltes wird auf Punkt I., Verfahrensgang, verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und Abhaltung eines schriftlichen Parteiengehörs wie unter Punkt 1., Verfahrensgang, näher dargelegt wurde. Der BF hat von der Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme bzw. von der Möglichkeit, zu beantragen, dass seine Beschwerdesache im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besprochen werde, keinen Gebrauch gemacht. Er ist damit seiner im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verankerten Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, was im Rahmen der Beweiswürdigung zu seinem Nachteil gewertet werden muss. Der Sachverhalt ist ausreichend ermittelt. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erscheint nicht geboten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter:innen angehören, je eine:r aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen und eine:r aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Die vorliegende Beschwerde richtet sich inhaltlich (nur) gegen Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides. Der Beschwerdegegenstand ist damit eingegrenzt.
Zur Zustellung des Schreibens vom 22.11.2023 (Vorschreibung Kontrollmeldetermin am 30.11.2023):
Gemäß § 13 Zustellgesetz sind behördliche Schriftstücke, für die eine nachweisliche Zustellung angeordnet ist, grundsätzlich den Empfänger an der Abgabestelle (Wohnung, Arbeitsplatz) zuzustellen.
Zufolge § 17 Abs 3 Zustellgesetz gelten Dokumente, die nachweislich durch Hinterlegung zugestellt wurden, mit dem ersten Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde, als zugestellt.
Das Schreiben des AMS vom 22.11.2023 wurde dem BF nachweislich am 28.11.2023 (Beginn der Abholfrist) durch Hinterlegung zugestellt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines amtswegig aufzugreifender Zustellmangel sind nicht hervorgekommen und wurden vom BF nicht behauptet. Ausgehend davon wurde der BF rechtzeitig vom Termin am 30.11.2023 informiert, da er ab diesem Tag die Möglichkeit einer Kenntnisnahme von der Vorschreibung hatte und lag es sohin in seiner Sphäre, rechtzeitig vom Kontrollmeldetermin Kenntnis zu erlangen.
Zur Kontrollmeldeversäumnis:
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob dem BF seitens der belangten Behörde von 30.11.2023 bis 12.12.2023 zu Recht der Tatbestand der Kontrollmeldeversäumnis iSd § 49 Abs 2 AlVG zur Last gelegt wurde.
Gemäß § 49 Abs. 2 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe (§ 38 AlVG).
Hat sich eine arbeitslose Person mit einem triftigen Grund entschuldigt ist sie gemäß§ 49 Abs. 1 AlVG von Gesetzes wegen zur wöchentlichen Meldung verpflichtet, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle hat einen von dieser gesetzlichen Grundverpflichtung abweichenden Kontrolltermin festgesetzt (VwGH Ra 2019/08/0175 vom 17.02.2020).
Ein Kontrolltermin im Sinne des § 49 Abs. 1 AlVG dient in erster Linie der Betreuung des Arbeitslosen, aber auch der Kontrolle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsbezug, etwa zum Nachweis der Arbeitswilligkeit (vgl. VwGH 19.09.2007, 2006/08/0221).
Die Versagung des Anspruches auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung hängt im Sinne des § 49 Abs. 2 AlVG von der wirksamen Vorschreibung einer Kontrollmeldung und diese wieder zumindest von der Möglichkeit einer Kenntnisnahme einerseits von dieser Vorschreibung, andererseits von der Belehrung über die mit der Nichteinhaltung des Kontrolltermins verbundenen Rechtsfolgen durch den Arbeitslosen ab (vgl. VwGH 04.06.2008, 2007/08/0165).
Eine Belehrung über die Rechtsfolgen der Unterlassung einer Kontrollmeldung stellt somit eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung für den Eintritt der Rechtsfolgen des§ 49 Abs. 2 AlVG dar. In diesem Zusammenhang ist aber auch maßgeblich ob davon ausgegangen werden kann, dass die Partei auf Grund mehrerer bereits absolvierter Kontrolltermine über die Rechtsfolgen von deren Nichteinhaltung bereits Bescheid wusste (vgl. VwGH 30.09.2014, 2013/08/0276).
Eine arbeitslose Person, die aus triftigen Gründen iSd § 49 Abs. 2 AlVG an der Wahrnehmung eines Kontrolltermins iSd § 49 Abs. 1 zweiter Satz AlVG gehindert ist, muss sich, solange sie vom AMS keinen neuen Kontrolltermin erhalten hat, auf Grund der allgemeinen Verpflichtung des § 49 Abs. 1 erster Satz AlVG spätestens nach Verstreichen der auf den versäumten Termin bzw. auf den Wegfall des triftigen Grundes folgenden Woche aus eigenem bei der regionale Geschäftsstelle melden (vgl. VwGH 19.09.2007, 2006/08/0272).
Im vorliegenden Fall behauptet BF mit seiner Beschwerde, den verfahrensgegenständlichen Kontrolltermin aus einem triftigen Grund versäumt zu haben, da er aus gesundheitlichen Gründen das Schreiben vom 22.11.2023 erst am 13.12.2023 beheben konnte und bis 13.12.2023 keine Kenntnis über den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin hatte. Die vom BF dazu vorgelegten ärztlichen Dokumente belegen dieses Vorbringen jedoch nicht. Der BF hat dieses Beschwerdevorbringen auch nicht auf andere Weise glaubhaft gemacht. Dass der BF etwa angesichts des Erhalts der Hinterlegungsanzeige mit dem AMS telefonisch Kontakt aufgenommen hätte, um seine Situation mit seinem Berater zu besprechen, hat er nicht einmal behauptet.
Der BF hat den ihm für 30.11.2023 rechtmäßig zugewiesenen Kontrolltermin ohne triftigen Grund nicht eingehalten. Der BF war schriftlich auf die Rechtsfolgen einer Kontrollmeldeversäumnis hingewiesen worden.
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung zu Recht den Entzug der Notstandshilfe von 30.11.2023 bis 13.12.2023 wegen Kontrollmeldeversäumnis gem. § 49 Abs 2 AlVG ausgesprochen.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.