Spruch
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.08.2025, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben und dieser ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) stellte am 07.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) mit Bescheid vom 13.08.2025 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abwies (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Tunesien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tunesien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.).
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 29.08.2025 vollumfänglich Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.09.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist tunesischer Staatsbürger und gehört der Volksgruppe der Berber an. Er stammt aus der Provinz XXXX , ist 39 Jahre alt und arbeitete in Tunesien als Mechaniker und Tischler. Sein Vater ist verstorben, sein Vater und mehrere Geschwister leben in Tunesien, sein Bruder in Schweden.
Der Beschwerdeführer war von 2010 bis 2018 mit einer schwedischen Staatsbürgerin verheiratet. Seine Tochter XXXX wurde am 29.10.2010 in Tunesien geboren, wuchs aber in Schweden auf.
Im Februar 2022 verließ der Beschwerdeführer Tunesien, um zu seiner Tochter nach Schweden zu gelangen. Er flog in die Türkei und hielt sich dort etwa sechs Monate auf, ehe er über Serbien und Ungarn ins Bundesgebiet einreiste, wo er am 07.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet stellte. Er entzog sich jedoch dem Verfahren (das am 09.11.2022 eingestellt wurde) und verließ das Bundesgebiet bereits wieder nach zwei Tagen und reiste weiter nach Schweden. Von dort wurde er am 22.01.2024 wieder nach Österreich überstellt. Die Erstbefragung fand daher erst am 26.01.2024 statt. Am 29.02.2024 wurde das Verfahren neuerlich eingestellt, nachdem der Beschwerdeführer Österreich wieder verlassen hatte. Am 25.04.2025 wurde der Beschwerdeführer wiederum von Schweden nach Österreich rücküberstellt.
Der Beschwerdeführer brachte vor, von der tunesischen Regierung wegen der Veröffentlichung regimekritischer Lieder zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden zu sein.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Angaben der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt. Tunesien ist ein sicherer Herkunftsstaat, insofern stützte die belangte Behörde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides prinzipiell zu Recht auf § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG.
Die belangte Behörde begründete ihre Ermessungsentscheidung folgendermaßen: „Für die Behörde steht fest, dass für Sie bei Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben ist. Sie bedürfen daher nicht des Schutzes Österreichs. Es ist in Ihrem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. Da Ihrem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden ist und Ihnen auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat droht, ist es Ihnen zumutbar, den Ausgang Ihres Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Ihr Interesse auf einen Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens tritt hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.“
Im vorliegenden Fall erweist sich aber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als notwendig. Insbesondere ist familiären Bindungen in anderen Schengen-Staaten dadurch Rechnung zu tragen, dass die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu beantwortende Frage nach einem - zulässigen - Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern dass auch die Situation in dem anderen „Schengen-Staat“ in den Blick zu nehmen ist (vgl. VwGH 22.1.2021, Ra 2020/21/0349, mwN). Eine Berücksichtigung der in Schweden lebenden Tochter unterblieb aber gegenständlich.
Der Beschwerde war daher mit Teilerkenntnis die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuzuerkennen und der dem entgegenstehende Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben. Die Entscheidung über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides ergeht gesondert, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die getroffene Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens (die Sachentscheidung) vorwegzunehmen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.